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Europas schwache Gasnachfrage bremst Preis

27.10.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Früher hätte der Preisrückgang am Ölmarkt auch die europäischen Gaskonsumenten erfreut. Heute sind jedoch nur noch weniger als die Hälfte aller Verträge an den Ölpreis gekoppelt; für die anderen bestimmt sich der Preis an den immer liquideren Spotmärkten. Hier sind die Preise zwar zuletzt gestiegen, aber noch immer deutlich niedriger als vor einem Jahr.

Wir sehen auch auf lange Sicht wenig Preissteigerungspotenzial. Denn die europäische Gasnachfrage dürfte zwar im laufenden Jahr ihr Tief gesehen haben, aber das Wachstumspotenzial ist begrenzt. Schließlich bemühen sich die privaten Haushalte um Energieeffizienz, und für die Versorger bleibt die gasbasierte Stromproduktion sehr teuer.

Der massive Verfall der Ölpreise um 25% binnen vier Monaten hätte noch vor wenigen Jahren auch die meisten europäischen Gasverbraucher jubeln lassen. Schließlich waren die Gaspreise in Kontinentaleuropa überwiegend an die Ölpreisentwicklung gekoppelt. Doch mittlerweile machen laut Schätzungen langjährige Kontrakte mit Ölpreisbindung nur noch die Hälfte des Gashandels in Europa aus.

Der Handel an den Börsen hat mächtig aufgeholt und macht in Nordwest-Europa sogar über 70% des Handels insgesamt aus. Und die Entwicklung der Spotpreise gab Konsumenten zuletzt wenig Anlass zur Freude: So hat sich Gas an dem mit Abstand wichtigsten europäischen Markt, dem britischen virtuellen Handelsknoten NBP in den letzten Monaten anders als Öl deutlich verteuert. Mitte Oktober notiert der nächstfällige Monatskontrakt für Gas mit knapp 55 Pence je Therm gut 50% höher als Mitte Juli.

Damit ist Gas allerdings noch immer deutlich günstiger als im Vorjahr. Denn in der ersten Jahreshälfte hatte sich der britische Gaspreis gegenüber seinem Hoch Anfang Dezember halbiert. Nachgegeben hatte im Zuge dessen auch der deutsche Grenzübergangspreis (BAFA-Preis), der zunehmend von Spotpreisen bestimmt wird, aber aufgrund des weiterhin hohen Anteils an ölpreisindexierten langfristigen Verträgen deutlich träger reagiert.

Dass sich Gas trotz der Ukraine-Krise in Europa so stark verbilligt hat, war vor allem der schwachen Nachfrage in Europa geschuldet: In allen Nachfragesektoren - in der Stromerzeugung, in der Industrie sowie in privaten Wohngebäuden und im Gewerbe - ist der Bedarf schon seit geraumer Zeit rückläufig; die milde Witterung in der ersten Jahreshälfte bremste jedoch zusätzlich kräftig.

In Großbritannien, dem nach Deutschland zweitgrößten Gasverbraucher in der Europäischen Union (Tabelle 1), war die Gasnachfrage im ersten Quartal 18% niedriger als im Vorjahr. In den ersten neun Monaten war insgesamt ein Rückgang von 10% zu verbuchen. In Deutschland betrug das Minus bis August – neuere Daten liegen noch nicht vor – ebenfalls 13,5%. Mit der geringen Nachfrage füllten sich die Lager immer stärker: Seit Ende Januar sind nun die Speicherstätten, die in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind und sich mittlerweile auf 100 Mrd. Kubikmeter belaufen, für die Jahreszeit überdurchschnittlich befüllt.

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Je stärker die Auslastung das für die Jahreszeit übliche Niveau übertraf, desto stärker sank der Preis an den Spotmärkten (Grafik 2). Dies war bis Mitte März der Fall, wobei sich der Preisrückgang saisonbedingt noch bis zum Sommer fortsetzte.

Die Faktoren für die Nachfrageschwäche der letzten Jahre in Europa sind vielfältig: massiv eingebrochen ist vor allem die Nachfrage der Versorger. Der Bedarf im Stromsektor, der rund 30% der europäischen Nachfrage ausmacht, lag im vergangenen Jahr knapp 30% unter dem Niveau von 2010 (Grafik 3). Vor allem die erstarkte Konkurrenz von Kohle und Erneuerbaren Energien spielt hier eine wichtige Rolle: Kohle hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbilligt.




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