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Ölprodukte: Benzin stark, Diesel wenig gefragt

19.10.2015  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die politische Diskussion, ob diese steuerliche Bevorzugung ökologisch zu vertreten bzw. gerechtfertigt ist, war bereits entfacht, bevor der Abgasskandal publik wurde. Frankreich beispielsweise hat bereits angefangen, die Steuervergünstigungen für Diesel zu kürzen. Umweltministerin Segolene Royal sprach nach dem Bekanntwerden der Abgasmanipulationen sogar davon, die Steuervorteile für Dieselautos binnen fünf Jahren ganz abschaffen zu wollen.

Auch in der EU als Ganzes gab es schon Bestrebungen, die Besteuerung von Treibstoff an Energiegehalt und CO2-Emissionen zu knüpfen, was eine deutlich höhere Besteuerung von Diesel zur Folge gehabt hätte. Dieser Vorstoß wurde zwar gestoppt, aber der Abgasskandal spielt den Reformern in die Hände. Auch in Deutschland stellte zuletzt Umweltministerin Barbara Hendricks die Steuervorteile von Dieselkraftstoff zur Diskussion.

Dennoch gilt: Die Mühlen mahlen langsam. Erst wenn klar wird, dass die Steueranreize für Diesel deutlich gekürzt werden sollten, dürften sich die Kaufgewohnheiten ändern. Zudem würde sich die Struktur der Treibstoffnachfrage nur ganz allmählich verschieben. Denn im Durchschnitt sind die Fahrzeuge in der EU knapp 10 Jahre alt.

Anders argumentiert: Der Anteil der neuzugelassenen Dieselautos an den knapp 250 Mio. PKWs in der EU beträgt lediglich 2,5% bzw. an dem weltweiten Fuhrpark von gut 850 Mio. PKWs deutlich weniger als 1%. Entsprechend langsam würde sich die Zusammensetzung des Fuhrparks und damit die Struktur bzw. aufgrund der geringeren Ergiebigkeit von Benzin die Höhe der Treibstoffnachfrage ändern.

Aber auch wenn der Abgasskandal die Dieselnachfrage kurzfristig kaum dämpft, so bleibt diese wegen der Verlangsamung der Konjunktur in den Schwellenländern mittelfristig eher schwach. Der geringe Eigenbedarf in China bei gleichzeitig neu geschaffenen Raffineriekapazitäten dürfte dazu führen, dass China auch in den kommenden Monaten hohe Mengen an Diesel exportieren wird (Grafik 23).

Das dürfte die Marge am Dieselmarkt belasten. Sofern also der Winter nicht allzu kalt wird bzw. allzu lange dauert, dürfte sich Diesel im Vergleich zu Benzin wieder verbilligen. Auch bedingt durch das niedrigere Preisniveau sehen wir den Spread zwischen Diesel und Rohöl geringer als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Dennoch: Aufgrund der erwarteten Verteuerung von Rohöl wird auch der Dieselpreis anziehen. Zum Jahresende 2016 dürfte Diesel wieder 600 USD je Tonne kosten.

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Renaissance des US-Benzinmarktes lässt Margen steigen

Am Benzinmarkt dagegen passte die hohe Verarbeitung (und damit das hohe Angebot) sehr gut zu der Entwicklung der Nachfrage, denn am größten Benzinmarkt der Welt, den USA, ist die Nachfrage kräftig angesprungen. Nachdem die Fahrtätigkeit in der Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich gesunken und lange auf dem neuen niedrigen Niveau verharrt war, kletterte die Zahl der gefahrenen Meilen in diesem Sommer auf ein neues Rekordniveau (Grafik 6).

Die bis zuletzt kräftig gestiegen Fahrzeugverkäufe bestätigen die Renaissance des US-Automarkts (Grafik 7). Einer robusten Einkommensentwicklung und den niedrigen Preisen dürfte es zu verdanken sein, dass die Fahrfreude in den USA in den letzten Monaten kräftig gestiegen ist. Schließlich wurde an den Tankstellen in den USA gut 30% je Gallone weniger gezahlt als im Sommer 2014.

Zum Vergleich: In Europa ist Benzin bedingt durch den höheren Steueranteil und die Abwertung des Euro nur 15% billiger als im Sommer zuvor. Die IEA hob seit Jahresbeginn die Prognose für die US-Benzinnachfrage im laufenden Jahr immerhin um gut 250 Tsd. Barrel pro Tag an.

Den USA gelang es trotz der stark gestiegenen inländischen Benzinnachfrage weiterhin hohe Mengen an Ölprodukten zu exportieren. In den USA bestehen nach wie vor Beschränkungen für den Export von Rohöl, nicht jedoch für die Ausfuhr von Ölprodukten. Dies gibt den Raffinerien einen zusätzlichen Anreiz, Rohöl zu Ölprodukten zu verarbeiten. Der Großteil der US-Nettoexporte entfällt zwar auf Diesel, denn die US-Nachfrage ist hier niedriger und daher besteht ein stärkeres Überangebot (siehe oben). Aber auch die Netto-Exporte von Benzin verharren auf hohem Niveau.

Mit dem saisonbedingten Nachlassen der Benzinnachfrage zum Ende des Sommers sind die Benzinvorräte sogar anders als üblich zu dieser Jahreszeit aufgebaut worden. Sie liegen momentan knapp 6% höher als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre (Grafik 18, S.7): Mit dem sich abschwächenden Boom bei Schieferöl in den USA dürfte aber auch der Boom in der Rohölverarbeitung nachlassen.

Gleichzeitig dürfte die Benzinnachfrage hoch bleiben: Schließlich verharren die Benzinpreise im Vergleich zu den Vorjahren auf niedrigem Niveau, während die US-Konjunktur, der Arbeitsmarkt und damit die Einkommen weiterhin rund laufen. Die starke Nachfrage im Inland dürfte die US-Exporte einbremsen. Wir sehen deshalb die Marge am Benzinmarkt auf längere Sicht gut unterstützt. Aufgrund des Anstiegs des Rohölpreises dürfte Benzin Ende 2016 wieder 640 USD je Tonne kosten.

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Auf einen Blick

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