Wann findet Weizen einen Boden?


Kurzfristig kein Mangel an Chicago-Weizen
Laut dem Internationalen Getreiderat soll die weltweite Weizen-Produktion in diesem Jahr gegenüber 2006 um 34 auf 624 Millionen Tonnen zunehmen. Deutliche Ertragssteigerungen werden insbesondere für Europa, die GUS-Staaten, Südamerika, Indien und die USA erwartet. Auch für Australien sind die Experten optimistisch - vielleicht sogar zu optimistisch! Immerhin herrscht in "Down Under" nach wie vor eine regelrechte Dürre-Katastrophe. Und gegenwärtig sieht es nicht nach dringend benötigtem Regen aus, der den verdörrten Böden ausreichend Feuchtigkeit bescheren könnte. In den anderen aufgeführten Anbau-Regionen dürfte dank überwiegend günstiger klimatischer Verhältnisse die Winterweizen-Ernte recht üppig ausfallen. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass in den Vereinigten Saaten zwei Drittel bis drei Viertel der Weizen-Produktion für gewöhnlich auf Winterweizen entfallen. Eine echte Knappheit bei dem für Anleger wichtigen Chicago-Weizen droht somit vorerst nicht.
Mais-Daten könnten für Auftrieb sorgen
Dennoch sollten sich Anleger auf volatile Zeiten einstellen. Am Freitag veröffentlicht das US-Landwirtschaftsministerium seine neusten Schätzungen bezüglich der Endbestände und der Anbauflächen. Wenngleich die Anbauflächen für US-Winterweizen naturgemäß bereits feststehen (Aussaat erfolgte im Herbst 2006), sind die Daten nicht uninteressant. Sollten die offiziellen Prognosen für Mais nämlich erkennbar unter den Erwartungen des Markts zwischen 86 und 92 Millionen Acres liegen, könnte dies bei dem “gelben Getreide“ für eine “Rallye“ sorgen, die dann auch die Weizenpreise mit nach oben zieht. Natürlich ist ein solches Szenario nicht gänzlich auszuschließen, sehr wahrscheinlich erscheint es jedoch nicht. Die Mais-Notierungen sind trotz ihres jüngsten Rückgangs für die Farmer nach wie vor lukrativ genug, um möglichst viel des beliebten Futtergetreides anzupflanzen, vor allem weil sie mit der Ethanol-Industrie einen dankbaren Abnehmer haben.
Weizen ist “Menschen-Futter“ kein Tierfutter
Apropos Futtergetreide: Des Öfteren ist zu hören, dass Weizen wegen der Preisexplosion bei Mais zunehmend als Futtergetreide eingesetzt wird und der Verbrauch dadurch stark in die Höhe schnellt. Bei dieser These dürfte wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens sein. Bislang gab es lediglich aus dem Raum um Kansas Meldungen, wonach Weizen vermehrt bei der Tiermast Verwendung findet. In den anderen Bundessaaten wird nach wie vor Mais verfüttert - und das aus gutem Grund: Weizen ist nun einmal kein hochwertiges Tierfutter, Weizen ist “Menschen-Futter“. Zwar funktioniert die Mast auch mit Weizen, aber eben - vorsichtig ausgedrückt - suboptimal. Mais ist und bleibt für diesen Verwendungszweck einfach das beste Getreide. Mit einem wirklichen Nachfrageschub seitens der Fleisch-Produzenten sollte daher lieber nicht gerechnet werden.
Stopps bei Shorts eventuell nachziehen
Unterm Strich sind die fundamentalen Aussichten für “Weizen-Bullen“ kurzfristig daher eher bescheiden. Die wohl üppigen US-Winterweizen-Erträge könnten zu einem Anstieg der Lagerbestände führen, auch weil die Nachfrage nicht übermäßig zunehmen sollte. Nichtsdestotrotz bietet sich für vorsichtige Short-Spekulanten ein Nachziehen des Stopp-Kurses durchaus an. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Geschehnisse vor einigen Monaten: Damals publizierte das US-Landwirtschaftsministerium “bullishe“ News zu Mais aber eher “bärische“ Daten zu Weizen. Dessen ungeachtet stiegen die Weizen-Notierungen im “Schlepptau“ der “Mais-Hausse“ kräftig an. Eventuell sehen wir in den kommenden Tagen eine ähnliche Entwicklung. Auf dem jetzigen Niveau neue Short-Positionen in Weizen aufzubauen, halten wir jedoch für ziemlich riskant.
450 US-Cents entscheidende Marke
Obwohl die technische Situation ziemlich eindeutig auf weiter nachgebende Kurse hinweist: Der langfristige Aufwärtstrend ist zwar noch intakt, aber mittlerweile hat sich der Mai-Future diesem schon bedenklich angenähert. Sollte selbiger nach unten durchbrochen werden und gleichzeitig die Unterstützungsmarke bei 450 US-Cents fallen, könnte es schnell noch eine “Etage“ tiefer bis 420 US-Cents abwärts gehen. Ob es dazu jedoch kommt, bleibt abzuwarten. Obwohl der MACD aktuell ein Verkaufsignal generiert und sowohl das Momentum als auch der Williams (fallend und unter 100 bzw. unter -80) einen Fortgang der Kursschwäche implizieren, erscheint der Markt gegenwärtig etwas überverkauft. Aus diesem Grund könnte der Support bei 450 US-Cents durchaus das vorläufige Ende des Down-Moves markieren. Das jedoch ist mehr eine Vermutung, die Fakten sprechen eine klare Sprache: Aus technischer Sicht sollten die Weizenpreise weiter fallen!
© Marc Nitzsche
www.rohstoff-trader.de
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.de