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Steigende Kohlepreise nur ein Zwischenspiel

13.07.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Schwer abzuschätzen ist derzeit die Produktionsentwicklung. Im Frühjahr 2016 hatte China mit einer massiven Kürzung der Arbeitstage in den Minen von 330 auf 276 überrascht. Auch wenn dieser nach dem starken Preisanstieg in der zweiten Jahreshälfte wieder gelockert wurde, stand letztlich ein deutlicher Produktionsrückgang zu Buche.

Für das laufende Jahr sind die Vorzeichen gemischt. Grundsätzlich will die Regierung die Konsolidierung im Kohlebergbau fortsetzen. Das heißt, bis 2020 sollen Kapazitäten von 800 Mio. Tonnen pro Jahr aus dem Markt genommen werden. Gleichzeitig werden jedoch neue, moderne Kapazitäten in Höhe von 500 Mio. Tonnen jährlich hinzugefügt werden. Per saldo reduzieren sich die Kapaztiäten damit um 300 Mio. Tonnen, was in etwa dem Produktionsrückgang im Jahr 2016 entspräche.

Für das laufende Jahr hatte Premier Li angekündigt, maßvoll vorzugehen und Kapazitäten von rund 150 Mio. Tonnen vom Markt zu nehmen. Die Reduzierung der Arbeitstage hat aber im letzten Jahr gezeigt, dass neben den Kapazitäten die Auslastung der Minen eine andere entscheidende Determinante für die Produktion ist. Da die chinesische Regierung hier zuletzt zu Ad-Hoc Maßnahmen tendiert hat, ist auch die Produktionsentwicklung schwer abzuschätzen. Fakt ist, dass zwar nicht mehr so viel Kohle gefördert wird wie Ende letzten Jahres, aber die Produktion in den ersten fünf Monaten noch immer deutlich über dem Vorjahr lag.

Preisentscheidend im seewärtigen Kohlehandel sind aber vor allem die Kohleimporte: Sie lagen im Durchschnitt der ersten fünf Monate deutlich höher als in der ersten Jahreshälfte 2016, aber schon spübar niedriger als in der zweiten Jahreshälfte (Grafik 3). Wir gehen davon aus, dass die chinesische Regierung bemüht sein wird, eine so hohe Minenauslastung zuzulassen, dass ein preistreibender Importsog wie im letzten Jahr verhindert wird. Dafür spricht im übrigen auch das ab 1. Juli geltende Verbot von Kohleimporten in mittleren und kleineren Häfen, welches der Regierung zusätzlich die Möglichkeit gibt, das Marktgeschehen zu steuern.

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Den weltweit zweitgrößten Importbedarf an Kohle hat derzeit Indien. Das Land war im letzten Jahr nicht nicht nur deshalb vom ersten Platz zurückgefallen, weil Chinas Importe wieder massiv angezogen hatten. Hinzu kam, dass Indien dank steigender heimischer Produktion seine Einfuhren reduzieren konnte (Grafik 4). Das staatliche Unternehmen Coal India schaffte es zwar nicht ganz, seine Ziele zu erreichen, aber immerhin lag die Förderung im Fiskaljahr 2016/17 mit gut 550 Mio. Tonnen knapp 3% höher als im Vorjahr.

Das laufende Fiskaljahr begann zwar im April / Mai mit einem Minus im Vorjahresvergleich, aber das ist laut Coal India auf eine schwache Nachrage der Kraftwerke zurückzuführen. Das Unternehmen nahm deshalb sogar sein Produktionsziel zurück. Tatsächlich sind in Indien die erneuerbaren Energien auf rasantem Vormarsch. Beflügelnd ist vor allem, dass die Preise in der Nutzung von Solarenergie rasant gefallen sind. In den nächsten fünf Jahren sollen sich die Stromerzeugungskapazitäten auf Basis der erneuerbaren Energien von heute 50 GW auf 175 GW mehr als verdreifachen.

In zehn Jahren schon sollen 57% des Stroms auf erneuerbaren Energien basieren. Zweifellos kann die Nutzung der erneuerbaren Energien die mittel- bis langfristigen Aussichten für die Kohlenachfrage dämpfen, aber ein massiver Einbruch des indischen Importbedarfs ist kurzfristig nicht zu befürchten. Schließlich wird in den neuen, modernen Kohlekraftwerken hochwertige Kohle benötigt, und eben diese ist in Indien schlecht zu fördern.

In Südkorea dagegen droht kurzfristig eine Abflachung der Importnachfrage. So hat der im Mai gewählte Präsident Moon Jae In angekündigt, zehn alte Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt 3,35 GW stillzulegen. Das dürfte den Importbedarf der weltweit viertgrößten Importnation dämpfen. Anders dagegen der Trend in den ASEAN-Ländern.

Hier hat Kohle in den letzten Jahren sogar in der Stromerzeugung gegenüber Gas, dem wichtigsten Energieträger, an Bedeutung aufgeholt: Der Anteil von Kohle im Strommix ist von 2010 bis 2014 von 27% auf 34% gestiegen. Maßgeblich war der Wunsch nach Diversifikation, ein steigender Energiebedarf an sich und die Erschwinglichkeit von kohlebasiertem Strom.

Die IEA prognostiziert, dass Kohle in den ASEAN-Ländern bis 2020 Gas als Energieträger in der Stromerzeugung überholt hat. Auch in Japan, das immerhin Platz drei der größten Importländer der Welt belegt, dürfte der Bedarf hoch bleiben. Schließlich hat auch die japanische Regierung auf den Ausbau der Kohlekraft gesetzt, um zum einen den Energiemix besser zu diversifizieren und zum anderen um von den bis Ende 2015 fallenden Kohlepreisen zu profitieren.

Das Bild in Asien ist also heterogen. Das gilt auch für die jüngsten Trends in den westlichen Industrieländern. Wichtige Importregion ist Europa: Hier setzt sich der Rückzug der Kohleindustrie ungebrochen fort (Grafik 6). Entsprechend lagen die Kohleimporte 2016 gut 10% unter dem Vorjahr (Grafik 7).

Am massivsten war der Einbruch in Großbritannien, da der CO2-Mindestpreis hier Kohlestrom massiv verteuert hat. Bereits im letzten Jahr waren die britischen Kohleimporte um 75% eingebrochen, die landeseigene Produktion hatte sich halbiert. Der Druck dürfte angehalten haben: Im Frühjahr wurde in Großbritannien an einem Tag erstmals gar kein Kohlestrom produziert. Anders dagegen der jüngste Trend in den USA.

Hier scheint der Rückzug der Kohleverstromung zumindest eine Pause einzulegen. Nachdem der Anteil der kohlebasierten Stromerzeugung fast kontinuierlich von knapp 45% im Jahr 2010 auf gut 30% im Jahr 2016 gesunken ist, erwartet die US-Energiebehörde zumindest bis 2018 eine Stabilisierung. Maßgeblich ist vor allem die jüngste Verteuerung von Gas.


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