Baumwolle - ´Bullenmarkt´ in Sicht?


Rückläufige US-Anbaufläche
Der Acreage-Report vom vergangenen Freitag legt diese Vermutung zumindest auf den ersten Blick nahe: Seitens des US-Landwirtschaftsministeriums wird die Anbaufläche für amerikanische Baumwolle bei 12,15 Millionen Acres gesehen (durchschnittliche Vorabschätzung 12,30 Millionen Acres). In 2006 betrug sie noch 15,27 Millionen Acres. Obwohl man die Daten durchaus als moderat ´´bullisch´´ bezeichnen kann, wollte unter den Händlern keine rechte Kauflaune aufkommen. Scheinbar traut der Markt den Prognosen nicht so richtig. Und das durchaus zu Recht:
Zweifel durchaus angebracht
So einfach wie viele sich das vorstellen mögen ist das "Switchen" zwischen verschiedenen Agrar-Rohstoffen nämlich nicht. Im Regelfall ist dies mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, zumal die Preise für Mais-Saatgut enorm angestiegen sind. Zudem eignen sich Böden, auf denen für gewöhnlich Baumwolle kultiviert wird, häufig nur eingeschränkt für das Anpflanzen von Getreide. Abgesehen davon darf nicht vergessen werden, dass der Baumwoll-Anbau in den USA nach wie vor staatlich subventioniert wird, weswegen es für die meisten Farmer unabhängig von den Marktpreisen wirtschaftlich lukrativ ist, Baumwolle zu produzieren. Aus den genannten Gründen lassen sich daher durchaus berechtigte Zweifel an den jüngsten Plantings-Prognosen der Behörden anmelden. Unterm Strich dürfte das Angebot an US-Baumwolle auch in der Saison 2007/08 wenigstens dann ausreichend hoch sein, wenn das Wetter einigermaßen mitspielt. Gravierende Versorgungsengpässe sehen wir aktuell keine.
Technik statt T-Shirts in China
Zu solchen könnte es lediglich für den Fall eines kräftigen Anstiegs insbesondere der chinesischen Nachfrage kommen. Damit ist aber nicht wirklich zu rechnen. Zwar läuft die Wirtschaft im "Reich der Mitte" nach wie vor "rund". Allerdings konzentrieren sich die Chinesen mittlerweile auf die Erzeugung hochwertigerer Güter. Die Zeiten als "Maos Söhne" bestenfalls T-Shirts produzieren konnten, sind wohl ein für allemal vorbei. Heute baut man in China lieber Elektronik-Artikel und seit neustem übrigens sogar Autos. Dass heißt natürlich nicht, dass die Textil-Branche in absehbarer Zeit vollständig verschwindet. Nur die exorbitanten Wachstumsraten wie in der Vergangenheit wird es künftig eher nicht mehr geben.
Mäßige Gewinnchancen bei Long-Engagements
Insgesamt können Anleger aus fundamentaler Sicht einen Long-Einstieg bei Baumwolle sicherlich wagen. Die Gewinnerwartungen sollten aber nicht zu hoch angesetzt werden. Lediglich für den nicht übermäßig wahrscheinlichen Fall, dass das US-Landwirtschaftsministerium mit seiner Anbauflächen-Schätzung richtig liegt und es darüber hinaus zu beträchtlichen Ernteeinbußen infolge von Trockenheit oder anderen Wetterkapriolen kommt, dürften die Notierungen der Naturfaser überproportional anziehen.
Charttechnisch schwer angeschlagen
Auch charttechnisch haben die "Bären" das "Zepter" weiterhin fest in der Hand. Sämtliche Abwärtstrends sind vollständig intakt und Baumwolle in der Mai-Auslieferung notiert zudem relativ deutlich unter der 38-Tage-Linie. Der kürzlich unternommene Ausbruchversuch über den Widerstand bei 54,20 US-Cents scheiterte kläglich. Positiv ist allein zu werten, dass Baumwolle derzeit im Bereich seiner recht haltbaren Unterstützung bei 53 US-Cents notiert, die in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrmals erfolgreich verteidigt wurde. Ob dies erneut gelingt, bleibt abzuwarten, zumal ein fallendes Momentum von 98,5 (unter 100) und ein Williams von -85 (unter -80) auf eine weitere Schwächephase des Kursverlaufs hindeutet. Erschwerend kommt hinzu, dass der MACD derzeit ein klares Verkaufssignal generiert. Technisch ist eine Trendwende nach oben somit nicht in Sichtweite.
Fazit:
Insgesamt ist Baumwolle Long derzeit nur etwas für erklärte "Technik-Gegner". Allerdings sollten auch diese beachten, dass die Anbauflächen möglicherweise höher ausfallen als zuletzt prognostiziert und die chinesische Nachfrage eher stagnieren dürfte. Short-Positionen, die sich charttechnisch ohne jeden Zweifel anbieten, sind jedoch auch mit Vorsicht zu genießen, da Baumwolle auf dem jetzigen Niveau bereits vergleichsweise billig ist.
© Marc Nitzsche
www.rohstoff-trader.de
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.de