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Naturkautschuk: Zunächst nur politisches Strohfeuer

26.01.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Der leichte Preisanstieg bei Kautschuk im Januar ist weitgehend eine Folge der Ankündigung der thailändischen Regierung, Naturkautschuk von den Produzenten zu höheren als den Marktpreisen ankaufen zu wollen. Noch immer ist der Weltmarkt üppig mit Kautschuk versorgt.

Zwar war 2015 aufgrund niedriger Preise und des El-Niño-Wetterphänomens die weltweite Produktion von Naturkautschuk leicht rückläufig. Dennoch soll auch 2015 mit einem Überschuss geendet haben. Dies ist auch die Prognose für 2016 und 2017. Jahrelange Überschüsse haben bereits jetzt die weltweiten Bestände stark anschwellen lassen. Auf deutlich steigende Kautschukpreise wird man daher wohl noch länger warten müssen.

Anfang Januar war der Preis für Naturkautschuk in Singapur auf den niedrigsten Stand seit September 2003 gefallen. Ab Mitte des Monats lagen die Notierungen dann leicht im Plus. Geschuldet war dies der Ankündigung der thailändischen Militärregierung, rund 200 Tsd. Tonnen Kautschuk zu einem maximalen Preis von 60 Thai Bath je Kilogramm aufkaufen zu wollen. Bei dem derzeitigen Wechselkurs entspricht dies rund 1,65 USD je Kilogramm. Dies ist deutlich mehr als der aktuelle Preis an der Börse in Singapur von unter 110 US-Cents je Kilogramm.

Am 25. Januar startete das Ankaufprogramm zunächst mit einem Ankaufpreis von 45 Thai Bath je Kilogramm, was aber von den Farmern als nicht ausreichend bewertet wird. Die Militärregierung steht unter massivem Druck der teilweise mit Hungerstreik drohenden Produzenten.

Aus dem Süden des Landes, in dem die wichtigsten Gebiete der Kautschukproduktion liegen, kommt bisher die größte Unterstützung für die Regierung. Um diese nicht zu verlieren, möchte sie die interne Nachfrage durch die staatlichen Aufkäufe von Kautschuk und dessen Weiterverarbeitung sowie dem Einsatz im Straßenbau steigern, um die Preise zu stützen. Gleichzeitig droht sie eine Verringerung der Exportquoten an, wenn die Händler nicht selbst Zurückhaltung üben, um damit den Weltmarktpreisverfall zu stoppen.

Die wichtigsten Kautschukproduzenten gaben im Dezember 2015 eine Studie in Auftrag, die die Erfolgsaussichten ausloten soll, durch eine Einschränkung der Kautschukexporte die Preise zu stützen. Ergebnisse wurden bisher nicht kommuniziert. 2012/13 hatte eine verabredete Exportreduktion Thailands, Indonesiens und Malaysias, die rund 70% des globalen Naturkautschuks produzieren, die Preise nur kurzzeitig steigen lassen.

Auch wenn der jahrelange Preisverfall eine bremsende Wirkung auf die Produktion ausübt, da die Ernte, das "Tapping", weniger lohnend ist, war der Rückgang der weltweiten Produktion von Naturkautschuk 2015 nur marginal. Die Vereinigung der Naturkautschuk produzierenden Länder ANRPC, deren Mitglieder für über 90% der weltweiten Kautschukproduktion stehen, spricht von -0,6%. 2014 war das Angebot nach Angaben der International Rubber Study Group um 1,5% gefallen.

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Die recht geringe Angebotsreaktion hat auch mit der langen Reifezeit der Plantagen zu tun: Denn vor dem Preisverfall hatten hohe Preise - von Anfang 2010 bis Mitte 2012 lagen die Preise über 300 US-Cents je Kilogramm und erreichten in der Spitze über 500 US-Cents je Kilogramm - einen starken Anreiz zu einer Ausdehnung der Plantagen gegeben. Diese Neuanlagen werden nach der erforderlichen Heranreifezeit nun erntefähig. Bis dieser Effekt ausläuft, dürften noch zwei Jahre vergehen. Allerdings geben die niedrigen Preise inzwischen auch Anlass zu der Überlegung, bestehende Plantagen zu verkleinern, alternde Plantagen nicht zu erneuern und auf den Anbau anderer Produkte auszuweichen.

Das niedrige Preisniveau dürfte so zwar auch 2016 einen negativen Einfluss auf die Produktion haben, aber nicht zu einem Rückgang der Produktion führen. Denn ein anderer negativer Aspekt verliert 2016 an Wirkung: Das El-Niño-Phänomen sorgte 2015 in wichtigen Kautschukgebieten Asiens für zu trockene Witterung, die mit Buschfeuern einherging und die Ernte erschwerte. Inzwischen ist El-Niño auf dem Rückzug und nach Erwartung der australischen Wetterbehörde dürfte bereits im zweiten Quartal wieder Neutralität herrschen. The Rubber Economist rechnet daher für 2016 mit einem Anstieg der Naturkautschukproduktion um 3,8% auf 13 Mio. Tonnen.

Ob das niedrige Preisniveau zu einer deutlich steigenden Nachfrage nach Naturkautschuk führt, ist zumindest fraglich. Zwar stieg der Verbrauch Chinas - mit rund 40% Anteil am weltweiten Verbrauch die absolute Nr. 1 unter den Verbrauchern - nach Angaben von ANRPC auch 2015 um 2,4% auf 4,9 Mio. Tonnen. Dieser Anstieg war aber deutlich schwächer als noch 2014 mit 13%. Dass die Fahrzeugverkäufe der chinesischen Automobilfirmen an den Handel 2015 so schwach wie zuletzt vor drei Jahren zulegten, ist ein wichtiger Aspekt hierbei.

Während die ANRPC im Januar ein Minus bei den Naturkautschukimporten Chinas von 10% meldete, verzeichnet die chinesische Zollstatistik einen Zuwachs um fast 5%. Jedenfalls sind die Lagerbestände innerhalb Chinas stark gestiegen. Die von der Börse in Shanghai gemeldeten chinesischen Lagerbestände an Naturkautschuk liegen auf dem höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 2003 (Grafik 2). Gleichzeitig verspricht die (weitere) Abkühlung der chinesischen Wirtschaftsentwicklung auch künftig wenig Dynamik für die Nachfrageseite.

Eine Hoffnung für die Kautschukpreise liegt dennoch in einer dynamischen globalen Nachfrage nach Kautschuk, nicht zuletzt für die Reifenproduktion in Europa, den USA und Japan. Dass der Internationale Währungsfonds gerade die Prognose für das globale Wirtschaftswachstum 2016 und 2017 um jeweils 0,2 Prozentpunkte auf 3,4% bzw. 3,6% reduzierte, wird daher mit Enttäuschung aufgenommen. Zudem verschaffen die niedrigen Ölpreise dem konkurrierenden synthetischen Kautschuk einen Wettbewerbsvorteil.

Das auf Kautschuk spezialisierte Analysehaus The Rubber Economist rechnet daher für 2016 nur mit einem geringfügigen Anstieg der Nachfrage um 1,3% auf 12,6 Mio. Tonnen. Nach einem nur kleinen Überschuss am Markt für Naturkautschuk 2015 von 98 Tsd. Tonnen werden für 2016 und 2017 wieder höhere Überschüsse von 411 bzw. 430 Tsd. Tonnen prognostiziert (Grafik 3). Entsprechend sollen die weltweiten Lagerbestände bis Ende 2017 auf 3,70 Mio. Tonnen steigen. Auf deutlich steigende Kautschukpreise wird man daher wohl noch länger warten müssen.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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