Edelmetalle Aktuell
28.01.2011 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)
Gold
Mit etwas Verspätung und immerhin auch einigermaßen geordnet haben Gold und Silber in den letzten Tagen doch noch den von uns schön länger erwarteten Rückzug angetreten.
Das Gold stieg dabei nach der Abfassung unseres letzten Berichts erst einmal noch leicht an, konnte dabei aber die zu diesem Zeitpunkt auch charttechnisch wichtige Marke von 1.380 $ nicht mehr übersteigen. Was folgte war der Ausstieg sowohl von spekulativ orientierten Adressen, als auch nennenswerte Gewinnmitnahmen durch die Inhaber von Pluspositionen bei den ETFs.
Am vergangenen Dienstag notierte der Goldpreis für kurze Zeit bei nur noch 1.327 $ und damit auf dem tiefsten Stand der letzten zehn Wochen.
Unmittelbarer Anlass für den Preisverfall zu Beginn dieser Woche war ein Anstieg des Euros gegenüber dem Dollar. Dieser legte am Montag deutlich zu, nachdem für November über einen höher als erwartet ausgefallenen Ordereingang in der Eurozone berichtet worden war. In diesem Zusammenhang schlossen Marktbeobachter auch nicht aus, dass die EZB wegen der positiven Entwicklung früher als erwartet die Zinsen anheben könnte.
Die Kombination aus höheren Zinsen und einem stärkeren Vertrauen in die Wirtschaftsentwicklung wären sicherlich Gift für die weitere Entwicklung des Goldpreises und so erklärt sich, dass der Goldpreis diesmal nicht wie allgemein üblich mit der Euro/Dollar-Kursentwicklung im Gleichschritt marschierte.
Der Euro-Raum stand übrigens mit positiven Nachrichten von der Wirtschaftsentwicklung nicht alleine da. Auch aus den USA gab es Signale einer beginnenden wirtschaftlichen Erholung. So stieg dort das Verbrauchervertrauen im Januar auf den höchsten Stand der letzten acht Monate.
Dass angesichts solcher Meldungen Hedge-Fonds und andere spekulativ orientierte Adressen ihre Pluspositionen zum Teil auflösen und stattdessen lieber wieder auf z. B. Aktien setzen, ist nicht verwunderlich. Überraschend ist jedoch, dass auch die eher als längerfristig agierend eingeschätzten Inhaber von ETFs ihre Investments so deutlich abbauen. So berichteten die Agenturen, dass die Bestände des weltweit mit Abstand größten Gold-Fonds SPDR-Gold Trust am Dienstag um über 31 Tonnen und damit über 2,5% auf noch 1.229 Tonnen abgenommen haben. Dies war der größte jemals an einem Tag verzeichnete Einbruch und die verbleibenden Anlagen in dem Fonds liegen jetzt auf dem niedrigsten Stand der letzten acht Monate. Ende Juni 2010 war erst das Allzeithoch bei den Beständen erreicht worden, sie hatten seinerzeit fast 100 Tonnen über dem aktuellen Stand gelegen.
Trotz des seit Juli andauernden Rückgangs des Bestände beim SPDR-ETF verlief das vergangene Jahr für diese Produktklasse per Saldo immer noch positiv. Insgesamt 361 Tonnen Gold waren zwischen Januar und Dezember von den Emittenten der ETFs zusätzlich verkauft worden, der Löwenanteil davon im ersten Halbjahr. Insgesamt waren am Jahresende noch fast 2.200 Tonnen Gold nur in ETFs angelegt, dies entspricht über 80 Prozent einer Weltjahresproduktion.
Die physischen Anleger lassen sich von den Zweifeln der Inhaber von börsengehandelten Goldprodukten aber nicht verunsichern:
So wurde z.B. aus Indien berichtet, dass das Aufgeld bei Investmentbarren durch eine Kombination aus hoher Nachfrage und limitiertem Angebot auf den höchsten Stand der letzten beide Jahre gestiegen sei. Bei den beliebten größeren (gegossenen) Barren gebe es derzeit sogar Wartezeiten, allerdings sind diese mit vier Tagen nach europäischen Maßstäben immer noch nicht sehr lang.
Hierzulande hält die Nachfrage nach Investmentgold ebenfalls weiter an. Obwohl die Produktion mit maximaler Auslastung fährt, kommt es bei einzelnen Gattungen immer wieder zu Wartezeiten, weil die einzelnen Produktionslose schon komplett verkauft sind, bevor die Schmelze sie überhaupt ausliefert. Sobald die Nachfrage mal ein wenig nachlässt sollte es aber wieder möglich sein, Vorräte aufzubauen und die Wartezeiten vollständig zu eliminieren.
