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Mais bald bei 600 US-Cents?

06.02.2009  |  Marc Nitzsche (Rohstoff-Trader)
Derzeit kursiert im Internet eine Analyse, die bis Ende des laufenden Jahres einen Maispreis von 600 US-Cents prognostiziert. Gegenüber den aktuellen Notierungen wäre das ein Plus von rund 70 Prozent. Selbst mit vergleichsweise defensiv gehebelten Anlageprodukten würde sich somit ein gewaltiger Gewinn ergeben, wenn die Vorhersage eintrifft. Das entscheidende Wörtchen in diesem Zusammenhang ist allerdings “wenn“.


Vergleichsweise komfortable Versorgungssituation

Besonders interessant ist, dass besagte Analyse zeitlich nach den letzten Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums veröffentlicht wurde. Und diese waren alles andere als “bullisch“: Für die Saison 2008/09 werden die Endbestände mittlerweile bei 1,79 Milliarden Scheffel gesehen. Gegenüber den 1,474 Milliarden Scheffel zuvor bedeutet das einen signifikanten Anstieg, der jenseits aller Erwartungen lag. Das Ending Stock to Use Ratio soll sich im Bereich von 15 Prozent bewegen und ist damit im oberen Mittelfeld der letzten acht Jahre angesiedelt. Auch auf globaler Ebene rechnen die Behörden mit einem Zuwachs der Endbestände von 128 auf 136 Millionen Tonnen, woraus sich ein Verhältnis zwischen Vorräten und Verbrauch von ebenfalls recht komfortablen 17 Prozent ergibt. Treffen diese Zahlen im Wesentlichen ein, wird es der Welt sicherlich an vielem mangeln, aber ganz bestimmt nicht an Mais.


Produktionsschätzungen überhöht?

Nicht zuletzt deswegen werden die Produktionsvorhersagen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums auch angezweifelt. Als Grund wird genannt, dass der Düngereinsatz auf Grund der angespannten finanziellen Lage bei vielen Produzenten deutlich zurückgehen soll. Wenngleich Düngemittel sicherlich schon billiger waren als derzeit, erachten wir diese Argumentation zumindest für fragwürdig. Farmer, die sich keinen Dünger mehr leisten können, sind wahrscheinlich am besten beraten, ihren Laden gleich ganz zu schließen. Ferner ist zu bedenken, dass die Ernteschätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums mit 12,1 Milliarden Scheffeln bereits rund eine Milliarde Scheffel unter dem Wert des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs liegen (13,04 Milliarden Scheffel). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Anbaufläche in den Vereinigten Staaten 2008 ein absolutes Rekordniveau erreicht hatte. Ob dem heuer ebenso sein wird, wird sich zeigen. Da allerdings die Kultivierung von Mais zu den gegenwärtigen Weltmarktpreisen immer noch rentabel durchgeführt werden kann und andere Agrargüter, die auf dem Boden und in den Regionen gedeihen keine besseren Margen versprechen, gehen wir nicht von einem noch höheren Rückgang der Anbaufläche aus. Die vier Prozent, die im Dezember 2008 von Informa Economics in Aussicht gestellt wurden, erscheinen uns realistisch.


Gefahr von Nachfrage-Rückgängen

Nicht sonderlich optimistisch sind wir darüber hinaus für die Nachfrageseite. In den letzten beiden Jahren wurde diese vor allem durch die Ethanol-Bemühungen der amerikanischen Regierung gestützt. Nachdem der Ölpreis nunmehr jedoch erkennbar zurückgekommen ist und der “Sprit vom Acker“ ohnehin nur eine Übergangslösung darstellt, bis Elektroantriebe serienreif sind, ist zumindest nicht auszuschließen, dass der Ethanol-Boom vorbei ist, bevor er richtig begonnen hat. Die entsprechenden Produzenten werden es bei den aktuellen Ölpreisen immer schwerer haben, Gewinne zu erwirtschaften und somit sind Produktionskürzungen sehr wahrscheinlich. Insofern würden wir uns nicht wundern, wenn der Maisbedarf sogar noch unter den prognostizierten 11,95 Milliarden Scheffeln liegen würde. Alles in allem spricht eine genaue Analyse der Angebot/Nachfrage-Situation also eher nicht für deutlich anziehende Mais-Notierungen.


Saisonaler Anstieg möglich

Unter saisonalen Gesichtspunkten ist hingegen zumindest ein moderater Anstieg durchaus denkbar. Immerhin neigen die Maispreise in den ersten Monaten eines jeden Jahres zur Stärke, was vor allem auf Witterungsängste während der wichtigen frühen Anbauphase zurückzuführen ist. Da in den USA derzeit jedoch noch nicht mit der Aussaat begonnen wurde, besteht keine wirkliche Eile für den Aufbau von Long-Positionen. Im Frühjahr jedoch wollen wir nicht ausschließen, dass sich der eine oder andere Euro mit Engagements in Mais auf der “langen Seite“ verdienen lässt.

“Commercials“ sind long

Ein nicht zu unterschätzendes Argument für Long-Positionen ist des Weiteren die Positionierung der Teilnehmer am Terminmarkt. So sind beispielsweise die kommerziellen Händler zur Stunde mit über 30.000 Kontrakten netto long. Überaus interessant ist zudem, dass auch die Fonds in einer ähnlichen Größenordnung auf der “langen Seite“ stehen. Per Saldo auf der “kurzen Seite“ befinden sich die Kleinspekulanten, die jedoch erfahrungsgemäß mit ihrer Meinung am häufigsten falsch liegen. Insofern kommt man nicht umhin festzustellen, dass sich Long-Positionen nach den CoT-Daten in der Tat förmlich aufdrängen.


Charttechnisch nach wie vor stark angeschlagen

Gänzlich anders präsentiert sich demgegenüber die Charttechnik: Der Abwärtstrend seit Sommer letzten Jahres ist nach wie vor intakt. Erschwerend kommt hinzu, dass der kleine Aufwärtstrend nach den jüngsten Rücksetzern gebrochen wurde. Gleichzeitig generieren sowohl der MACD als auch die Stochastik Verkaufssignale. Auch der RSI ist mit 40 mittlerweile im bärischen Bereich angelangt und der März-Future notiert zudem erkennbar unter seiner 18-Tage-Linie. Alles in allem muss daher aus technischer Sicht damit gerechnet werden, dass der Support bei etwa 350 US-Cents in Kürze erneut getestet wird. Hält dieser nicht, drohen weitere Abgaben bis in den Bereich knapp über 300 US-Cents. Aufhellen würde sich das technische Bild erst bei einem Überschreiten der Widerstandszone zwischen 430 und 440 US-Cents. Davon ist der Markt gegenwärtig aber weit entfernt. Werden die 350 US-Cents verteidigt, können mutige Anleger den Aufbau einer spekulativen Long-Position wagen, wobei die Gewinnerwartungen allerdings nicht allzu hoch angesetzt werden sollten und ein solches Investment eher kurzfristigen Charakter haben sollte.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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