Energie: OPEC im Zugzwang


Der Ölpreis hat das tiefste Niveau seit dreieinhalb Jahren erreicht. Neben den weiterhin heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten und den unverändert düsteren weltweiten Konjunkturperspektiven kamen bearishe Nachrichten von der OPEC. Das Ölkartell senkte die Prognose für das Wachstum der globalen Ölnachfrage in den Jahren 2008 und 2009 um 0,26 Mio. Barrel pro Tag (mbpd) bzw. 0,27 mbpd auf +0,29 mbpd bzw. +0,49 mbpd.

Short-Spekulanten steigen aus
Der erneute Rutsch beim Ölpreis ist vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen an den Terminmärkten überraschend. Bis Mitte November hatten die Spekulanten über mehrere Tage massiv Short-Positionen aufgebaut. Am 14. November erreichte das Open Interest mit über 1,2 Mio. Kontrakten ein zwischenzeitliches Hoch. Anschließend wurden in nur vier Handelstagen mehr als 100.000 Kontrakte glattgestellt.
Wie die aktuelle CFTC-Statistik zeigt, sind dabei offensichtlich zumeist Short-Positionen geschlossen worden. Laut CFTC wurden zum Stichtag 18. November im Vergleich zur Vorwoche 7.800 Long-Positionen und 71.800 Short-Positionen glattgestellt. Für den Gesamtmarkt hat sich die kumulierte Netto-Short-Position der Vorwoche (53.000 Kontrakte) somit innerhalb kürzester Zeit wieder in eine Netto-Long-Position (11.000 Kontrakte) gewandelt.

OPEC vor weiterer Kürzung
Mit der Einberufung einer Sonderkonferenz am 29. November hat die OPEC sich selbst unter Druck gesetzt. Dass die OPEC in diesem Jahr mindestens noch eine Förderkürzung beschließt, steht außer Frage. Zum einen dürften aber die Daten für die letzte Förderkürzung (vom 24. Oktober) noch nicht komplett auf dem Tisch liegen. Zum anderen findet nur zweieinhalb Wochen später (am 17. Dezember) eine weitere Konferenz statt. Sollte die OPEC Ende November die Förderung vorerst unverändert lassen, dürfte der Markt dies mit weiteren Abschlägen beim Ölpreis quittieren. Die OPEC ist damit im Zugzwang.
Bei Ölpreisen unter 50 Dollar dürfte das Kartell daher bereits am 29. November die Förderung vermutlich um 1 mbpd drosseln. Sollte auch diese Angebotskürzung den Preisverfall nicht stoppen, hätte das Kartell am 17. Dezember Gelegenheit, weitere Maßnahmen zu verabschieden. Die OPEC-11-Förderung dürfte damit zu Anfang des kommenden Jahres auf einen Wert von rund 26 mbpd absinken.

© Dr. Frank Schallenberger
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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