Rohstoff-Welt.de - Die ganze Welt der Rohstoffe

Edelmetalle Aktuell

15.06.2011  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach (Heraeus)

Gold

Die Großwetterlage hat in den letzten Monaten selten gegen das Gold gesprochen, aber in den letzten Wochen spitzte sich die Situation auf den internationalen Wirtschafts- und Finanzmärkten nun noch einmal deutlich zu.

So gab es z.B. aus den USA zuletzt ziemlich schlechte Konjunkturdaten: Das Konsumentenvertrauen rutschte auf ein Sechs-Monats-Tief und der Einlaufmanagerindex fiel seit 1984 nicht mehr so stark ab wie im vergangenen Monat. Außerdem gab es schlechte Nachrichten vom Arbeitsmarkt und die Hauspreise waren den achten Monat in Folge im Rückwärtsgang.

Die Europäer haben allerdings keinen Grund, mit dem Finger über den Atlantik zu zeigen: Griechenland ist faktisch pleite; die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit des Landes am Montag um gleich drei Noten auf nunmehr “CCC“ herabgesetzt. Damit hat Griechenland die schlechteste Note aller bewerteten Länder weltweit. Von dem heutigen Krisentreffen der EU-Finanzminister ist dabei nichts zu erwarten, was die Situation befriedigen könnte. Die Folgen für die Euro-Zone aus dieser Entwicklung sind derzeit kaum abzusehen.

Auch aus dem Europa außerhalb der Euro-Zone gibt es z.T. ebenfalls keine guten Nachrichten. So kommt die Wirtschaft in England nicht aus der Krise und die Rating-Agentur Moody‘s hat bereits gewarnt, dass das Land sein Toprating einbüßen könnte, wenn das Wachstum so schwach bliebe und die Regierung ihre Ziele für die Haushaltskonsolidierung weiter verfehle.

Und auch in China, der dritten großen Wirtschaftsregion ist nicht mehr alles Gold was glänzt. Die Autoverkäufe sind rückläufig (siehe links); die Inflation liegt auf einem Rekordniveau und die Währung steigt ebenso wie die Zinsen, wobei sich letzteres zu einer Giftpackung für den überhitzten Immobilienmarkt entwickeln könnte. Immerhin lag im Mai die Industrieproduktion mit einem Plus von 13,3% im Vergleich zum Vorjahr noch auf einem sehr hohen Niveau.

Angesichts der weltweit verteilten, schlechten Nachrichten dürfte derzeit auch den größten Optimisten der eine oder andere Zweifel befallen. Für die Goldnachfrage durch Investoren hierzulande heißt dies wohl, dass die nächste Kaufwelle nur eine Frage der Zeit sein könnte. Es wäre die dritte seit der Lehmann-Pleite 2008 und angesichts der begrenzten Produktionskapazitäten bei den Herstellern von Barren und Münzen wären in einem solchen Fall trotz besserer Vorbereitungen in Form größerer Vorräte wohl wieder Lieferfristen vorprogrammiert. Noch gibt es allerdings mehr als ausreichende Bestände und alle Stückelungen sind direkt verfügbar.

Ein wenig entspannend in der aktuellen Lage wirkt vielleicht auch, dass sich die Goldpreisentwicklung in den letzten Wochen nicht als Einbahnstraße darstellte und Investoren deshalb noch Vorsicht walten lassen. So kam der Goldpreis in der vorletzten Woche dann auch erst einmal unter Druck, als die neuesten Bestandsdaten vom Ölmarkt von den Händlern als negativ ausgelegt wurden.

Die Situation änderte sich aber schon zwei Tage später wieder, als die Arbeitsmarktdaten aus den USA viel schlechter als erwartet ausfielen und so auf das Andauern der wirtschaftlichen Misere in den Staaten hinwiesen. In einer solchen Situation ist sicher auch nicht mit einer raschen Steigerung des Dollar-Zinsniveaus zu rechnen, auch das ist für den Goldpreis eher positiv.

