Sojabohnen vor weiterem Kursrutsch?


An den Sojabohnen gingen die ersten Jahre der jüngsten Rohstoff-Rallye nahezu spurlos vorüber. Während viele “Naturschätze“ zwischen 2000 und 2006 teilweise exorbitante Kurszuwächse erzielten, dümpelten die Notierungen der Sojabohnen lustlos vor sich hin, bevor sie dann innerhalb von wenigen Monaten von unter 600 auf 1.600 US-Cents anzogen. Mittlerweile haben sich die Preise wieder halbiert. Lohnt sich auf diesem Niveau der Long-Einstieg oder geht es noch eine “Etage“ tiefer?
Nach wie vor ein knappes Gut
Unter fundamentalen Gesichtspunkten sind Sojabohnen nach wie vor ein knappes Gut: Mitte Februar reduzierte das US-Landwirtschaftsministerium seine Schätzungen bezüglich der 2008/09er Endbestände nochmals von zuvor 225 auf jetzt 210 Millionen Scheffel. Wenngleich das einen leichten Anstieg gegenüber der vergangenen Saison bedeutet (205 Millionen Scheffel), bleibt das Verhältnis zwischen Vorräten und Verbrauch mit nur sieben Prozent unverändert angespannt. Deutlich besser sieht es da auf globaler Ebene aus: Hier bewegt sich das Ending Stock to Use Ratio bei 22 Prozent. Allerdings erwarten die Experten auch ebenfalls einen Rückgang der Endbestände von 53 auf 50 Millionen Tonnen.
Ernteausfälle in Südafrika und Südamerika
Verantwortlich für das weltweite Mine auf der Angebotsseite sind in erster Linie Ernteausfälle in Südafrika und Südamerika. Im “Kap-Staat“ führte zu trockenes und heißes Wetter zu Schäden an den Pflanzen. Für Brasilien und Argentinien prophezeit das amerikanische Landwirtschaftsministerium einen Rückgang des Sojabohnen-Outputs von rund sechs Prozent. Ob es dazu wirklich kommt, bleibt abzuwarten. In den letzten Jahren steigerten die beiden bedeutenden Erzeuger-Länder ihre Produktion regelmäßig.
Überangebot in 2010
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen verwundert der Kursrutsch in den letzten Wochen doch etwas. Teilweise dürften die leichteren Notierungen sicherlich auf das generell nicht gerade günstige Gesamtmarktumfeld bei den Rohstoffen zurückzuführen sein. Hinzu kommt, dass die Experten für 2010 einen recht deutlichen Angebotsüberschuss von 180 Millionen Scheffeln erwarten, der zu einem erkennbaren Plus bei den Endbeständen führt. Offenbar “spielt“ der Markt bereits jetzt dieses Szenario, auch wenn wirklich verlässliche Prognosen zur Ernte im kommenden Wirtschaftsjahr eigentlich noch nicht möglich sind. Die gegenwärtigen Fundamentals sprechen in jedem Fall dafür, dass sich das weitere Abwärtspotenzial bei den “Bohnen“ in einem überschaubaren Rahmen halten sollte.
Saisonalität spricht für Kurs-Steigerungen
Sehr “buhlisch“ präsentiert sich davon abgesehen die Saisonalität: Von März bis Juni legen Sojabohnen für gewöhnlich eine bemerkenswerte “Rallye“ aufs “Börsenparkett“. In dieser Zeit schüren bereits kleinere Sorgen bezüglich der Witterungsbedingungen Ängste vor Ernteausfällen insbesondere in den USA. Bisher ist das Wetter im amerikanischen “Corn-Belt“ zwar noch gut, aber das kann sich schnell ändern. Anleger, die vorzugsweise Saisonalitäten traden, können sich einen Long-Einstieg daher ernsthaft überlegen.
Charttechnisch überwiegend „bärisch“
Wer hingegen lieber die Charttechnik zu Rate zieht, sollte Long-Engagements zur Stunde noch meiden. Trotz des Erholungsversuchs zu Jahresbeginn ist der Abwärtstrend seit Sommer 2008 intakt. Nachdem sich im Bereich von knapp über 1.000 US-Cents ein Triple Top gebildet hat, gerieten die Kurse zuletzt wieder unter Abgabedruck. Von daher verwundert es nicht, dass der MACD auf “verkaufen“ steht und auch der RSI mit deutlich unter 50 klar im “bärischen“ Bereich verharrt. Lediglich die dynamischere Stochastik schickt sich zur Stunde an, ein Kaufsignal zu generieren. Zugegebenermaßen besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die “kleine“ Unterstützung bei 850 US-Cents hält und die Kurse bereits kurzfristig wieder anziehen. Wir jedoch gehen eher davon aus, dass die 800 US-Cents noch einmal in Angriff genommen werden. In diesem Bereich erwarten wir dann eine Umkehrformation. Kommt es dazu, bieten Long-Engagements ein vernünftiges Chance/Risiko-Verhältnis. Sehr kurzfristig orientierte Investoren, können zur Stunde möglicherweise den einen oder anderen Euro mit einer Short-Spekulation verdienen, wenn unsere Erwartung eines nochmaligen Tests der 800-US-Cents-Marke Realität wird.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de