Industriemetalle: Übertriebener Preisrückgang

Da die LME-Lagerhäuser noch gut gefüllt sind - die Vorräte liegen mit 454 Tsd. Tonnen nahe dem Rekordhoch -, dürfte es China nicht schwer fallen, ausreichende Mengen Nickel auf dem Weltmarkt zu kaufen. Die Zahl der sog. gekündigten Lagerscheine an der LME ist inzwischen auf ein Rekordhoch gestiegen, was auf eine hohe Nachfrage Chinas nach Nickel aus LME-Lagerhäusern hindeutet.
Wir gehen davon aus, dass China auch in den nächsten Monaten große Mengen Nickel importieren wird. Führt dies zu einem Abbau der Lagerbestände, sollte dies unseres Erachtens zu steigenden Nickelpreisen beitragen. Am Jahresende sehen wir Nickel bei 13.000 USD je Tonne notieren.
Auch am globalen Kupfermarkt bestand in diesem Jahr bislang ein Angebotsüberschuss. Daten der International Copper Study Group (ICSG) zufolge, die allerdings nur die ersten vier Monate des Jahres umfassen, betrug der saisonbereinigte Angebotsüberschuss 67 Tsd. Tonnen. Im April wurde aber erstmals seit fünf Monaten wieder ein Angebotsdefizit registriert. Sollte sich der Markt nun wieder anspannen, dürfte dies den Kupferpreis unterstützen.
Wegen der niedrigen Preise haben bereits in den letzten Monaten viele Kupferproduzenten angekündigt, geplante Projekte zu verschieben oder gar nicht erst in Angriff zu nehmen. Zur Inbetriebnahme neuer Projekte werden unseres Erachtens Kupferpreise von 6.000-6.500 USD je Tonne benötigt. Die meisten Minenunternehmen dürften sogar bei Preisen unter 7.000 USD je Tonne davor zurückschrecken, neue Projekte zu bewilligen. Dies dürfte mittel- bis langfristig dazu führen, dass das Angebot deutlich hinter der Nachfrage zurückbleibt.

Allerdings muss sich auch die Nachfrage selbst erholen, damit sich der globale Kupfermarkt spürbar und nachhaltig anspannt. In den ersten vier Monaten des Jahres fiel sie gemäß ICSG-Daten nämlich im Vergleich zum Vorjahr um rund 4%, was der Schwäche Chinas im ersten Quartal geschuldet war. Anhand der Kupferimporte Chinas lässt sich aber auch für die darauf folgenden Monate dort noch keine Erholung erkennen. Denn seit Mai waren die Kupfereinfuhren wieder unterdurchschnittlich (Grafik 5, Seite 3).
Die Stimulierungsmaßnahmen der chinesischen Regierung und der Zentralbank sollten aber in den nächsten Monaten zu einer Nachfragebelebung beitragen, wie zum Beispiel durch den Ausbau des Stromnetzes. Auch gehen wir davon aus, dass die chinesischen Händler die niedrigen Preise nutzen und opportunistisch Kupfer kaufen werden, was in der Folge zu wieder höheren Importen führen dürfte. Die Bestände in den Lagerhäusern der SHFE jedenfalls haben sich von ihrem Hoch im April mehr als halbiert. Sollte sich der Markt wie von uns erwartet wieder anspannen, sehen wir den Kupferpreis am Jahresende bei 5.800 USD je Tonne.
Die Nachrichtenlage bei Blei und Zink zeigt sich im Vergleich zu den anderen Metallen schon seit einiger Zeit äußerst dünn. Gemäß Daten der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) war der globale Bleimarkt in den ersten fünf Monaten des Jahres nahezu ausgeglichen. Allerdings ist der Bleimarkt geschrumpft, denn im Vergleich zum Vorjahr fielen sowohl das Angebot als auch die Nachfrage um jeweils rund 2%. Der Rückgang der Nachfrage war dabei in nahezu allen wichtigen Konsumentenländern/-regionen zu beobachten (China, Europa, USA).
Bei Zink bestand den Daten der ILZSG zufolge von Januar bis Mai ein substantieller Angebotsüberschuss von 143 Tsd. Tonnen, wofür eine starke Ausweitung der Produktion - vor allem in China - verantwortlich war (Grafik 6). Zu einer deutlichen Preiserholung dürfte es in beiden Fällen erst dann kommen, wenn sich die Märkte wieder nachhaltig anspannen. Zumindest im Falle von Zink kam es in den letzten Monaten zu umfangreichen Minenschließungen, die das Angebot zukünftig begrenzen sollten. Blei dürfte unseres Erachtens am Jahresende bei 1.850 USD je Tonne notieren, Zink dann 2.000 USD je Tonne kosten.
Wie sich der Zinnpreis in den nächsten Monaten entwickeln wird, hängt unseres Erachtens in erster Linie von den indonesischen Exporten ab. Indonesien ist der weltgrößte Exporteur von Zinn. Seit Anfang August wurden dort die Ausfuhrbestimmungen noch einmal verschärft. Die indonesische Regierung will mit den neuen Vorschriften sicherstellen, dass Lizenzgebühren und Ausfuhrsteuern ordnungsgemäß entrichtet werden. Zudem geht sie damit gegen Schmuggel und Umweltschäden vor.
In den Monaten zuvor wurden offenbar noch große Volumina Zinn verkauft, so dass die Exporte bis einschließlich Juli auf einem absolut betrachtet hohen Niveau blieben (Grafik 7).
Der Verband der indonesischen Zinnexporteure erwartet, dass die strengeren Ausfuhrbedingungen zu einer vorübergehenden Verzögerung der Exporte führen werden. Die Ausfuhren sollen aber innerhalb von drei Monaten wieder auf normale Niveaus zurückkehren. Sollte das Angebot in den nächsten Monaten tatsächlich spürbar verknappt werden, dürfte sich der Zinnpreis deutlich erholen. In diesem Falle ist unsere Jahresendprognose von 17.500 USD je Tonne noch erreichbar.

Auf einen Blick



