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Wichtiges über das Sondermetall Gallium

26.11.2010  |  Dietmar Siebholz

Als ich anfing, mich mit den Sondermetallen zu beschäftigen, war ich ziemlich erstaunt, dass ich mich mit einem Metall Gallium auseinandersetzen sollte, von dem damals so an die 100 Tonnen jährlich, meist als Abfallprodukt von Aluminiumschmelzen produziert wurden. Inzwischen bin ich eines Besseren belehrt, denn Gallium mit seinen "Ablegern" (also Galliumverbindungen) wie Galliumnitrate, Galliumarsenite und andere sind heute die Speerspitze für höchstleistende Halbleiter. Die Produktion wurde zwar gesteigert, liegt derzeit wohl so bei 150 Tonnen pro Jahr.

Was hat sich nun in den letzten zwei Jahren wesentlich verändert?

Die Informationen über die neuen technologischen Anwendungen muss man sich mühsam erarbeiten, weil die Forschungsinstitute und die mit der Weiterentwicklung befassten Unternehmen sehr sparsam mit ihren Informationen sind. Daher habe ich es außerordentlich begrüßt, als mein Partner die Gelegenheit bekam, bei einem Treffen mit dem weltgrößten Hersteller von Gallium aus China Fragen zu stellen, deren Antworten mich sehr interessierten.

Das umso mehr, als dass im Treffen mit den Repräsentanten des chinesischen Marktführers deutlich genug gesagt wurde, dass man derzeit keine Festlegung von lieferbaren Mengen, schon gar nicht eine Preisdefinition treffen könne.

Gehen wir gleich zur Sache. Warum, so stellten wir die Frage, ist Gallium so gesucht? Die Antwort war klar und deutlich: Gallium wird in vielen hochtechnologischen Bereichen mit steigender Tendenz gesucht und dringend benötigt. So u.a. als neuwertiger Höchstleistungshalbleiter, für die Solarzellen-Industrie, für die neue Generation der Solarzellen (CIGS Dünnfilmsolarfolien), für Höchstleistungsmagneten, für Katalysatoren in der Ölindustrie, für spezielle Medizintechnik, für die LED-Herstellung und als Legierungsmaterial.

Gehen wir nun gemeinsam durch die Anwendungen.

Halbleiter, die Höchstansprüchen genügen müssen, benötigen Gallium; hier ist auch der größte Anteil des Verbrauches festzustellen. Für das Jahr 2009 schätzt man diesen auf 120 Tonnen. Die jährlichen Steigerungsraten in den Jahren 2001 und 2009 lagen bei 5 bis 8%. Gallium ist hier unersetzlich, wenn es auf Höchstleistungen ankommt. Meist wird hier Galliumarsenit eingesetzt.

LED´s werden technisch betrachtet unter dem Begriff Halbleiter einsortiert. Hier werden die größten prozentualen Steigerungen erwartet, weil die LED´s halt nicht mehr nur "kleine liebliche Lämpchen" sind, sondern alternative Beleuchtungskörper darstellen, die dem Tageslicht ähnliche Wirkungen haben und einen Bruchteil des Energieverbrauchs der heute verwendeten Leuchtmittel benötigen. Von der Lebensdauer ganz zu schweigen. Das Gallium und seine Verbindungen werden für die Färbung des erzeugten Lichtes benötigt. Der Verbrauch für die LED´s belief sich nach Schätzungen der chinesischen Partner in 2008 auf 10 Tonnen. Da aber die neuen Herstellungsanlagen für die LED´s nämlich die MOCVD-Anlagen sich in den letzten Jahren explosiv gesteigert haben (2008: 500 Anlagen, 2009: 1000 Anlagen, 2010: geschätzte 1500 Anlagen und 2011: geschätzte 2200 Anlagen) wird sich der Galliumverbrauch in ähnlichen Dimensionen erhöhen. Man schätzt, dass sich der Verbrauch bei normalem Einsatzanstieg der LED´s von 25 Tonnen in 2009 auf weitaus über 100 Tonnen in 2012 entwickeln wird. Angesichts der Tatsache, dass für 2011 lediglich eine weltweite Produktion von 170 Tonnen geschätzt wird, dürfte sich das Versorgungsproblem hier erheblich verschärfen.

Mit CIGS umschreibt die Technikszene die dritte Generation der Solarzellen, und zwar die Solardünnfilm- zellen. Primitiv ausgedrückt, sind diese Folien wie Abziehbilder, die man überall hin kleben kann. Nur diese Abziehbilder produzieren elektrische Energie. Und dies heute schon mit Wirkungsgraden, die erstaunlich hoch sind. Ich kann das beurteilen, denn meine eigenen Entwicklungen über oszillierende Graphitschäume brachten vor zehn Jahren eine Effektivität von 5,5 bis 6,5% der aufgenommenen (Sonnen-)Energie. Die CIGS erzielen heute schon bis Wirkungsgrade von bis zu 14%. Warum ist nun Gallium bei diesen CIGS (die Abkürzung zeigt auf die wichtigen Metalle: C = Kupfer – I = Indium – G = Gallium und S = Selen) so bedeutsam? Hier wird durch Gallium als Höchstleistungshalbleiter der Wirkungsgrad erheblich erhöht und macht die Dünnfilmfolien extrem attraktiv. Kommt es in den nächsten zwei Jahren zur Massenproduktion (ich selbst bin an einer US-CIGS-Gesellschaft als Aktionär beteiligt und hoffe auf baldige Produktionsaufnahme) dann wird Gallium im Zentrum des Interesses stehen.

