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Sojabohnen: Long oder short?

14.08.2009  |  Marc Nitzsche (Rohstoff-Trader)
Nachdem die Sojabohnen-Notierungen im Monat Juni förmlich "unter die Räder" geraten waren und von 1.250 auf 900 US-Cents "abschmierten", konnten sich die Kurse zuletzt wieder erkennbar erholen und liegen gegenwärtig im Bereich von gut 1.150 US-Cents. Lohnen auf diesem Niveau noch Long-Spekulationen oder ist es ratsamer, auf fallende Preise zu setzen?


Versorgungslage entspannter aber keineswegs üppig

Unter fundamentalen Aspekten muss zunächst einmal festgestellt werden, dass sich die Versorgungssituation mit Sojabohnen in den USA im Vergleich zur am 31.08 endenden 2008/09er Saison merklich entspannt hat. Zum Ende des noch rund zwei Wochen laufenden Wirtschaftsjahrs geht das US-Landwirtschaftsministerium von Endbeständen in einer Höhe von 110 Millionen Scheffeln und einem Ending Stock to Use Ratio von vier Prozent aus.

Im kommenden Jahr erwarten die Behörden Vortragsbestände von 250 Millionen Scheffeln, was einen Anstieg des Verhältnisses zwischen Vorräten und Verbrauch auf acht Prozent nach sich zieht. Auf globaler Ebene wird die Sache ähnlich gesehen: Die weltweiten Bestände an Sojabohnen sollen 2009/10 von 41 auf 52 Millionen Tonnen ansteigen. Das Ending Stock to Use Ratio dürfte sich auf 22 Prozent belaufen.

Wenngleich diese Werte auf den ersten Blick erschreckend hoch erscheinen mögen, relativieren sich die Zahlen in der längerfristigen Betrachtung. Kein Frage: Ein gravierender Mangel an Sojabohnen wird aller Voraussicht nach nicht herrschen. Allerdings ist die Versorgungssituation auch keineswegs so üppig wie in den Jahre 2006 und 2007 als das Verhältnis zwischen Endbeständen und Verbrauch bei 16 bzw. 19 Prozent lag. Nichtsdestotrotz muss man aber sagen, dass Sojabohnen zu den derzeitigen Kursen sicherlich gut bezahlt sind, sofern die Prognosen tatsächlich eintreffen.


Ernteausfälle in den USA möglich

Ob dem jedoch so sein wird, ist zumindest fraglich. Denn in den Vereinigten Staaten besteht ein nicht zu unterschätzendes Risiko von Ernteausfällen, weil einige Pflanzen auf Grund ungünstiger Witterungsbedingungen verspätet ausgesät wurden. Deshalb ist es zwingend erforderlich, dass das Wetter in den kommenden Wochen und Monaten annährend perfekt bleibt. Obwohl sich zur Stunde 67 Prozent der Sojabohnen in den USA in einem guten bis ausgezeichneten Zustand befinden (im letzten Jahr waren es lediglich 63 Prozent) und die Bohnen als außergewöhnlich robuste Pflanzen gelten, könnte beispielsweise eine längere Dürre-Periode in den Hauptanbaugebieten schnell zu massiven Kursanstiegen führen.


Stark Rückläufige Erträge in Südamerika

In den zurückliegenden Jahren wurden Ernteausfälle in den USA häufig durch eine stetig steigende Produktion in Südamerika ausgeglichen. Dem wird in den nächsten Saison jedoch nicht mehr so sein. Überdurchschnittlich heißes und trockenes Wetter hat die Sojabohnen in Brasilien und Argentinien bereits derart stark geschädigt, dass mit einem Rückgang des Outputs um 17 Prozent gerechnet wird. Natürlich sind diese Zahlen in den jüngsten Prognosen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums bereits enthalten. Aber möglicherweise ist im Hinblick auf die südamerikanischen Erträge das "letzte Wort" noch nicht gesprochen und die Ernten fallen geringer aus. In diesem Fall dürften die Notierungen weiteres Aufwärtspotenzial haben.


Export-Schätzungen möglicherweise zu niedrig

Unser tendenziell vorhandener Optimismus hinsichtlich wenigstens moderater Kurszuwächse bei Sojabohnen gründet sich in erster Linie auf den amerikanischen Export. Bislang gingen die Ausfuhren in 2009 um zehn Prozent zurück und für das Gesamtjahr erwartet das US-Landwirtschaftsministerium ein Minus von neun Prozent. Nachdem die chinesische Konjunktur jedoch wieder sichtbar angesprungen ist (China ist einer der weltweit größten Importeure überhaupt) können wir uns vorstellen, dass die gegenwärtigen Schätzungen eventuell zu niedrig sind, vor allem auch weil noch nicht abzusehen ist, welche Auswirkungen die beiden kürzlich über Asien hinweg gefegten Taifune auf die chinesische Sojabohnen-Produktion haben.


"Bärische" Saisonalität

Gegen deutliche Kurszuwächse spricht demgegenüber die Saisonalität. Ihr jahreszeitliches Preishoch bilden Sojabohnen für gewöhnlich im Juni/Juli aus. Auch wenn sich die saisonalen Abschläge vom jetzigen Zeitpunkt aus bis Jahresende in einem überschaubaren Rahmen halten, lässt sich nicht leugnen, dass die Saisonalität keine Long-Unterstützung bietet und für die kommenden Monate eher "bärisch" ist.


Charttechnik noch ohne klare Signale

Charttechnisch sieht es in Bezug auf steigende Notierungen gar nicht so schlecht aus. Der August-Future hält sich wacker über seiner 18-Tage-Linie und der MACD generiert ein klares Kaufsignal. Auch der RSI ist noch im "bullischen" Bereich. Allerdings ist der letztgenannte Indikator bereits leicht im Fallen begriffen. Erschwerend kommt hinzu, dass die dynamischere Stochastik bereits auf "verkaufen" gedreht hat. So gesehen ist es fraglich, ob der zentrale Widerstand bei 1.200 Punkten nach oben durchbrochen werden kann. Erst wenn das geschieht, erachten wir Long-Engagements für ratsam. Short-Trades können nach einem Unterschreiten des Supports bei 1.100 Punkten in Betracht gezogen werden.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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