Rohstoffe kompakt Energie - Ausblick 2008

In den Schwellenländern sind die Einflussfaktoren auf die Energienachfrage andere: Die schnell fortschreitende Industrialisierung spricht vor allem in China für eine nach wie vor hohe Zuwachsrate bei der Energienachfrage. Vor allem der Transportsektor entwickelt sich mit einer immensen Dynamik. IEA-Schätzungen zufolge dürfte allein aus diesem Grund die Ölnachfrage in den kommenden fünf Jahren jährlich um 0,8 Mio. Fass pro Tag zunehmen. Und während in den Industrienationen die deutliche Verteuerung des Treibstoffs starke Anreize zur Sparsamkeit gibt, sind die Preise in China und Indien noch immer hoch subventioniert. Auch wenn diese zuletzt angehoben wurden, fiel die Verteuerung merklich geringer aus als an internationalen Rohstoffmärkten. Der Bremseffekt ist entsprechend geringer. Allerdings gibt es erste Hinweise, dass sich die Wachstumsdynamik in China im laufenden Jahr leicht abschwächen wird. Wir rechnen mit einer im Trend der letzten Jahren liegenden Zunahme von gut 1 Mio. Fass pro Tag.
Wie Tabelle 1 zeigt wird sich die Bilanz aus Angebot und Nachfrage alles in allem im laufenden Jahr verbessern: Nach einem Defizit von 0,4 Mio. Fass im letzten Jahr dürfte die Bilanz im laufenden Jahr ausgeglichen sein.

Annahme: Keine Verschärfung der geopolitischen Spannungen
Neben den Fundamentaldaten sind die “weichen“ Faktoren zu berücksichtigen: Zu großen Ausschlägen kann vor allem das geopolitische Umfeld führen. Diese Risiken sind aber kaum abzuschätzen. Wohl wissend, dass die geopolitische Lage angespannt ist - der schwelende Atomstreit des Westens mit dem Iran, die instabile Lage in Nigeria, aber auch die nach wie vor angespannte Lage im Nahen Osten - haben wir für unsere Prognose unterstellt, dass sich die geopolitischen Spannungen nicht weiter verschärfen.
Einfluss der Finanzakteure
Zweiter wichtiger Faktor ist das Anlegerinteresse. Im vergangenen Jahr, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, haben sich Rohstoffe unter anderem Dank der positiven Entwicklung bei Rohöl am besten entwickelt. Rohstoffe wurden damit als Sicherungsmöglichkeiten für Portfolios in Krisenzeiten entdeckt. Hinzu kam, dass sich die Terminkurve zurück in Backwardation drehte und damit eine Long-Position für passiv-orientierte Investoren durch die Chance auf Rollgewinne zusätzlich interessant wurde. Dennoch gilt: Das Anlegerverhalten kann die Rohstoffpreise in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Mit anderen Worten: auch eine Abwärtstendenz kann durch spekulative Kräfte verstärkt werden. Deshalb ist dieser Einflussfaktor ebenfalls schwer zu beurteilen.
Der Dollar
Nicht zuletzt ist der Einflussfaktor Dollar abzuwägen: Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Verbund zwischen Öl und dem US-Dollar in der Vergangenheit nicht diese Enge zeigte bzw. sogar gegenläufig war. Setzen wir aber einmal die enge (inverse) Korrelation als gegeben voraus, so dürfte die von unseren Volkswirten ab Sommer prognostizierte Aufwertung des Dollar den Rohölpreis zusätzlich unter Druck setzen: Nach einem sehr schwachen ersten Quartal, in dem der Dollar bis auf 1,54 je Euro abwerten dürfte, sollte sich der Greenback bis Jahresende auf 1,42 festigen.
Rohöl und Destillatpreise 2008 unter Druck
Alles in allem erwarten wir deshalb ein Nachgeben der Ölpreise im laufenden Jahr. Abgesehen von den saisonal bedingten Anstiegen im Frühjahr, zu Beginn der Reisezeit in den USA, sowie im Spätsommer im Vorfeld der Hurrikan-Saison rechnen wir mit einer fallenden Tendenz. Im Jahresdurchschnitt 2008 dürfte ein Fass Brentöl 80 Dollar kosten. In der Tendenz werden die Preise für Destillate diesem Trend folgen. Dabei ist allerdings das saisonales Verlaufsmuster zu beachten. Während die Diesel- und Heizölpreise in den kommenden Monaten eher stärker fallen sollten, dürften sich die Benzinpreise im Frühjahr relativ verteuern. Eine ähnlich starke Ausweitung der Marge wie im Frühsommer 2007 erwarten wir allerdings nicht.