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Kaffee: Weiter aufwärts oder baldige Korrektur?

01.02.2008  |  Marc Nitzsche
Man mag es kaum glauben, aber Kaffee ist nach Rohöl der am zweithäufigsten gehandelte Rohstoff weltweit. Dies liegt jedoch weniger daran, dass die Menschheit Unmengen der aromatischen Bohnen konsumiert. Hauptgrund ist vielmehr, dass der Markt bei Spekulanten außerordentlich beliebt ist. Das sorgt für eine teilweise fast schon beängstigende Volatilität, die wiederum andere Trader in den Markt treibt. Wer also bei Kaffee den richtigen "Riecher" hat, kann in kürzester Zeit enorme Gewinne einfahren. Insofern stellt sich die Frage, ob die nächste starke Bewegung aufwärts oder eher abwärts gerichtet ist.


Lagerbestände auf historischem Tief

Gegenwärtig ist die Versorgungs-Situation bei dem beliebten Rohstoff ziemlich angespannt. Angesichts der unterdurchschnittlichen Ernte-Erträge in den vergangenen Jahren bewegen sich die Arabica-Lagerbestände auf einem historischen Tief. Zum Ende des Wirtschaftsjahrs 2007/08 am 30. September sollen sich laut den jüngsten Prognosen des US-Landwirtschaftsministeriums nur noch 16,8 Millionen Säcke in den US-Lagerhallen befinden. Das Ending Stock to Use Ratio wird bei 14 Prozent gesehen, was dem niedrigsten Wert seit 1961 entspricht. Zurückzuführen ist dieser Umstand in erster Linie auf die mit nur 37,6 Millionen Säcken überaus schwache Brasilien-Ernte. Bei solchen Zahlen könnte man annehmen, dass Kaffee unmittelbar vor einer gewaltigen "Preis-Explosion" steht.


Üppige Ernte in der nächsten Saison angekündigt

Doch Vorsicht: Der Markt richtet seinen Fokus bereits auf die kommende Saison. Und hier sieht es weit weniger "bullisch" aus. Für 2008/09 stellte die Internationale Kaffee-Organisation in ihrem Dezember-Report sogar einen Produktions-Überhang in Aussicht. Bei einem globalen Verbrauch von 123 Millionen Säcken wird ein Output von 124,5 Millionen Bags prophezeit. In der laufenden Saison wird lediglich mit Erträgen von 118,9 Millionen Säcken gerechnet.


Brasilianische Prognose gewohnt niedrig

Insbesondere im "Land am Zuckerhut" erwarten die Experten eine deutlich größere Erntemenge. Anfang November sprach ein namhafter Analyst von einem Output im Bereich von 50 Millionen Säcken. Bekanntlich unterliegen die Erträge der Kaffee-Sträucher zyklischen Schwankungen. In den vergangenen Jahren hatten wir diesbezüglich ein Tief. 2008/09 jedoch wird sich die Lage signifikant verbessern und die Pflanzen dürften deutlich mehr "abwerfen". Die brasilianischen Behörden selbst scheinen diese Tatsache größtenteils zu ignorieren. Vor etwa drei Wochen wurden die ersten Schätzungen veröffentlicht, die mit 42,75 Millionen Bags erkennbar unter den Prognosen der Analysten lagen. Trotzdem gerieten die Kurse in der Folgezeit unter Abgabedruck. Die brasilianischen Behörden sind bekannt dafür, dass sie ihre Schätzungen bewusst niedrig ansetzen, um die Preise hoch zu halten. Ungeachtet des trockenen Herbsts in Brasilien, der die Blüte-Phase beeinträchtigt hat, erwarten wir einen deutlich höheren Output. Ob es schlussendlich mehr 50 Millionen oder mehr Bags werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt in Anbetracht der Wetter-Risiken zwar noch nicht sagen. Aber wenn das Klima "mitspielt" sollten es wenigstens 46 bis 47 Millionen Säcke werden.


Weltweit steigender Konsum

Anhaltend positiv dürfte sich demgegenüber die Nachfrage entwickeln. Insbesondere in dem eigentlich als "Tee-Trinker-Nation" bekannten China ist bereits seit längerem ein Trend dahingehend zu beobachten, dass vermehrt Kaffee konsumiert wird. Diese Angleichung an die westlichen Ernährungsgewohnheiten wird sich unserer Einschätzung nach fortsetzen. Deshalb wollen wir nicht ausschließen, dass die bislang erwartete Nachfrage sich als zu konservativ entpuppt. Unterm Strich sollte es daher - wenn überhaupt - lediglich zu einem ganz kleinen Überschuss kommen.


Fundamental kaum Aufwärts-Potenzial

Dieser dürfte die Preise nicht nachhaltig belasten, da hierfür die Lagerbestände einfach zu gering sind. Einen Anstieg der Vorräte um ein oder maximal zwei Millionen Säcke sollte der Markt auf dem derzeitigen Preis-Niveau recht problemlos "verdauen" können. Problematisch könnte es erst ab einer Über-Produktion von vier bis fünf Millionen Bags werden, die aber zum jetzigen Zeitpunkt recht unwahrscheinlich ist. Allerdings lässt sich nicht abstreiten, dass es zur Stunde Agrar-Güter gibt, bei denen die Fundamentals weitaus "bullischer" sind als bei Kaffee. Wenngleich wir keinen massiven Preisverfall erwarten, spricht die fundamentale Situation mittelfristig eher für fallende als für steigende Notierungen.


Charttehnisch noch relativ "bullisch"

Charttechnisch stellt sich die Ausgangs-Situation im Hinblick auf steigende Notierungen gar nicht einmal schlecht dar: Der seit Sommer letzten Jahres vorherrschende Aufwärtstrend ist trotz der jüngsten Rücksetzer unverändert intakt. Ein positives Zeichen ist zudem, dass der wichtige Support bei 130 US-Cents bislang verteidigt werden konnte. Gleichzeitig konnten am Montag auch die 38- und die 18-Tage-Linie zurückerobert werden, was den "Haussiers" weiteren "Rückenwind" geben könnte. Die Stochastik liefert bereits ein Kaufsignal und auch der MACD könnte ein solches in Kürze generieren. Geschieht dies, erwarten wir einen nochmaligen Test der Widerstandsmarke bei etwa 138 US-Cents in der März-Lieferung. Ein Ausbruch über diesen Resist würde ein charttechnisches Kurs-Potenzial bis 145 US-Cents freisetzen. Auf Grund der geschilderten Fundamentals erachten wir dieses Szenario jedoch nicht für übermäßig wahrscheinlich. Unter technischen Gesichtspunkten spricht jedoch einiges dafür, dass Kaffee kurzfristig noch ein bisschen anstiegen kann.


© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader







Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de
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