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Kaffee: Bloße Verschnaufpause oder Ende der “Rallye“?

11.06.2009  |  Marc Nitzsche (Rohstoff-Trader)
In unserer letzten öffentlichen Analyse des Kaffeemarkts vom 20.03.09 bezogen wir ungewohnt klar Stellung und empfahlen unseren Lesern, den Aufbau von Long-Positionen ernsthaft in Betracht zu ziehen. Wer diesem Rat gefolgt ist, kann sich zur Stunde bereits über einen mehr als ansehnlichen Gewinn freuen, auch wenn die Notierungen in den letzten Tagen wieder leicht zurückgekommen sind. Handelt es sich dabei um eine bloße Verschnaufpause oder ist die “Rallye“ nunmehr vorerst beendet?


Schwache Ernten in wichtigen Erzeuger-Staaten

In diesem Zusammenhang ist zunächst einmal anzumerken, dass in der laufenden Saison die Ernteerträge in vielen bedeutenden Erzeuger-Staaten deutlich schwächer als im Vorjahr ausfallen dürften. In Kolumbien belasteten schwere Regenfälle die die empfindlichen Sträucher. Namhafte Experten rechnen daher mit einem Produktionsrückgang um 8,7 Prozent auf nur noch 10,5 Millionen Säcke. Ernteeinbußen drohen darüber hinaus auch in Vietnam. Die brasilianischen Farmer haben anders als die Kolumbianer mit einer ausgeprägten Trockenheit und dem auf Grund gestiegener Kosten zu geringen Einsatz von Düngemitteln zu kämpfen. Das Hauptproblem im “Land am Zuckerhut“ ist jedoch, dass die Kaffeepflanzen einem bestimmten Ertragszyklus unterliegen, der im aktuellen Wirtschaftsjahr zu erheblich geringeren Erträgen führen wird.

Insofern verwundert es nicht, dass die Regierung Anfang Januar einen Gesamt-Output von lediglich 37,8 Millionen Säcken in Aussicht stellte. Ein Jahr zuvor waren es noch 51,1 Millionen Bags. Zugegeben: Die brasilianischen Prognosen werden traditionell sehr niedrig gehalten. Deshalb ist davon auszugehen, dass die von einem Mitarbeiter des US-Landwirtschaftsministerium Ende Mai genannten 43,5 Millionen Säcke realistischer sind. Aber auch das bedeutet ein Minus von 15 Prozent gegenüber der vorherigen Saison.


Angespannte Versorgungssituation bleibt bestehen

Da der globale Verbrauch ungeachtet der Wirtschaftskrise weiter anziehen dürfte, haben die Produktionsrückgänge direkte Auswirkungen auf die Versorgungssituation. In seiner Dezember-Schätzung ging das amerikanische Landwirtschaftsministerium noch von einem Angebotsüberschuss von rund fünf Millionen Säcken (Produktion 140,6 Millionen Bags, Verbrauch 135,5 Millionen Bags) aus.

Da zu diesem Zeitpunkt die brasilianische Prognose noch nicht veröffentlicht war, halten wir es für recht wahrscheinlich, dass diese Zahlen im Rahmen der nächsten Vorhersage am 12.06. erkennbar nach unten revidiert werden. Möglicherweise rechnen die amerikanischen Behörden dann - ähnlich wie die Internationale Kaffee-Organisation (ICO) - mit einem abermaligen Primärdefizit. In ihrem April-Bericht prophezeite die ICO für 2009 eine weltweite Produktionsmenge von 127 Millionen Säcken sowie einen Verbrauch zwischen 128 und 129 Millionen Bags. Trifft diese Vorhersage ein, werden die Lagerbestände zwangsläufig weiter sinken und das Ending Stock to Use Ratio auf ein neues Mehrjahrestief drücken. Unter fundamentalen Gesichtspunkten deutet damit einiges auf weiter steigende Notierungen hin, wenngleich man natürlich eingestehen muss, dass die Kurse bereits recht gut gelaufen sind und sich das Aufwärtspotenzial demzufolge in Grenzen halten sollte. In jedem Fall sollten die nächsten USDA-Prognosen abgewartet werden.


Saisonalität spricht für kurzfristig fallende Preise

Kurzfristig scheinen Investoren, die mit Long-Engagements liebäugeln, ohnehin gut beraten zu sein, den “Ball flach zu halten“. Schließlich befindet sich Kaffee in seiner saisonal schwachen Phase. Diese dauert für gewöhnlich bis Ende Juni an, wobei mit neuerlichen Kursanstiegen erst ab Mitte August gerechnet werden kann. Sollten die Notierungen in den kommenden Wochen tatsächlich weiter nachgeben, ist es gut möglich, dass die “Commercials“ ihre aktuelle Netto-Short-Position auf long drehen. Geschieht dies, wäre das ein außergewöhnlich starkes Kaufsignal.


Charttechnisch stark angeschlagen

Derzeit allerdings präsentiert sich Kaffee unter technischen Gesichtspunkten alles andere als “bullisch“: Zwar ist der Aufwärtstrend seit März noch intakt und auch der erste wichtige Support bei 131 US-Cents im Juni-Future konnte bislang verteidigt werden. Ob das aber nachhaltig ist, muss zumindest stark bezweifelt werden. Sowohl der MACD als auch die Stochastik generieren ein unübersehbares Verkaufssignal und auch der RSI ist im Fallen begriffen und notiert mittlerweile sogar unter 50. Gleichzeitig ist es dem Markt nicht gelungen, die 18-Tage-Linie zu halten. Insgesamt müssen daher weitere Rücksetzer bis zur Unterstützung bei 127 US-Cents einkalkuliert werden. Eventuell wird sogar der nächste darunter liegende Support bei 122 US-Cents getestet. Gegenwärtig muss deshalb von Long-Engagements eher abgeraten werden.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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