Der aktuelle Verbrauch an Gallium beläuft sich hier auf 5 bis 10 Tonnen pro Jahr; man rechnet mit einer Erhöhung in 2011 um weitere 7 bis 10 Tonnen. Sie sehen hier sehr deutlich, wie dynamisch sich der Verbrauch entwickeln kann und das auf der Grundlage der schon heute feststellbaren angespannten Lieferkapazitäten.

Solar-Batterien und herkömmliche Galliumsolarzellen sind derzeit im Vormarsch, weil das Galliumarsenid derzeit einen Wirkungsgrad von 40% aufweist und damit in Bezug auf die Leistung ganz oben steht, die Dünnfilmsolarzellen (siehe oben) sind da die "Konkurrenz im eigenen Hause" allerdings für ganz andere Anwendungen. Die Verbrauchschätzungen für diese Anwendungen belaufen sich aktuell auf 12 Tonnen pro Jahr. Es gibt angesichts der Konkurrenz im eigenen Hause (CIGS) keine Schätzung für die Folgejahre, man rechnet aber mit geringen Steigerungsraten beim Verbrauch.





Hochleistungsmagneten: Der Betrachter wird feststellen, dass die Höchstleistungsmagneten (also Neodym-Eisen-Boron) Magnete aus Seltenen Erden sind. Warum Gallium, wird man sich fragen? Galliumbeimischungen von 0,5 bis 2,0 Promille erhöhen die Wirkung der Magnete dieser dritten Generation wesentlich. Der derzeitige Verbrauch liegt bei 10 bis 15 Tonnen; hier wird ein extremes Wachstum erwartet, ist doch der Magnetmarkt auch der Treibsatz für die Preisentwicklung bei den magnetischen Seltenen Erden. Daher erwartet man in 2011 einen Verbrauch von mindestens 15 bis 20 Tonnen pro Jahr.

Petroleum-Katalysatoren: Nachdem man festgestellt hat, dass die Beimengung von Gallium in den bei der Ölverarbeitung eingesetzten Katalysatoren die Ausbeute um bis zu 8% erhöht, ist die Beimengung von Gallium in diesen Katalysatoren ein Muss. Der Verbrauch - besonders durch die wesentliche Erhöhung der Ausbeute bei minderwertigen Ölsorten - steigt im hohen zweistelligen Prozent-Bereich, derzeit liegt er bei ca. 8 Tonnen pro Jahr.

Über den medizinischen Apparateverbrauch gibt es derzeit keine Angaben, aber die neuesten Entwicklungen lassen erwarten, dass auch dieser mit hohem Steigerungsraten von geschätzt derzeit 5 Tonnen pro Jahr die Nachfragelage ab 2011/2012 beeinflussen wird.

Einen wichtigen Hinweis haben uns die chinesischen Partner zukommen lassen und dieser Hinweis erinnert fatal an die derzeitige Lage bei den Seltenen Erden und das ist die Einschätzung des innerchinesischen Verbrauchs. Unterstellt, die Produktionsziffern von ca. 170 Tonnen in 2011 wären korrekt, dann erschrecken die Schätzungen für den chinesischen Verbrauch im Jahre 2011/12 von über 100 Tonnen. Daraus kann man folgende Szenarien ableiten:

• 1. Der inländische chinesische Verbrauch von geschätzt 80 Tonnen lässt dann Spielräume für den Export von 20 Tonnen verarbeiteten Galliums zu; dann müssen die anderen Industrieländer sich mit einer Belieferung von 70 Tonnen Rohgallium zufrieden geben. Ob das dann reichen wird, ist die grosse Frage.

• 2. China übernimmt die Weiterverarbeitung (und bevorzugt solche Unternehmen in China, die dann die fertigen Waren exportieren, bei der Zuteilung von Gallium) und lässt dem Weltmarkt dann die freien Spitzen von geschätzt 30 bis 40 Tonnen. Also ähnlich dem heutigen Seltene-Erden-Szenario.

• 3. Der (Rest-)Welt gelingt es, innerhalb der nächsten zwei Jahre die eigene Produktion so aufzubauen, dass der nicht-chinesische Bedarf von ca. 100 Tonnen gesichert werden kann.

Ich kann keine Aussagen zur Variante 3 machen, bezweifele allerdings, dass bei den Vorgaben für eine solch hohe Produktionssteigerung diese innerhalb von noch 18 Monaten geschafft werden kann. Natürlich könnten sich unsere chinesischen Gesprächspartner bei der Entwicklung des Verbrauchs getäuscht haben, wenn zum Beispiel eine weltumfassende Rezession eintritt, aber selbst in solchen Phasen sind energiesparende Technologien kaum von großen Einschnitten bedroht. Und, was man nicht vergessen sollte, eine Rezession wird sich direkt auf die Aluminium-Herstellung auswirken und Gallium wird ja zu nahezu 90 % beim Produktionsprozess für Aluminium-Oxid hergestellt. Eine erheblich reduzierte Aluminiumproduktion führt also zu einer gleichwertigen Reduktion der Galliumproduktion. Und da China weitaus mehr als 60 % der Galliumproduktion liefert, hängt vieles von der Produktionsrate der chinesischen Aluminium-Industrie ab.

Auch wenn die chinesischen Partner davon ausgehen, dass China die Steigerung der Produktion mit den Steigerungsraten der Nachfrage im Einklang bringen kann, dürften Zweifel an einer ausreichenden Gallium-Lieferung angebracht sein.

So kann die Anlage in den Rohstoff Gallium zu einer guten Investition werden, wenn man eine Anlagedauer von mindestens zwei Jahren annimmt.


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de



Mein besonderer Hinweis: Ich kommentiere auch das Metall Gallium auf der Webseite EMURO (www.emuro.de) ; dort können Sie weitere Informationen abrufen.