Rohstoff-Trader: Benzin - Bald neue All-Time-Highs?


Schrumpfende US-Lagerbestände
Die amerikanischen Benzin-Lagerbestände gehen nunmehr seit sechs Wochen kontinuierlich zurück. Insgesamt summierte sich das Minus auf fast 15 Millionen Barrel. Damit belaufen sich die US-Vorräte auf nur noch etwa 205 Millionen Barrel und liegen klar im unteren Bereich ihrer 18-Jahresspanne zwischen 195 und 230 Millionen Barrel für die Zeit Anfang April.
Amerikanische Raffinerien teilweise in desolatem Zustand
Hauptursache für die Knappheit ist der teilweise desolate Zustand vieler Raffinerien in den Vereinigten Staaten. Laut Experten haben es die Betreiber in den zurückliegenden Jahren trotz ansehnlicher Gewinne versäumt, notwendige Instandhaltungsmaßnahmen vorzunehmen. Dies wiederum führt nun zu vermehrten Ausfällen. Erschwerend kam hinzu, dass schärfere Umweltauflagen die Wirtschaftlichkeit und damit den dringend erforderlichen Ausbau der Kapazitäten bremsen. Mittlerweile scheint bei den ´´Öl-Multis´´ zwar ein Umdenkungsprozess einzusetzen, nicht zuletzt wegen den vor einiger Zeit bekannt gewordenen Sicherheitsmängeln bei BP, die zu verheerenden Unglücken geführt haben. Kurzfristig jedoch wird dies an der Gesamtsituation kaum etwas ändern: Eine wirkliche Modernisierung der alterschwachen Raffinerien dauert Jahre. In den nächsten Wochen werden daher Versorgungsängste ein ständiger Begleiter des Markts bleiben.
Anhaltend hoher Verbrauch
Zumal die so genannte ´´Driving Season´´ unmittelbar vor ihrem Start steht. Mitte 2006 sah es zeitweise noch so aus, als würden die US-Bürger angesichts der Rekord-Notierungen bei Rohöl- und Benzin vermehrt auf die überaus beliebten Sprit fressenden Geländewagen und SUVs verzichten. Die anschließenden Preisrückgänge haben diese Hoffnung allerdings weitgehend wieder zunichte gemachte. Zugegeben: Hersteller wie Chrysler und Ford, deren Angebotspalette mehrheitlich aus Fahrzeugen mit einem völlig unzeitgemäßen Spritverbrauch besteht, hatten zuletzt massive Absatzprobleme. Doch in absoluten Zulassungszahlen sind diese ´´Mini-Monster-Trucks´´ immer noch erschreckend beliebt. Im Gegenzug können kann sich die Mehrheit der Amerikaner – aus welchen Gründen auch immer – nicht mit modernen und sparsamen Dieselfahrzeugen anfreunden. Mit einer signifikanten Reduzierung des US-Benzinverbrauchs sollte in diesem Jahr daher eher nicht gerechnet werden.
Produktionsausfälle während Hurrikan-Saison
Nicht vergessen wollen wir auch die Hurrikan-Saison. Bis zum offiziellen Beginn ist zwar noch etwas Zeit. Aber angesichts des milden Winters rechnen viele Meteorologen mit einer Vielzahl intensiver Wirbelstürme. Die schlimmsten Befürchten werden sich aller Voraussicht nach nicht erfüllen, aber bereits eine nur leicht überdurchschnittliche Saison ist durchaus in der Lage, schwere Schäden an den US-Raffinieren zu verursachen, die zu beträchtlichen Förderausfällen führen können.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in diesem Sommer eine steigende oder zumindest auf hohem Niveau stagnierende Benzinnachfrage auf ein verringertes Angebot trifft. Genau das ist aus fundamentaler Sicht der Stoff, aus dem Kurszuwächse bei den Benzin-Notierungen gemacht sind.
Technisch stark, aber kleinere Rücksetzer möglich
Charttechnisch sieht der Juni-Future für unverbleites Benzin dagegen erstklassig aus: Der Abwärtstrend seit August vergangenen Jahres ist klar nach oben durchbrochen worden und seit Anfang 2007 hat sich ein überaus stabiler neuer Aufwärtstrend etabliert. Die ehemaligen Widerstände bei 184 und 195 US-Cents wurden problemlos überwunden und fungieren jetzt als Unterstützungen. Der MACD generiert ein unübersehbares Kaufsignal und auch das Momentum mit 108 (über 100) und der Williams mit -9,8 (über -20) liegen erkennbar im ´´bullischen´´ Bereich. Eigentlich überflüssig zu erwähnen ist, dass der Juni-Future komfortabel oberhalb seiner 38-Tage-Linie notiert.
Ob allerdings der nächste Resist bei etwa 215 US-Cents ebenfalls im sprichwörtlichen ´´Schweinsgalopp´´ ´´geknackt´´ werden kann, bleibt abzuwarten, zumal der Markt aktuell ein wenig überkauft wirkt und das Momentum derzeit leicht im Fallen begriffen ist. Aus diesen Gründen ist eine kleinere Korrektur nach unten in den nächsten Tagen nicht völlig auszuschließen. Einen Test des Resists bei 195 US-Cents erachten wir aber für eher unwahrscheinlich. Kurse unterhalb von 200 US-Cents stellen daher nach unserer Einschätzungen eine gute Gelegenheit dar, sich auf der langen Seite zu positionieren.
© Marc Nitzsche
www.rohstoff-trader.de
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.de