Höhere Ölpreise trotz schwacher Weltwirtschaft

Die Verarbeitungsmargen (Preisunterschied zwischen raffinierten Produkten und Rohöl) bewegen sich in einer relativ engen Spanne. Dies zeigt, dass die Marktteilnehmer, vor allem die Raffinerieunternehmen, in der Lage sind, das Niveau der Raffinerieauslastung bzw. die Konfiguration der Anlagen so zu verändern, dass die Produktion bestimmter raffinierter Produkte maximiert oder minimiert werden kann. Die Raffinerien und die Importeure reagieren auf Preissignale mit Anpassungen der Produktion bzw. der Importe.
Die Verarbeitungsmargen verlassen nur dann ihre übliche Spanne, wenn es zu größeren Störungen beim Rohölangebot oder bei der Raffineriekapazität kommt. Diese Abweichungen sind allerdings in der Regel nur von kurzer Dauer, da die Marktteilnehmer in diesem Fall die Produktion bzw. den Import erhöhen, um von den höheren Margen zu profitieren. Indem man die aktuellen Verarbeitungsmargen und die Lagerbestände an raffinierten Produkten mit der Situation bei Rohöl vergleicht, lässt sich feststellen, ob etwaiger Preisdruck von der Angebotsseite (Rohöl) oder der Nachfrageseite (raffinierte Produkte) zu erwarten ist.
Raffineriemargen: Schwache Margen sind eher Ausdruck von Problemen bei der Produktnachfrage als eines knappen Rohölangebots
Die Raffineriemargen bewegen sich im historischen Vergleich für die Jahreszeit auf einem niedrigen Niveau und sind gegenüber Mitte Februar gesunken (siehe Grafik unten links). Dafür gibt es zwei mögliche Ursachen: Einen engen Rohölmarkt oder einen schwachen Produktmarkt. Obwohl der Rohölpreis in den letzten Wochen gestiegen ist, glauben wir, dass die zugrunde liegende schwache Nachfrage nach raffinierten Produkten und ein Überhang bei den Produktlagerbeständen relativ zu den Rohöllagerbeständen die Margen belasten.
Solange der Überhang bei den Produktlagerbeständen weiter Bestand hat, dürften die daraus resultierenden niedrigen Raffineriemargen eine geringere Produktion der Raffinerien bedingen (siehe Grafik unten rechts). Dieser sich selbst korrigierende Mechanismus wird zu einem Rückgang der Produktlagerbestände und letztlich zu höheren Produktpreisen führen, was wiederum für eine steigende Raffinerieproduktion spricht. Da die Raffineriemargen derzeit niedrig sind, spricht einiges für eine umfangreiche Wartung der Anlagen. Die entsprechenden Ausfälle werden die Erholung der Margen beschleunigen, da die Verfügbarkeit der raffinierten Produkte abnimmt. Wir befinden uns derzeit in einer Phase saisonal schwacher Raffineriemargen, denn der Winter in der nördlichen Hemisphäre geht zu Ende, und die im Sommer übliche Belebung der Benzinnachfrage steht noch bevor.

Diesel-Preise: Analyse der Verarbeitungsmarge zeigt verbesserte Verfügbarkeit
Wir erleben derzeit die übliche saisonale Schwäche bei den Produktpreisen, da sich der Winter in der nördlichen Hemisphäre dem Ende nähert und die Heizölnachfrage zurückgeht. In den letzten Jahren sind die Verarbeitungsmargen für Diesel- und Flugbenzin in dieser Jahreszeit angestiegen, da der Luft- und Straßenverkehr saisonal bedingt wieder anzieht. In diesem Jahr sehen wir nun steigende Diesel- und Flugbenzinpreise.
Was die Preise für Diesel angeht, dürften sich die hohen Verarbeitungsmargen des letzten Jahres nicht wiederholen. Der Grund dafür dürfte eher auf der Angebots- als auf der Nachfrageseite zu suchen sein. Anfang 2008 hatte die Einführung umweltfreundlicherer Regelungen hinsichtlich des zulässigen Schwefel- und Partikel-Gehalts für einen Angebotsengpass gesorgt, da die erforderlichen Anpassungen in den Raffinerien nicht mit der Nachfrage Schritt halten konnten. Im letzten halben Jahr hat sich die Situation wieder etwas entspannt, da vor allem im Nahen Osten neue Destillationskapazitäten in Betrieb genommen wurden. Die Folge ist eine im Vergleich zu Rohöl moderatere Entwicklung des Diesel-Preises. Dagegen dürfte die derzeitige Preisschwäche bei Flugbenzin eher nachfragebedingt sein. Wie aus der Grafik unten rechts hervorgeht, ist die Nachfrage nach Flugbenzin besonders stark von der wirtschaftlichen Verlangsamung betroffen, vor allem in den USA.

Benzin- und Ölpreise im Vergleich: Wie sehen die längerfristigen Trends aus?
Die Benzinpreise zeigten sich im Vergleich zu den Rohölpreisen ebenfalls schwach und trugen damit zu den niedrigen Raffineriemargen bei. Die Grafik unten links zeigt, dass sich in den USA die Preisdifferenz zwischen Benzin und Heizöl seit Jahresbeginn deutlich verringert hat. Benzin wird nach wie vor mit einem Abschlag zu Heizöl gehandelt, obwohl sich der Winter in der nördlichen Hemisphäre seinem Ende neigt und daher die Heizölnachfrage zurückgeht.
Die 2008 vorherrschende Knappheit am Markt für Mitteldestillate (wie weiter oben beschrieben) wird sich in diesem Jahr nicht wiederholen. Trotzdem bedarf es einer deutlichen Stärke bei Benzin, damit der Benzinpreis deutlich über den Heizölpreis steigt. Mitte des Jahres werden die Preise der beiden Produkte gleichauf erwartet – eine ungewöhnliche Situation, ungeachtet der ungewöhnlichen Umstände, die 2008 am Destillatemarkt vorherrschten. Wodurch werden die Benzinpreise niedrig gehalten? Ein Faktor ist die Verdrängung von Benzin durch Ethanol. Die Grafik unten rechts verdeutlicht, dass die US-Regierung eine zunehmende Verwendung von Ethanol bei der Benzinbeimischung erwartet. Diese Substitution untergräbt die Wirtschaftlichkeit der Benzinraffinierung.