Die Notierung stieg vor diesem Hintergrund wieder rasch auf knapp über 1.550 $ an und bewegte sich bis zum vergangenen Wochenende seitwärts zwischen 1.530 $ und 1.550 $ je Unze.

Gestern kam es dann überraschend doch noch einmal zu Abgaben, die tiefere Kurse mit sich brachten. Als Begründung wurde einmal mehr der sinkende Ölpreis genannt. Lange wird dieser als Indikator für den Goldpreis aber möglicherweise nicht mehr herhalten können, denn wenn die Energiepreise in Zeiten wirtschaftlicher Rückschläge nachhaltig einbrechen, könnte es sehr wohl sein, dass das Gold in seiner Rolle als “sicherer Hafen“ trotzdem sehr gesucht bleiben wird. Ein ähnliches Szenario gab es ja bereits 2008 nach der Lehmann-Pleite.

Und so scheint die Marke von 1.500 $ derzeit nicht ernsthaft in Gefahr, auch wenn sich das charttechnische Umfeld in den letzten Tagen etwas eingetrübt hat.


Silber

Der Silberpreis bewegte sich in den letzten beiden Wochen im Großen und Ganzen wieder parallel zur Goldnotierung, wobei die prozentualen Schwankungen bei dem weißen Metall wie üblich sehr viel stärker ausfielen.

Besonders augenfällig war dies auch rund um das Pfingstwochenende, als das Gold nur 1,5% an Wert verlor, das Silber aber nach einem ersten Einbruch am Freitag dann am Montag eine zweite Verkaufswelle erlebte, die zusammen einen Kursverlust von fast 10% brachten.

Der dabei erreichte Tiefstkurs von 34,55 $ war der niedrigste seit dem 23. Mai. In den letzten Stunden gab es wieder eine leichte Erholung und das Metall stieg zurück auf fast 35 $ an. Auch auf Euro-Basis hat die Notierung rund um das Wochenende Verluste hinnehmen müssen. Mit derzeit etwas mehr als 770 € je Kilo hat das Metall 2011 nur im Januar/Februar - damals allerdings noch deutlich niedriger bei 630 € - notiert.

Charttechnisch sieht das Silber derzeit nicht ganz so gut aus, die Marke von 33,85 $ muss nun halten, sonst könnten erneute Verluste drohen. Das gilt selbst für den Fall, dass das Gold einigermaßen stabil bleibt. Das nächste Kursziel läge danach dann bei 32,30 $ je Unze, dem Tiefstkurs aus der ersten Mai-Hälfte. Nach oben bildet auf den Charts derzeit die Marke von 37,25 $ einen massiven Widerstand, der nicht ganz so schnell zu durchbrechen sein dürfte.

Die Nachfrage durch die Investoren lag, was Barren und Münzen angeht auf einem durchschnittlichen Niveau, von den kleineren Barren haben einige im Moment Lieferfristen. Bei den ETFs gab es in der letzten Woche noch Käufe in Höhe von über 1,8 Mio. Unzen, gestern dann aber massive Abgaben von über 6,6 Mio. Unze.

Die eher spekulativ angehauchten Akteure an der New Yorker Terminbörse nahmen die im Wochenverlauf zunehmend schlechtere Kursentwicklung zum Anlass sich von über 6,5 Mio. Unzen Silber zu trennen. Die Pluspositionen an der COMEX sind nun so niedrig wie seit Anfang Januar nicht mehr.

Einen Dämpfer könnte dem Silber in den letzten beiden Wochen auch gegeben haben, dass die chinesische Banken- und Wertpapieraufsicht CRBC die lokalen Banken dazu aufrief, ihre Kunden stets bezüglich möglicher Margenänderungen bei börsengehandelten Silberkontrakten auf dem Laufenden zu halten, so dass diese ggf. ihre Positionen abbauen könnten. Marktbeobachter bewerteten diesen Schritt als Ausdruck von Befürchtungen der CRBC, dass vor dem Crash des Silberpreises letzten Monat zahlreiche Kleinanleger mit nur geringer Marktkenntnis in den Markt gelockt worden waren und sich nun massive Verlusten gegenüber sehen würden.

