Ausblick 2009 - Rohstoffpreise trotzen der Krise

Die Tatsache, dass noch vor dem Kollaps von Lehman Brothers sowohl der Ölpreis als auch der gesamte Rohstoffsektor im Vergleich zum Jahresanfang 2008 im Plus notierte, und der große Abverkauf unmittelbar danach kam, zeigt aus unserer Sicht deutlich, dass die Anlegerhandlungen das Geschehen am Markt geprägt haben (Grafik 3). Auch wenn der Einfluss der Anleger in den letzten Monaten dramatisch gesunken ist, bleiben die Terminbörsen mit wenigen Ausnahmen der einzige effektive Preismechanismus. Für den Großteil des Handelsvolumens an diesen Terminbörsen sind allerdings nach wie vor die Finanzinvestoren und Händler verantwortlich. Deswegen dürfte das Geschehen am Rohstoffmarkt weiterhin stark durch ihre Aktionen beeinflusst bleiben. Dies zeigt vor allem der volatile, nervöse Handel am vorderen Ende der Terminkurve mit den nächstfälligen Kontrakten, wohingegen sich die langfristigen Erwartungen nicht so stark verändern.
Außerdem bleiben viele langfristig orientierte Investoren, wie z.B. die Pensionskassen, Aktien- und Rentenfonds sowie große Privatanleger dem Markt treu. Sie sehen in den Rohstoffen weiterhin eine alternative Anlageklasse, die langfristig zur Portfoliodiversifizierung beiträgt. Die günstigen Preisniveaus bei vielen Rohstoffen haben außerdem neue spekulative Investoren angelockt. Auch der Einfluss von Hedge-Fonds und anderen Anlegern, die auch Leerverkäufe tätigen, nimmt zu, was zur Volatilität beiträgt.
Die Folgen der Finanzkrise
Die unmittelbaren Folgen der Finanzkrise waren für den Rohstoffsektor sehr negativ. Denn eine steigende Risikoaversion, die Umschichtung aus Risikoanlagen und Zwangsverkäufe seitens der Anleger haben den Abwärtstrend bei Rohstoffen massiv verstärkt. Auch die Wirtschaftskrise und somit die Nachfrageentwicklung nach Rohstoffen haben starke negative Impulse geliefert.
Man scheint bei all dem einen weiteren entscheidenen Faktor dabei zu übersehen: Die Rohstoffproduzenten sind durch die Kreditklemme und die fallenden Preise ebenfalls negativ betroffen. Denn auch für die Rohstoffhändler und insbesondere Produzenten hat sich aufgrund der Kreditklemme und der pessimistischen Gewinnaussichten wegen der fallenden Preise der Zugang zu Kapital massiv erschwert (Grafik 4). Das führt in der Gegenwart zu starken Produktionseinschnitten und sollte langfristig sogar Produktionsengpässe begünstigen, weil in der Folge die Investitionen massiv reduziert werden. Die bestehenden Minenprojekte und die Ölfelder werden nicht erweitert und umgerüstet und insbesondere in neue Rohstoffprojekte wird kein Geld mehr investiert.
Dabei sind diese Investitionen oft notwendig, um die Produktion zumindest stabil zu halten. Die führenden Beratungsgesellschaften, wie z.B. die Internationale Energieagentur IEA, warnen davor, dass ansonsten die Produktion in den kommenden Jahren dramatisch einzubrechen droht. Die Gefahr einer langfristigen Produktionseinengung durch die fehlerhafte Investitionspolitik spricht für ein hohes Aufwärtspotenzial bei Rohstoffen. Auch die Konsolidierung in der Branche kommt zum Stillstand, was am besten durch die misslungene Übernahme von Rio Tinto durch den größten Rohstoffkonzern der Welt, BHP Billiton, demonstriert wird.

Die Produktionsseite wird in den Fokus der Marktteilnehmer rücken
Die Rohstoffnachfrage weltweit ist derzeit sehr schwach. Dies bestätigt auch der Baltic Dry Index, der die Entwicklung weltweiter Frachraten für Trockengüter misst und der von der Spitze um bis zu 95% gefallen ist. Wir gehen derzeit davon aus, dass sich eine allgemeine Belebung der Nachfrage erst im 3. Quartal 2009 zeigen wird. Diese Risiken sehen wir jetzt jedoch als ausreichend eskomptiert an und denken, dass die Angebotsrisiken dagegen zuletzt stark unterschätzt wurden.
Die Marktteilnehmer waren in den letzten Monaten hauptsächlich um die Nachfrageschwäche sowohl in den OECD-Ländern als auch in China und Indien besorgt und haben dabei den zahlreichen Risiken auf der Produktionsseite zu wenig Beachtung geschenkt. Die Preise insbesondere für Industriemetalle fielen aber so stark zurück, dass ein großer Teil der Produktionskapazitäten unprofitabel geworden ist, weil sich die Preise unter den Grenzproduktionskosten befinden. Daraufhin sollten die Produzenten auch künftig mit Kürzungen reagieren, was den Markt wieder ins Gleichgewicht bringen wird.
Bei Rohöl sind diese Kürzungen sogar gewollt, wobei sich die OPEC (Grafik 5) derzeit sehr diszipliniert verhält und die Produktion bislang im vereinbarten Ausmaß und sogar teilweise darüber hinaus konsequent zurückführt. Das Gleichgewicht wird sich aus unserer Sicht diesmal durch eine starke Drosselung der Produktion herstellen, weil die Produktion schneller zurückgefahren als die Nachfrage fallen wird.