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Eisenerz - Korrektur noch nicht beendet

25.04.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Die Eisenerzpreise stehen seit Mitte März deutlich unter Druck. Offenbar treten die sich eintrübenden fundamentalen Aussichten wieder stärker in den Mittelpunkt, die unseres Erachtens noch niedrigere Preise rechtfertigen. Denn das Angebot übersteigt auf absehbare Zeit weiter die Nachfrage. Wir sehen weiteren Korrekturbedarf. Ende des Jahres dürfte eine Tonne Eisenerz 55 USD kosten.

Der nächstfällige Futures-Kontrakt für Eisenerz mit einem Eisengehalt von 62% hatte an der SGX AsiaClear in Singapur im Februar bei über 90 USD je Tonne ein 2½-Jahreshoch erreicht. Auch an der Börse in Dalian, dem für Eisenerz maßgeblichen Handelsplatz in China, hatte der nächstfällige Futures-Kontrakt im Februar mit über 740 CNY je Tonne den höchsten Stand seit Mai 2014 erklommen.

Preistreiber war die anhaltend hohe Stahlproduktion Chinas im Zuge stark gestiegener Stahlpreise, die zu einer entsprechend robusten Nachfrage nach Eisenerz geführt hatte. Spekulative Käufe dürften den Preisanstieg zusätzlich verstärkt haben. Seit Mitte März geht es an beiden Märkten aber deutlich bergab. In Singapur hatte sich Eisenerz zwischenzeitlich um 34% verbilligt, in Dalian sogar um 37%. Für eine Tonne Eisenerz musste Mitte April zeitweise nur noch 59 USD bzw. 460 CNY bezahlt werden (Grafik 1).

Offenbar konzentrieren sich die Marktteilnehmer mittlerweile wieder mehr auf die fundamentalenb Daten am Eisenerzmarkt. Und die deuten wie bisher auf einen überaus gut versorgten seewärtigen Markt hin, an dem das Angebot in den nächsten Jahren zudem weiter deutlich ausgeweitet wird. So erwartet die führende staatliche Beratungsbehörde Australiens in ihrem jüngsten Quartalsbericht einen deutlichen Anstieg der australischen und brasilianischen Eisenerzexporte.

Die australischen Ausfuhren sollen in diesem Jahr um 8,3% auf 876 Mio. Tonnen steigen und im nächsten Jahr um weitere 3% zulegen. Erst danach soll die Dynamik weitgehend zum Erliegen kommen. Für Brasilien zeichnet die Behörde ein ähnliches Bild. Von dort sollen die Exporte 2017 um 5,5% auf 384 Mio. Tonnen steigen. 2018 soll dann sogar nochmals 6,8% mehr Eisenerz verschifft werden, bevor die Dynamik ab 2019 merklich nachlassen wird (Grafik 2).

Sowohl in Australien als auch in Brasilien trägt jeweils ein neues Großprojekt zum erwarteten Exportwachstum bei. In Australien ist es die "Roy Hill"-Mine, die Ende 2015 in Betrieb genommen wurde und in Kürze ihre geplante Abbaukapazität von 55 Mio. Tonnen p.a. erreichen soll. In Brasilien handelt es sich um das Projekt "S11D", wo die kommerzielle Produktion Anfang dieses Jahres aufgenommen wurde. Die Mine soll im Jahr 2020 ihre angestrebte Produktionskapazität von 90 Mio. Tonnen p.a. erreichen, womit sie dann die größte Eisenerzmine der Welt sein wird.

Hinzu kommt, dass nach dem starken Preisanstieg von Oktober bis Februar anscheinend einige chinesische Eisenerzproduzenten erwägen, vormals stillgelegte Minen wieder in Betrieb zu nehmen. Im ersten Quartal wurden in China gemäß Daten des Nationalen Statistikbüros 298 Mio. Tonnen Eisenerz produziert, 16% mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Der mittlerweile erfolgte Preisrückgang könnte aber zu einem erneuten Umdenken bei den chinesischen Produzenten führen. Außerdem ist das chinesische Eisenerz qualitativ geringwertig, so dass nach wie vor der Importbedarf von hochwertigem Eisenerz groß ist. Rio Tinto, der weltweit zweitgrößte Eisenerzproduzent, sieht aber ausgehend von der potenziellen Wiederinbetriebnahme chinesischer Minen eine hohe Volatilität des Eisenerzpreises für den Rest des Jahres.

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Auf der Importseite bleibt China die maßgebliche Determinante. 2016 hatten die chinesischen Eisenerzimporte erstmals die Marke von 1 Mrd. Tonne geknackt. Vor allem aufgrund einer starken Eisenerznachfrage aus der Stahlindustrie und einer deutlich rückläufigen inländischen Eisenerzproduktion hatte China im letzten Jahr deutlich mehr Eisenerz importiert (+7,5%). Diese Dynamik wird laut Ansicht der staatlichen Beratungsbehörde Australiens aber so nicht fortdauern.

2017 dürfte nochmal knapp 2% mehr Eisenerz eingeführt werden, danach sollen sich die Importe aber bei rund 1,06 Mrd. Tonnen pro Jahr einpendeln (Grafik 3). Denn die Stahlproduktion in China dürfte die aktuell hohen Produktionsniveaus nicht halten können. Einer potenziell rückläufigen Nachfrage stehen umweltbedingte Schließungen kleinerer Minen im Land gegenüber, so dass die chinesische Eisenerznachfrage am seewärtigen Markt relativ konstant ausfallen dürfte.

Durch die hohen Importe im letzten Jahr und bislang auch in diesem Jahr haben sich große Eisenerzvorräte in China aufgetürmt. Diese lagen Ende März in den chinesischen Häfen bei rekordhohen 132,5 Mio. Tonnen (Grafik 4). Allerdings soll es sich hierbei zumeist um qualitativ geringerwertiges Eisenerz handeln.

Das hochwertige Eisenerz wird dagegen offenbar von den Stahlproduzenten direkt abgefragt und verarbeitet. Denn zur Verarbeitung des geringerwertigen Eisenerzes wird mehr Energie benötigt, da dieses Eisenerz einen relativ hohen Anteil an Siliziumdioxid (Kieselerde) enthält. Die wiederum hemmt den chemischen Prozess zur Auslösung des Eisens aus dem Erz im Hochofen. Die Energie wird durch den Einsatz von Kokskohle gewonnen, wodurch die Produktionskosten steigen.


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