Getreide, Sojabohnen: Das Wetter macht derzeit die Musik

Begleitet und begünstigt wurden die Preisbewegungen dadurch, dass die spekulativen Anleger ihre Positionen deutlich veränderten. Noch in der Woche zum 15. Mai hatten sie ihre Netto-Short-Positionen weiter ausgebaut. Diese erreichten mit über 55 Tsd. Kontrakten ein Niveau wie zuletzt im Juni 2010. In der Folgewoche dann hatte die Positionierung auf netto-long gedreht, was sich allerdings als ein kurzes Zwischenspiel erwies. Die bedenklichen Wettermeldungen und ihre Folgen haben in der zweiten Juni-Hälfte die Weizenpreise wieder stark anziehen lassen. In den bisherigen CFTC-Daten, die nur bis zum 19. Juni reichen, zeigt sich dies allerdings noch nicht.

In Paris hat der meistgehandelte Kontrakt (Fälligkeit November) Mitte Mai ebenfalls kräftig um 11% zugelegt und befand sich damit im Gleichklang mit der Bewegung in Chicago. In der zweiten Monatshälfte konnte sich der europäische Preis nach den Abwärtsrevisionen der Ernteaussichten für die EU und der Schwarzmeerregion etwas nach oben von den US-Notierungen absetzen. Makroökonomische Daten und die allgemeine Marktstimmung schlagen derzeit insbesondere über den Euro-Wechselkurs auf die Preise in Paris durch.
Wir erwarten, dass sich der Weizenpreis an der Börse in Chicago in den nächsten Monaten um die 670 US-Cents je Scheffel bewegen sollte. Für das vierte Quartal 2012 prognostizieren wir mit einem Preis von 680 US-Cents je Scheffel ein etwas höheres Niveau. Dies vor allem deshalb, weil uns noch immer einige Abwärtsrisiken auf der Angebotsseite zu bestehen scheinen.
Mais:
Auch der Markt für Mais steht derzeit stark unter dem Eindruck wechselnder Wetteraussichten für die USA. Ungewöhnlich warme und trockene Witterung hat Befürchtungen genährt, die Maispflanzen könnten nicht ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt werden. Dies manifestiert sich auch in einer Verschlechterung der wöchentlichen Bewertung der Pflanzenqualität durch das USDA. Kaum werden dann Regenfälle prognostiziert, geht es für die Preise bergab, wie zuletzt gesehen, was den Preis Anfang Juni auf ein 17-Monatstief drückte, bevor die Preise wieder stiegen, als es bei der trockenen und heißen Witterung blieb.
Dass die Preise inzwischen deutlich unter dem Niveau von vor einem Jahr liegen, ist fundamental durchaus gerechtfertigt. Denn in 2011 wurde davon ausgegangen, dass die Saison 2011/12 mit einem weiteren Defizit enden würde nach dem bereits stark defizitären Vorjahr 2010/11. Dass sich dies nun nicht zu bewahrheiten scheint - zuletzt prognostizierte das USDA durch eine überraschend gute brasilianische Ernte sogar ein Plus - drückt nun die Preise zusätzlich. Bereits zuvor hat sich der Markt auf eine starke Angebotsausdehnung in der kommenden Saison eingestellt, die das USDA auf knapp 9% und der International Grains Council auf gut 5% schätzt.
Mit 950 Mio. Tonnen liegt die USDA-Schätzung deutlich höher als die des IGC mit 913 Mio. Tonnen. Zwar schätzt das USDA auch die Nachfrage nach Mais deutlich höher als der IGC. Im Saldo aber erwartet das USDA mit einer Schätzung von über 26 Mio. Tonnen einen mehr als doppelt so hohen Überschuss in 2012/13 wie der IGC. Gegenüber der enttäuschenden Ernte der USA in 2011 schätzt das USDA alleine dort das Plus auf fast 20% auf rekordhohe 376 Mio. Tonnen, was zum Teil auf eine kräftige Flächenausweitung, zum Teil auf einen rekordhohen durchschnittlichen Ertrag von 166 Scheffel je Morgen zurückgehen soll.
Die frühe zügige Aussaat hat diese Erwartung noch beflügelt. Allerdings sind die früh ausgesäten Flächen nun besonders anfällig, wenn sich das geringe Niederschlagsniveau im Mittleren Westen der USA noch länger fortsetzt. Kritische Stimmen erwarten bereits nur noch eine US-Erntemenge von 13,65 Mrd. Scheffel (Lanworth). Dies ließ die Maispreise zuletzt wieder auf über 600 US-Cents je Scheffel steigen. In seiner Juni-Prognose schloss sich das USDA allerdings dieser Sichtweise nicht an, sondern ließ die Zahlen gegenüber dem Vormonat unverändert.
Das USDA kalkuliert trotz einer deutlichen Verschlechterung des Pflanzenzustands in den vergangenen Wochen weiterhin mit einem rekordhohen durchschnittlichen Flächenertrag von 166 Scheffel je Morgen. Laut aktuellem USDA-Erntefortschrittsbericht befanden sich Ende letzter Woche 56% der Maispflanzen in gutem oder sehr gutem Zustand. Das waren 13 Prozentpunkte weniger als der 5-Jahresdurchschnitt (Grafik 4).
Vor zwei Jahren, als letztlich ein Flächenertrag von 153 Scheffel je Morgen erzielt wurde, lag der Anteil der Maispflanzen in gutem und sehr gutem Zustand zu gleichen Zeit im Juni bei 75% und bei Erntebeginn drei Monate später bei knapp 70%. In den letzten fünf Jahren hat sich der Pflanzenzustand von Anfang Juni bis Anfang September um durchschnittlich acht Prozentpunkte verschlechtert. Selbst wenn es in diesem Jahr gelingen sollte, den derzeitigen Pflanzenzustand bis zum Erntebeginn beizubehalten, dürfte die US-Maisernte weniger als 14 Mrd. Scheffel betragen und damit ca. 1 Mrd. Scheffel niedriger ausfallen als vom USDA bislang erwartet.