Der weltgrößte Primärproduzent von Silber, die mexikanische Gesellschaft Fresnillo, teilte in der vorletzten Woche mit, dass er auch in Zukunft auf Kurssicherungsgeschäfte setzen würde. Insgesamt habe die Firma derzeit 13,4 Mio. Unzen Silber mit Laufzeiten bis 2013 abgesichert.





Platin

Der Platinpreis legte von Beginn des Berichtszeitraumes an kontinuierlich zu und erreichte dabei zunächst ein Niveau über 1.830 $ je Unze. Nach einer eher seitwärts gerichteten Phase gab es dann sogar einen kurzzeitigen Anstieg auf 1.845 $ je Unze. Dieses Niveau konnte das Metall aber nicht halten und fiel wieder in die Region um 1.800 $ zurück, wo es auch heute noch verharrt.

Die globale Investmentnachfrage war dabei wohl einer der maßgeblichen Treiber für den Kursanstieg in den letzten Wochen. So gab es in dieser Zeit beim Absatz ausschließlich Pluszeichen, und das sowohl bei den ETFs, als auch bei den Futures-Positionen und (in kleinerem Umfang) bei Barren. Bezüglich der weiteren Aussichten sind wir im Moment etwas skeptisch. Zu unsicher scheint derzeit die wirtschaftliche Lage in wichtigen Märkten zu sein.

Der wichtige westeuropäische Automarkt hat sich im Mai immerhin noch positiv entwickelt; 1,18 Mio. PKW-Neuzulassungen bedeuteten gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 7,9%. Trotz des deutlichen Zuwachses liegt das bisherige Gesamtjahr aber mit 0,7% weiter im Minus.

Getrieben wird der Aufschwung in erster Linie vom deutschen Markt, der ein Plus in Höhe von 22% für das bisherige Gesamtjahr verzeichnete. Mit 4,6% Wachstum ebenfalls noch positiv entwickelt hat sich der französische Markt; ein mehr oder weniger deutliches Minus gab es dagegen in Großbritannien, Italien und Spanien.


Palladium

Das Palladium konnte während der Berichtsperiode ein neues 3-Monatshoch verzeichnen und stieg dabei auf 817 $ an. Es waren dabei weniger industrielle Verbraucher, als vielmehr Investoren, die den Preis nach oben trieben. Dabei haben sie sich sicher von der Erwartung einer weiteren Annäherung der Preise für die beiden wichtigsten Platinmetalle leiten lassen. Kurzfristig sehen wir diese eher nicht (Gründe siehe unten), auf längere Sicht ist eine solche Entwicklung aber nicht vollständig von der Hand zu weisen.

Die Autoverkäufe in den USA (sie sind der weltweit wichtigste Markt für Palladium in Autokatalysatoren) haben sich im Mai überraschend deutlich nach unten entwickelt. Schlechte Nachrichten bezüglich der Wirtschaftsentwicklung, hohe Spritpreise und weniger verfügbare Fahrzeuge aufgrund der Produktionsausfälle in Japan waren die Ursachen für den Rückgang um 4%, des ersten seit August letzten Jahres. Die in den USA als Messlatte übliche Vorhersage des Gesamtabsatzes in diesem Jahr fiel mit 11,78 Mio. Fahrzeugen erstmals seit sieben Monaten wieder unter die 12 Mio.-Marke.

Auf dem bisher so erfolgsverwöhnten chinesischen Automarkt wurde mit 1,04 Mio. Autos im Mai erneut ein Rückgang verzeichnet, hier betrug das Minus zum Vorjahr fast 10%. Damit setzt sich die Entwicklung aus dem April fort, als der erste Rückgang der Autoverkäufe seit zwei Jahren verzeichnet wurde. Die Regierung will dem Trend nun mit einer neuen Abwrackprämie gegensteuern.

