Rohöl: Steht der Bärenmarkt vor seinem Ende?


Wirtschaftskrise bewirkt Nachfragerückgang
Hauptursächlich für die “abschmierenden“ Notierungen war der durch die globale Wirtschaftskrise bewirkte Nachfragerückgang. Bereits in 2008 ging der Verbrauch leicht zurück und auch für dieses Jahr rechnet das amerikanische Energieministerium mit einem Minus von mindestens 810.000 Barrel pro Tag auf nur noch 85,1 Millionen Barrel. Noch vor gut sechs Monaten war für 2009 von einem Verbrauch in der Größenordnung von 86,5 Millionen Barrel täglich die Rede. Aber zum damaligen Zeitpunkt rechnet auch kaum jemand mit einem derart massiven konjunkturellen Einbruch.
Deutlicher Anstieg der US-Lagerbestände
Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich die Versorgungssituation beim “Schmierstoff der Weltwirtschaft“ merklich entspannt hat. So befand sich am 16. Januar dieses Jahres 14 Prozent mehr Rohöl in den amerikanischen Lagertanks als ein Jahr zuvor. Ob dieser Trend aber noch allzu lange anhält, bleibt abzuwarten.
Geringere Produktion
Denn im “Schlepptau“ der geringeren Nachfrage sinkt auch die weltweite Produktion. Für das laufende Jahr hat das US-Department of Energy einen Gesamt-Output von 84,9 Millionen Barrel pro Tag in Aussicht gestellt. Unseres Erachtens dürfte sich diese Schätzung als etwas zu defensiv entpuppen, vor allem weil die jüngsten Kürzungen der OPEC-Förderquote um 1,5 und 2,2 Millionen Barrel täglich einmal mehr von einigen Mitgliedern nicht konsequent umgesetzt werden. So ging die OPEC-Förderung im Dezember im Vergleich zum Vormonat nur um 500.000 Barrel auf 30,1 Millionen Fässer zurück. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass viele Öl-Produzenten, die auf vergleichsweise hohe Weltmarktpreise angewiesen sind, ihre Förderung signifikant drosseln oder ganz einstellen werden. Aus diesem Grund erwarten wir für dieses Jahr auch nur eine Fördermenge, die ganz leicht über dem Gesamtverbrauch liegt. Von einer “Öl-Schwemme“, wie sie die Kurseinbrüche vermuten lassen könnten, kann mithin keine Rede sein. Unter fundamentalen Gesichtspunkten halten wir Öl gegenwärtig für zu billig, auch wenn mit einer neuen ausgeprägten “Rallye“ zumindest kurzfristig eher nicht zu rechnen ist.
“Bullische“ Saisonalität
Zu moderaten Kurszuwächsen könnte es jedoch allein unter saisonalen Gesichtspunkten demnächst kommen. Für gewöhnlich legen die Rohöl-Notierungen ab Ende Februar bis in den Herbst hinein deutlich zu. Von daher gibt es aktuell sicherlich erheblich schlechtere Zeitpunkte, um langsam aber sicher den Aufbau einer spekulativen Long-Position in Erwägung zu ziehen.
Technische Bodenbildung im Bereich von 40 US-Dollar
Charttechnisch spricht einiges dafür, dass der März-Future im Bereich von 40 US-Dollar einen tragfähigen Boden ausbilden kann. Immerhin wurde die Marke bereits zweimal verteidigt. In den vergangenen Tagen neigte der Markt jedoch abermals zur Schwäche und notiert erkennbar unter seiner 18-Tage-Linie. Zudem generieren sowohl der MACD als auch die Stochastik ein Verkaufssignal. Zusätzlich befindet sich der RSI auf dem Rückzug und ist mittlerweile in den “bärischen“ Bereich (unter 50) vorgedrungen. Kurzfristig sind weitere Abgaben demzufolge nicht auszuschließen. Vorerst sollte man den Markt am besten nur beobachten und sehen, ob die 40 US-Dollar abermals halten. Ergibt sich danach eine Umkehrformation, kann man sein Glück auf der “langen Seite“ sicherlich versuchen.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de