Silber
Investmentbarren waren in den letzten Tagen nicht nur beim Gold stark nachgefragt, sondern auch beim Silber und das sowohl in Deutschland, als auch im benachbarten Ausland. Populär waren dabei vor allem große Barren mit einem Gewicht von einem, bzw. fünf Kilo. Auch hier läuft die Produktion auf Hochtouren, trotzdem lassen sich Wartezeiten teilweise nicht vermeiden.
Auch Granalien, Rohmaterial beim industriellen Silbergeschäft, sind weiter stark gefragt, was die oben beschriebenen Erwartungen an ein gutes konjunkturelles Umfeld zu unterstreichen scheint. Irgendeine Knappheit an Granalien ist dabei aber nicht zu beobachten.
Dem Silberpreis hat die gute physische Nachfrage erst einmal nicht geholfen. Er wurde nach einem anfänglichen kurzen Anstieg vom Gold mit nach unten gerissen und lag dann am Dienstag zeitweise unter der Marke von 26,60 $ je Unze.
Dies war nicht nur der tiefste Stand seit dem letzten November, die Notierung lag damit auch schon wieder 15% unter dem erst Anfang Januar verzeichneten 31-Jahreshoch.
In den letzten 48 Stunden erholte sich die Notierung dann zwar zeitweise wieder, allerdings war der Preis außerstande, über die 28 $-Marke zu klettern, was dann auch prompt wieder Verkäufer auf den Plan rief.
Charttechnisch hat das Silber den seit letztem August andauernden Aufwärtstrend endgültig gebrochen. Unterhalb des Tiefstkurses dieser Woche bildet jetzt erst die Marke von 25 $ je Unze wieder ein mögliches Kursziel.
Sollten sich die positiven Meldungen aus der Wirtschaft in den nächsten Wochen mehren, ist nicht auszuschließen, dass das weiße Metall diese letztgenannte Marke ansteuern wird.
Der in einem solchen Szenario ja immerhin höhere industrielle Verbrauch würde einen solchen Rückschlag vielleicht abbremsen, letztlich aber nicht verhindern können. Zu stark ist dazu der Einfluss der Anleger auf den aktuellen Silberpreis, die alleine in Form von ETFs fast 15.000 Tonnen Silber gebunkert haben und dann noch einmal 7.500 Tonnen in den eher spekulativen Kontrakten an den Terminbörsen.
Platin
Das Platin konnte im Berichtszeitraum erst einmal noch weiter zulegen. Eine Kombination positiver Nachrichten von der Weltwirtschaft (siehe rechts bei Gold) und verschiedene Meldungen über temporäre Minenschließungen in Südafrika nach Unfällen dürften ihren Teil zu der vorherrschenden Kauflust beigetragen haben.
Diese ging sowohl von Anlegern aus, die auf eine zunehmende Knappheit beim Platin spekulieren, als auch von Industrieunternehmen, die derzeit deutlich mehr Platin als noch vor Jahresfrist kaufen.
Zumindest kurzfristig preistreibend war sicher auch die Meldung, dass Lonmin, der drittgrößte Platinproduzent der Welt, im letzten Quartal fast 40 Prozent weniger Metall verkauft habe. Als Gründe wurden Reparaturarbeiten in der firmeneigenen Schmelze, aber auch wetterbedingte Lieferverzögerungen durch die Kältewelle auf der Nordhalbkugel genannt. Für das laufende Jahr will Lonmin seine Produktionsprognose aber trotzdem bei 750.000 Unzen Platin belassen, im letzten Quartal brachte das Unternehmen im Vergleich dazu gerade einmal 66.400 Unze auf den Markt.
Wir rechnen trotz des zukünftig wieder zunehmenden Angebots von Lonmin damit, dass das Metall in diesem Jahr zwar relativ betrachtet schlechter als Palladium abschneiden wird, dass es am Ende aber deutlich besser als Gold und Silber aussieht.
Größere Rückschläge sollten deshalb von Unternehmen, die einen laufenden Bedarf haben, für Absicherungsgeschäfte genutzt werden.
In der nächsten Woche beginnen die Feierlichkeiten zum Chinesischen Neujahrsfest. Die Märkte in manchen Regionen Asiens sind deshalb in der Woche vom 1. bis zum 8. Februar zum Teil komplett geschlossen. Die Nachfrage aus dem Fernen Osten sollte aus diesem Grund vorerst eine Pause einlegen.