Die Investoren haben sich von den eher negativen Daten zum Autoabsatz nicht von ihrer Kauflust abbringen lassen: So gab es ein kräftiges Plus bei den offenen Pluspositionen an der New Yorker Terminbörse NYMEX, sie stiegen um fast 10 Tonnen und damit um über 25%. Auch in physischer Form war Palladium gefragt; nicht so sehr bei den ETFs (hier blieben die Positionen unverändert), dafür aber bei den Anlagebarren. Hier sind die 1kg-Stücke aktuell ausverkauft und bei Neubestellungen kommt es zu Wartezeiten.

Die staatliche russische Verkaufsagentur Gokhran teilte derweil überraschend mit, dass sie in diesem Jahr und auch 2012 noch Palladium exportieren wolle. Viele Marktbeobachter waren eigentlich davon ausgegangen, dass die offiziellen Vorräte bereits weitgehend erschöpft seien. Allerdings müsse Gokhran erst noch Teile der Vorräte in eine international handelbare Form schmelzen lassen, wird ein Offizieller aus dem russischen Finanzministeriums von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert.


Rhodium, Ruthenium, Iridium

Nach einer fast zweiwöchigen, eher ruhigen Phase mit Preisen deutlich unter 2.000 $ je Unze, stieg der Rhodiumpreis um die Monatswende herum steil an. Innerhalb weniger Tage erreichte das weiße Metall wieder Notierungen von über 2.450 $ je Unze und damit das höchste Niveau seit Mitte Februar.

Die Ursache für den Anstieg lag in der Bekanntgabe der Deutschen Bank, dass sie zwei sog ETC-Produkte (Exchange Traded Commodities) aufgelegt habe, die an Börsen in London und Frankfurt notieret werden. Bei ihnen handelt es sich rein rechtlich um unbefristete Schuldverschreibungen des Emittenten, die aber im Gegensatz zu ähnlichen Produkten dieser Klasse (wie z.B. Zertifikaten) physisch besichert sind.

Die beiden ETCs der Deutschen Bank, einer notiert in Euro, einer in Dollar, haben ein Maximalvolumen von jeweils 100.000 Unzen, angesichts des engen Marktes ist es sicher richtig von der Bank, hier eine relativ eng gesteckte Obergrenze einzuziehen. Sollte die maximale Menge erreicht werden, würden die ETC-Volumina rund ein Viertel einer jährlichen Neuproduktion ausmachen. Das wäre deutlich weniger als die Mengen, die im Moment in entsprechenden Platin– und Palladium-ETFs gebunden sind (je ca. 60% einer Weltjahresproduktion) und sehr viel weniger als bei Gold und Silber (jeweils deutlich über 100% einer WJP).

Direkte Ursache für die Kursgewinne im Umfeld der ETC-Neuemission war sicher eine Kombination aus einerseits spekulativen Käufen, die auf einen Erfolg der ETCs hofften; andererseits aber auch aus einem ersten Orderschub für das neue Produkt selbst. So wurden in der ersten Phase nach der Börseneinführung der ETCs etwas über 4.500 Unzen verkauft; sicher noch zu wenig, um alleine den Preis nachhaltig beeinflussen zu können.

Vor diesem Hintergrund war dann auch der Preisanstieg vom Monatsbeginn nicht zu halten und die Notierung fiel bis heute wieder deutlich zurück. Aktuell liegt sie noch knapp über der Marke von 2.000 $ je Unze. Falls in nächster Zeit die Investorennachfrage nicht deutlich anspringt, wäre es angesichts der im Vergleich zum Angebot zu niedrigen industriellen Nachfrage keine Überraschung, wenn der Preis wieder unter diese psychologisch wichtige Marke fallen würde.

Bei den anderen beiden kleinen Platinmetallen gab es in den letzten beiden Wochen keine großen Veränderungen. Ruthenium notiert unverändert bei 170 $ - 180 $, Iridium bei rund 1.050 $ je Unze.


© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH





Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.