Sojabohnen: Lohnt jetzt noch der Long-Einstieg?


Übertragrate weiter rückläufig gesehen
Am vergangenen Freitag veröffentlichte das US-Landwirtschaftsministerium seinen aktuellen “Supply and Demand Report“. Für Sojabohnen war der Bericht bemerkenswert „bullisch“: Die Schätzungen bezüglich der Endbestände zum 31. August 2008 wurden von zuvor 185 auf nur noch 175 Millionen Scheffel zurückgenommen. Im letzten Jahr befanden sich noch sage und schreibe 574 Millionen Scheffel in den amerikanischen Silos. Das viel beachtete “Ending Stock to Use Ratio“ sehen die Experten für die laufende Saison bei sechs Prozent. Dies ist der niedrigste Wert der vergangenen vier Jahre. Auf globaler Ebene sieht es etwas besser aus: Hier rechnet die Behörde mit einem Rückgang der Vorräte von 62 auf 46 Millionen Tonnen, was aber immer noch einem Verhältnis zwischen Beständen und Verbrauch von 20 Prozent entspricht.
Lediglich geringe Ausweitung der US-Anbauflächen
Als Gründe für die angespannte Versorgungssituation lässt sich zum einen die um etwa zwölf Prozent reduzierte Anbaufläche in den USA ausmachen. Zudem waren die Witterungsbedingungen über weite Strecken der Anpflanzungs-Phase nicht optimal. Von daher ist es nachvollziehbar, dass die Ertragsprognose knapp 19 Prozent unter dem Vorjahres-Niveau prognostiziert wird. In diesem Jahr werden die Ackerflächen angesichts des für die Farmer lukrativen Preis-Niveaus zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeweitet. Da allerdings auch der Mais-Anbau derzeit überaus rentabel ist, muss man sehen, wer aus dem “Kampf um die Anbauflächen“ schlussendlich als Sieger hervorgeht. Wir erwarten bestenfalls einen moderaten Anstieg der Sojabohnen-Anpflanzungen, weil Mais einfacher zu kultivieren und noch robuster gegen Schädlingsbefall oder Wetter-Kapriolen ist. Keith Collins, seines Zeichens Chief Econimist des US-Landwirtschaftsministeriums nannte kürzlich ein mögliches Plus von neun Prozent.
Geringes Produktionswachstum in Südamerika
Für viele Marktteilnehmer überraschend kam die Aussage des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums, dass man die brasilianische und argentinische Sojabohnen-Ernte in diesem Jahr lediglich ein Prozent höher schätzt. In den zurückliegenden Wirtschaftsjahren war in diesen Ländern eine deutlich größere Steigerung des Outputs zu verzeichnen. Sollte diese Vorhersage tatsächlich eintreffen, dürften wir das Hoch bei den Sojabohnen noch längst nicht gesehen haben.
Hohe China-Importe wegen Missernte
Entscheidend zu der “Rallye“ beigetragen hat darüber hinaus die Missernte in China im zurückliegenden Jahr. Die extreme Trockenheit im Nordosten des “Riesenreichs“ führte zu einem Rückgang der Sojabohnen-Erträge auf 14,4 Millionen Tonnen. Im historischen Vergleich ist dies einer der geringsten Werte überhaupt. Von daher verwundert es nicht, dass das chinesische Kaufinteresse momentan außerordentlich hoch ist. Im Oktober 2007 lagen die Einfuhren 27 Prozent höher als ein Jahr zuvor. In einzelnen Wochen erwarben die Chinesen ganze zwei Drittel der amerikanischen Exporte.
Geringere US-Ausfuhren prognostiziert
Dessen ungeachtet prophezeit das US-Landwirtschaftsministerium für die Saison 2007/08 einen elfprozentigen Rückgang der Ausfuhren. Bislang beläuft sich das Minus auf sechs Prozent. Die derzeit doch sehr hohen Notierungen werden damit nicht ohne Wirkung bleiben. Gerade für die Erzeuger von Bio-Kraftstoff stellen vierstellige Sojabohnen-Kurse ein echtes Problem dar. Hinzu kommt, dass es in China gesetzlich untersagt ist, genetisch veränderte amerikanische Sojabohnen für die Herstellung von Grundlebensmitteln zu verwenden.
Weitere Kursanstieg fundamental möglich
Auch wenn dem Markt ein gewisses spekulatives Element nicht abzusprechen ist, bleibt festzustellen, dass der Anstieg der Sojabohnen-Preise fundamental durchaus unterlegt ist. Sollte die kommende Wachstumsperiode in den USA durch Überflutungen oder zu große Hitze beeinträchtigt werden, können wir uns einen finalen Anstieg der Notierungen auf 1.400 oder sogar 1.500 US-Cents problemlos vorstellen.
Außerordentlich „bullische“ Charttechnik
Auch charttechnisch präsentieren sich die Sojabohnen “bestens in Form“. Der langfristige Aufwärtstrend seit Dezember 2006 ist vollständig intakt und sogar der steilere “Up-Move“ seit Mitte August letzten Jahres hat Bestand. Im Bereich von 1.350 US-Cents zeigt sich beim März-Future ein kleiner Widerstand. Die jüngsten Rücksetzer sollten jedoch keinesfalls überbewertet sondern eher als eine “gesunde“ Korrektur gesehen werden. Denn nach wie vor notieren Sojabohnen signifikant über ihren wichtigen gleitenden Durchschnitten (38- und 18-Tage-Linien). Der MACD generiert unverändert ein Kaufsignal und auch der RSI ist mit 76,5 im “bullischen“ Bereich angesiedelt. Von einer Top-Bildung oder gar einer Trendwende nach unten kann zur Stunde demnach nicht die geringste Rede sein. Technisch stehen die “Ampeln“ nach wie vor auf “grün“ und implizieren weitere Kursanstiege.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de