Rohstoffe kompakt: Energie: Der Obama-Effekt

Es wird die Frage sein, wie viele dieser Vorhaben derzeit überhaupt umgesetzt werden können. So hat Obama nach seinem Wahlsieg der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise oberste Priorität eingeräumt und neue schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme in Aussicht gestellt. Es ist dabei möglich, dass Teile des Energieplanes dort mit einfließen, beispielsweise, dass die finanzielle Unterstützung der US-Automobilindustrie gekoppelt wird an die schrittweise Umstellung der Produktion auf energieeffiziente und umweltschonende Fahrzeuge. Oder, dass die Unterstützung der Eigenheimbesitzer gekoppelt wird an Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz wie Wärmedämmung oder den Einbau energieeffizienter Heizungen.
Durch den Rückgang der Ölpreise auf 60 USD je Barrel wird die Produktion von erneuerbaren Energien und von Biokraftstoffen erschwert, weil mit dem niedrigeren Ölpreis der Anreiz zur Umstellung auf diese alternativen Energie sinkt und sich viele derartige Projekte erst bei deutlich höheren Ölpreisen wirtschaftlich rechnen. Damit die ehrgeizigen Ziele auch beim derzeitigen Ölpreis erreicht werden und erneuerbare Energien und Biokraftstoffe langfristig eine größere Rolle im Energiemix spielen, muss der Staat finanzielle Ausgleichszahlungen in Form von Subventionen gewähren. Nur so besteht ein Anreiz, auf alternative Energien umzusteigen.
Andere Vorhaben, welche das Wachstum belasten würden, dürften möglicherweise zunächst nicht umgesetzt werden. Zu nennen ist hier insbesondere die stärkere finanzielle Belastung von Kohlekraftwerken zur Senkung des CO2-Ausstoßes oder der gegenüber den Energieunternehmen angedrohte Zwang, von der öffentlichen Hand gepachtetes Land für die Öl- und Gasförderung zu erschließen oder ansonsten die Landnutzungsrechte zu verlieren. Damit dürfte man wohl warten, bis die derzeitige Wirtschaftskrise überwunden ist.

Welche Auswirkungen hätte der Energieplan auf die kurz-, mittel- und langfristige Preisentwicklung der verschiedenen Energieträger?
Kurzfristig dürfte der Obama-Plan die Preisentwicklung nicht nennenswert beeinflussen. Treibender Faktor bleibt die globale Wirtschaftslage und die Frage, wie schwer die Rezession in den Industrieländern ausfallen wird und wie stark die Schwellenländer davon in Mitleidenschaft gezogen werden. Angesichts des Gefahr weiterer Abwärtsrevisionen der Nachfrageprognosen besteht das Risiko, dass der Ölpreis in den kommenden Wochen tendenziell unter Druck bleibt.
Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen für den Ölpreis sind überwiegend negativ. In dem Maße, wie die geplanten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen, wird die Nachfrage nach Rohöl und Ölprodukten entsprechend zurückgehen. Dies gilt insbesondere für den Kraftstoffverbrauch, wo das Einsparpotenzial in den USA trotz des deutlichen Rückgangs der Nachfrage nach wie vor erheblich ist. Die Folge wäre ein geringerer Bedarf an Rohöl (siehe Grafik 6).
Welche langfristigen Auswirkungen politisch forcierte Einsparungen auf den Ölverbrauch haben können, zeigt das Beispiel Deutschland. Hier sank der Ölverbrauch innerhalb der letzten 10 Jahre um knapp 20%. Auf die USA übertragen würde dies einen Rückgang des Ölverbrauchs um 4 Mio. Barrel pro Tag bedeuten. Aufgrund der größeren Einsparpotenziale in den USA könnte dieser Betrag sogar noch größer ausfallen. Dazu würde eine verstärkte Nutzung einheimischer Ölvorkommen den Importbedarf der USA reduzieren. Im vergangenen Jahr importierten die USA 10 Mio. Barrel Rohöl pro Tag und stellten damit 25% der weltweiten Importe. Wenn der Importbedarf der USA merklich sinkt, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die weltweite Ölnachfrage und würde das Anstiegspotenzial beim Ölpreis somit erheblich schmälern. Dem dürften lediglich die negativen Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen gegenüberstehen, sollten übermäßige Ölgewinnen zusätzlich besteuert werden. Dies könnte Energieknappheiten zur Folge haben und somit den Preis steigen lassen.
Am stärksten von allen Energieträgern dürfte Kohle unter den Energieplänen der Obama-Regierung zu leiden haben. Wie bereits oben erwähnt, soll der Ausstoß von Treibhausgasen deutlich verringert werden. Zu diesem Zweck sollen Emissionszertifikate versteigert werden, anstatt sie kostenlos zu verteilen. Dadurch würden sich die Kosten für die Stromerzeugung durch Kohle erheblich verteuern. Dies gilt insbesondere im Vergleich zum konkurrierenden und klimaschonenderen Erdgas (siehe Grafik 7). Letzteres wäre aus diesem Grund wahrscheinlich der Hauptprofiteur unter den Primärenergieträgern, sollte der Energieplan von Obama umgesetzt werden. Erdgas könnte auch verstärkt als Treibstoff für Autos Anwendung finden und hier den aus Rohöl gewonnenen Kraftstoffen das Wasser abgraben. Nich zuletzt sollten auch die Agrarrohstoffe zu den Nutznießern zählen, weil Obama die Produktion und den Einsatz von Biokraftstoffen ausbauen will.
Geänderte Außenpolitik könnte zu einem Rückgang der Risikoprämie beitragen
Wie eingangs erwähnt, war ein Teil des kräftigen Ölpreisanstiegs bis zum Sommer auf einen deutlichen Anstieg der Risikoprämie zurückzuführen. Als Beispiel hierfür wurde immer wieder der Krieg im Irak genannt, welcher das Land mit den weltweit zweitgrößten konventionellen Ölreserven seit nunmehr 5 ½ Jahren destabilisiert. Obama hat vor der Wahl versprochen, die US-Truppen im Irak möglichst schnell abzuziehen. Dies könnte zu einem Rückgang der Risikoprämie führen und den Ölpreis somit belasten. Allerdings ist es fraglich, ob der multiethnische Irak ohne fremde Ordnungsmacht in der Lage sein wird, ein stabiles Staatsgebilde aufzubauen. Ein übereilter Truppenabzug, die Rede ist von einem Zeitraum von 16 Monaten, könnte daher auch zu einer weiteren Destabilisierung der Sicherheitslage führen. Zudem gibt es noch genügend anderer Krisenherde, welche einem deutlichen Rückgang der Risikoprämie entgegenstehen. Zu nennen ist hier der Atomkonflikt mit dem Iran, wo Obama die bisherige Politik fortführen will. Zudem will Obama die Truppenpräsenz in Afghanistan verstärken. Die Brennpunkte könnten sich mithin in das ölreiche Zentralasien verschieben.