Palladium
Der Palladiumpreis konnte sich in einer Woche deutlicher Kursverluste beim Gold und Silber nicht nur sehr gut behaupten, sondern erreichte im Berichtszeitraum mit mehr als 825 $ je Unze sogar gleich zweimal einen neuen langjährigen Rekordstand.
Am Ende konnte das Metall diesen zwar nicht verteidigen und fiel zeitweise auf 775 $ zurück. Es blieb im Gegensatz zu den beiden auf der rechten Seite dieses Berichts beschriebenen Metallen trotz dieses Rückschlags aber immer noch in seinem charttechnischen Aufwärtstrend, der schon vor über 12 Monaten begann und der seit Mai 2010 praktisch keine größere Unterbrechung mehr erfuhr.
Im Gegensatz zur Entwicklung bei Gold und Silber haben Anleger ihre Positionen bei den Platinmetallen in den letzten beiden Wochen sogar noch weiter ausgebaut. Die Motive für diese Engagements sind unserer Meinung nach im Moment grundsätzlich auch nicht mit jenen bei Gold und teils auch Silber vergleichbar. Während es sich bei Käufen bei diesen beiden Metallen in erster Linie um eine Absicherung gegen wie auch immer geartete “schlechte Zeiten“ handelt, werden Platin und Palladium von Anlegern derzeit viel eher mit Blick auf die fundamentale Lage der Metalle selbst gekauft.
Metall deshalb zu kaufen, weil man einen höheren industriellen Absatz bei einem gleichzeitig nicht entsprechend mitwachsenden Angebot erwartet, hat natürlich einen viel mehr spekulativen Charakter, als Gold zum Zwecke der Vermögenssicherung zu erstehen. Es erklärt aber auch, warum Anleger - anderes als bei Gold und Silber - nicht auf (sicherere) physische Käufe, d.h. auf Barren und Münzen setzen, sondern fast ausschließlich auf börsengehandelte Produkte (auch wenn diese wie die ETFs zum Teil physisch hinterlegt sind). Diese sind günstiger, haben eine engere Handelsspanne und sind im Zweifel vermutlich liquider.
Vor einem solchen Hintergrund macht die Abkoppelung der Platinmetalle von der Goldpreisentwicklung und ihr relativ gutes Abschneiden in den letzten beiden Wochen dann auch Sinn: Immerhin gab es Nachrichten über Erholungstendenzen in der Wirtschaft beiderseits des Atlantiks (siehe Artikel zum Gold) und das hat die Phantasie hinsichtlich des industriellen Platinmetallverbrauchs angeregt.
Zusätzlich sorgte ein starker Euro zumindest in Europa für einen gewissen Ausgleich zu den hohen US-Dollar-Preisen und machte den Kauf von Platinmetallen relativ betrachtet etwas erschwinglicher. Der Verbrauch durch die Autoindustrie in China brummt ja trotz einiger Maßnahmen der Regierung gegen die ausufernden Autoverkäufe ohnehin weiter.
Es bleibt nun abzuwarten, ob sich das Palladium dauerhaft von der Entwicklung beim Gold abkoppeln kann. Solange der Automarkt in China von einem Rekord zum nächsten hetzt und gleichzeitig ein relativ rasches Ende der Lieferungen aus den staatlichen russischen Vorräten immer näher zu rücken scheint, dürfte sich das Umfeld aber erst einmal nicht ändern. Ernsthaft getestet werden würde die positive Tendenz allerdings, wenn die Marke von 780 $ nach unten durchbrochen werden würde. Dann wären auch noch einmal 10 Prozent tiefere Preise möglich. Für den Moment sieht es danach aber nicht aus.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Zwei der drei kleinen Platinmetalle haben weiter die Ruhe weg und noch machen beide auch keinerlei Anstalten, dass es sich dabei um die Ruhe vor dem Sturm handeln könnte. Rhodium stagniert weiter im Bereich zwischen 2.400 $ und 2.500 $ und das Ruthenium in der Region um 180 $ je Unze.
Sollte sich die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung in den USA und in den bisher stagnierenden Teilen Europas festigen, könnte sich auch bei diesen Metallen wieder einmal etwas tun und ihre Notierungen - wie zwischendurch jene von Platin und Palladium - auch einmal wieder deutlicher zulegen.
Wie das geht, zeigt auch weiter das Iridium. Dessen Wert ist im Vergleich zum letzten Bericht noch einmal um fast 10 Prozent auf über 860 $ gestiegen. Nachfrage aus Asien und Europa gleichermaßen sorgte für eine Fortsetzung des Preisanstiegs, bei dem kein Ende nicht in Sicht ist.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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