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Naturkautschuk: Kein heißer Reifen

12.03.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Die Preise für Naturkautschuk stehen weiter auf der Bremse. In Singapur stocken sie unweit eines 6-Jahrestiefs. Dabei war in 2014 bei steigender Nachfrage die Produktion rückläufig. Dies führte bereits zu einer deutlichen Einengung der in den Vorjahren von erheblichen Überschüssen gekennzeichneten Marktbilanz. Auch 2015 und 2016 soll die Produktion nur marginal über der Nachfrage liegen. Dies dürfte den Preisen aber erst mittelfristig aufhelfen. Zu stärkeren Preisanstiegen könnte es kommen, wenn sich die Anbieterländer auf produktionsbeschränkende Maßnahmen einigen.

An der Terminbörse in Singapur handelt Kautschuk noch immer nahe des niedrigsten Standes seit sechs Jahren. Innerhalb der letzten 12 Monate hat Kautschuk in Singapur damit nochmals fast ein Viertel an Wert eingebüßt und notiert nur noch bei knapp 145 USCents je kg.

Stark steigende und in der Spitze bei über 550 US-Cents je kg liegende Preise in den Jahren 2010/11 führten zur Anpflanzung neuer Plantagen und mit Verzögerung zu einem höheren Angebot an Naturkautschuk. Dieses ist stark auf Asien konzentriert. Thailand, Indonesien, Vietnam und Malaysia stellen gemeinsam etwa drei Viertel des Angebots. In Folge der Produktionsausdehnung haben jahrelange Überschüsse die globalen Lagerbestände in die Höhe getrieben und die Preise auf Talfahrt geschickt.

Auf die in US-Cents notierten Preise in Singapur drückt der starke US-Dollar zusätzlich. Der Eintritt in die produktionsschwächere Phase des Jahres ("wintering") hat den Preisen zuletzt nur wenig aufgeholfen. In dieser Zeit, die in den größten Produzentenländern von Februar bis April andauert, verlieren die Kautschukbäume ihre Blätter und die Ernte des Kautschukmilchsafts Latex ("tapping") wird vorübergehend eingestellt, da sich die Konsistenz des Safts ändert.

Die niedrigen internen Preise in den wichtigen Produzentenländern sorgten 2014 dafür, dass das Angebot laut International Rubber Study Group (IRSG) bei knapp über 12 Mio. Tonnen stagnierte, da die Erntearbeiten, bei denen die Kautschukbäume eingeritzt und die Eimer zum Auffangen des Latex regelmäßig geleert werden, eingeschränkt wurden. Da die Nachfrage laut IRSG um 5% auf 11,9 Mio. Tonnen zulegte, verringerte sich der Überschuss am globalen Markt für Naturkautschuk 2014 auf 76 Tsd. Tonnen. In den Vorjahren hatten die Überschüsse jeweils mehrere Hunderttausend Tonnen betragen.

Allerdings stehen vielen Anbauern kaum Einkommensalternativen zur Verfügung, so dass die IRSG in diesem Jahr wieder mit einer Ausdehnung der Produktion um 3% rechnet. Die Association of Natural Rubber Producing Countries (ANRPC) schätzt für ihre Mitglieder, die rund 90% des weltweiten Angebots stellen, nach einem Rückgang in 2014 um 4,8% sogar mit einem Zuwachs um 5%. Hauptsächlich soll dies an Thailand liegen, wo die Regierung mehr Mittel für den staatlichen Aufkauf bereitstellt.

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Neben dem Angebot steigt aber auch die Nachfrage, obwohl sich hier eine Verschiebung andeutet. Wie das Angebot ist auch die Nachfrage nach Naturkautschuk stark auf Asien konzentriert. Mit weitem Abstand größter Verbraucher von Kautschuk ist China, das alleine etwa ein Drittel des weltweiten Naturkautschuks nachfragt. Alle Daten, die auf eine konjunkturelle Abschwächung im Land der Mitte hindeuten, drücken daher ebenso auf die Kautschukpreise, wie auf eine Belebung zielende Maßnahmen die Preise stützen.

Entsprechend reagierte der Kautschukpreis jüngst mit einem Abschlag darauf, dass die chinesischen Kautschukimporte - allerdings Kautschuk insgesamt - seit Jahresbeginn um über 20% unter Vorjahr blieben. Entsprechend müssen sich die Produzenten laut ANRPC darauf einstellen, dass die Nachfrage aus China erstmals seit mindestens einem Jahrzehnt rückläufig sein dürfte.

Die ANRPC schätzt, dass die chinesischen Importe 2015 mit 3,7 Mio. Tonnen um fast 10% unter Vorjahr bleiben dürften. Dagegen macht die wirtschaftliche Entwicklung der USA Hoffnung, wo vor allem der Absatz von Lastwagen und SUV mit ihrem hohen Anteil von Naturkautschuk in der Reifenherstellung kräftig wächst. Auch in Europa wurden zu Beginn des Jahres deutlich mehr Fahrzeuge als im Vorjahr verkauft. Japan dagegen meldete jüngst die Verkäufe von Autoreifen im Januar und Februar um 7% unter Vorjahr.

Die IRSG äußerte in ihrer letzten Prognose vom Januar, dass sich nach 2014 auch in diesem und dem nächsten Jahr Angebot und Nachfrage weitgehend ausgleichen werden bzw. sich nur noch kleine Überschüsse von 77.000 Tonnen 2015 und 51.000 Tonnen 2016 ergeben werden. Das Auslaufen der Überschüsse dürfte sich vorerst aber nur begrenzt positiv bei den Preisen bemerkbar machen, da Versorgungslage mit Naturkautschuk weiter sehr komfortabel ist.

Davon kann auch nicht ablenken, dass die Bestände an Naturkautschuk in den Mitgliedsländern der ANRPC, die nicht nur 90% des Angebots, sondern auch für 70% der Nachfrage stehen, Ende Januar um fast ein Viertel unter Vorjahr lagen. Denn dies überrascht angesichts des Produktionsrückgangs im Verlauf von 2014 nicht.

Damit sich mittelfristig ein gewisses Preispotenzial nach oben realisieren lässt, müssen sich zumindest die vorsichtig optimistischen weltwirtschaftlichen Wachstumshoffnungen, wonach das weltweite Wachstum 2015 und 2016 leicht höher als in den Vorjahren sein soll, bewahrheiten. Kommt es wie erwartet im zweiten Halbjahr zu einer Verteuerung von Rohöl, dürfte auch von dieser Seite etwas Druck von den Naturkautschukpreisen genommen werden, da sich auch die Produktion synthetischen Kautschuks damit verteuert und diesen weniger attraktiv als Substitut macht.

Wichtig wird für die Preisentwicklung auch sein, ob und wie die Anbieter von Naturkautschuk eine Verknappung des Angebots durch politische Eingriffe herbeiführen. Ende Februar trafen sich hierzu Vertreter Thailands, Indonesiens und Malaysias sowie weiterer Länder. Zunächst blieb es weitgehend bei Absichtserklärungen, doch wurden weitere Gespräche verabredet.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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