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Der Ölpreis steigt - aber profitieren können Anleger davon nicht

06.02.2009  |  Eugen Weinberg
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Dieser Prozess ist durch die aktuelle Finanzmarktkrise wenn nicht außer Kraft gesetzt, so doch zumindest stark beeinträchtigt. Denn aufgrund des erschwerten Zugangs zu Fremdkapital ist es vielen Marktteilnehmern derzeit nicht oder nur eingeschränkt möglich, die für Arbitragegeschäfte notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten. Ohne die Arbitragegeschäfte können Preisunterschiede längere Zeit Bestand haben als dies unter normalen Umständen der Fall wäre. Das erklärt auch das zuletzt steigende Interesse an der Lagerhaltung und die Zweckentfremdung der Supertanker, wobei diese in “schwimmende Öltanks“ umfunktioniert werden.

• 4) Das kurze Ende der Terminkurve steht nicht nur aufgrund der randvoll gefüllten Lager unter Druck, sondern auch aufgrund der schwachen Nachfrage nach Rohöl. In den USA liegt der Rohölverbrauch auf dem niedrigsten Stand seit 10 Jahren. In Japan, den nach den USA und China drittgrößten Ölverbrauchsland, ist der Ölverbrauch sogar auf den niedrigsten Stand seit 23 Jahren gefallen. Selbst in China, welches in den letzten Jahren der wichtigste Faktor hinter dem steigenden weltweiten Ölverbrauch gewesen ist, dürfte die Ölnachfrage in diesem Jahr nahezu stagnieren.

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•  5) Hinzu kommt, dass Investoren in der jüngsten Vergangenheit im großen Stil Positionen abgebaut haben, was den Druck auf den Ölpreis verstärkte. Teilweise handelte es sich um Zwangsliquidationen, weil die Anleger den Nachschussverpflichtungen für die Terminkontrakte nicht nachkommen konnten. Daher kann man derzeit von einer spekulativen Untertreibung sprechen nach einer vorherigen Übertreibung nach oben.


Können Anleger vom Ölpreisanstieg profitieren?

Eine konvexe Terminkurve gilt als schlecht für Finanzinvestoren. Denn die meisten Investment-Produkte beziehen sich entweder auf den nächsten Kontrakt oder auf einen Excess-Return Index, der auch ein regelmäßiges Rollieren unterstellt, d.h. einen Umtausch in die nächsten Kontrakte. Solange die künftigen Kontrakte mit einem signifikanten Aufschlag zum laufenden Kontrakt gehandelt werden und dieser nicht ständig anzieht, sinkt die Partizipationsrate des Investment-Produkts, weil man für die gleiche Summe immer weniger Kontrakte beziehen kann.

Am Preisanstieg wird man dadurch zu einem immer geringeren Anteil partizipieren und man spricht von sog. “Rollverlusten“, die dadurch entstehen, dass der Ölpreis nicht dem Kurvenverlauf folgt, sondern sich schwächer entwickelt als von der Kurve vorgesehen. Wie die Vergangenheit zeigt, ist jedoch die Terminkurve ein schlechter “Schätzer“ für die küntige Preisentwicklung (Grafik 2).

Das Phänomen kann man auch damit erklären, dass der Großteil des Preisanstiegs bereits vom Markt im Voraus antizipiert wird und dadurch der mögliche Gewinn sich schmälert. So liegen die WTI-Kontrakte mit einer Fälligkeit im März 2010 bei über 55 USD, während die Lieferung im März 2009 derzeit mit lediglich knapp über 40 USD je Barrel zu Buche schlägt. Für die Anleger sind dadurch die Möglichkeit und das Ausmaß eines Profits am Geschäft mit Öl-Derivaten sehr begrenzt, zumal der Anstieg durch die Form der Kurve sogar noch gebremst wird. Denn das Contango ist nicht nur ein Ausdruck der großen Verfügbarkeit an physischem Rohöl, sondern die höheren Terminpreise machen die Lagerhaltung attraktiv.

Excess-Return: Nehmen wir an, der Anleger möchte 1000 USD in Öl-Futures anlegen und die nächsten Futures liegen bei 45 USD (“Spot“) und 50 USD je Barrel entsprechend. Man kann also 20 Futures zu 50 USD “kaufen“ (beim Kauf wird in Wirklichkeit nur eine kleine Hinterlegung notwendig). Wenn sich der “Ölpreis“ im Laufe des Monats nicht ändert, kommt der Future gegen Fälligkeit von zuvor 50 USD auf 45 USD zurück, wobei die Investmentsumme auf 900 USD fällt. Die Bezeichnung des Phänomens als “Rollverlust“ ist dabei jedoch irreführend, weil der Verlust nicht durch das Rollieren, sondern durch den Preisverfall des Future im Laufe des gesamten Monats entsteht.

Derzeit steigen die kommerziellen Lagerbestände an. Um von der gegenwärtigen Konstellation zu profitieren, gehen immer mehr Marktteilnehmer auf die Arbitrage über, die physische Lagerung vorsieht. Und zwar kaufen sie Rohöl physisch ein und mieten Tanker an, um es darin zu lagern. Gleichzeitig verkaufen sie die Lieferung auf Termin zu einem deutlich höheren Preis und sichern damit den Gewinn von Anfang an ab. Denn für die Lagerung und Finanzierung des Geschäfts ist je nach Laufzeit des Mietvertrages sowie Art und Aufenthaltsort des Tankschiffes nur knapp 1 USD je Barrel und Monat fällig, wobei die Differenz zwischen den Kontrakten teilweise höher liegt.

Auf diese Art und Weise sollen mittlerweile bereits mehr als 80 Mio. Barrel Rohöl in den diversen Tankschiffen zwischengelagert sein. Einem von uns erwarteten Preisanstieg sollten diese “schwimmenden Öltanks“ jedoch nicht entgegenstehen. Denn man spekuliert nicht auf die Preisentwicklung, sondern arbitriert den Markt aus, wobei die Lieferung normalerweise bereits auf Termin verkauft sein wird. Somit entsteht kein zusätzlicher Druck auf den Ölpreis bei der Lieferung.

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