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Industriemetalle: Selektive Wahrnehmung

05.09.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Der Zinkpreis wurde in den letzten Wochen vor allem durch spekulatives Kaufinteresse nach oben getrieben. Die spekulativen Käufe resultierten aus Sorgen über Angebotsengpässe. Die International Lead and Zinc Study Group berichtete für das erste Halbjahr 2017 ein relativ hohes Angebotsdefizit von 203 Tsd. Tonnen. Dieses hat sich im Vergleich zum Vorjahr aber nicht mehr weiter ausgeweitet (Grafik 4).

Die Lage dürfte sich im weiteren Jahresverlauf etwas entspannen, da der auf einem 10-Jahreshoch notierende Zinkpreis Anreiz geben sollte, die Produktion auszuweiten. Zuvor hatte das Nationale Statistikbüro allerdings berichtet, dass die chinesische Zinkproduktion im Juli deutlich zurückgegangen ist. Auf Tagesbasis wurde sogar die geringste Menge seit über drei Jahren produziert (15,4 Tsd. Tonnen).

Ein knapperes Angebot deutete sich auch am Markt für Zinkkonzentrat an. Denn China hat in den letzten Monaten weniger Zinkkonzentrat importiert. Die Sorgen über Angebotsengpässe wurden zudem noch durch die niedrigen Lagerbestände von Zink geschürt. In den Lagerhäusern der LME und SHFE sind die Zinkvorräte auf das niedrigste Niveau seit Ende 2008 abgeschmolzen bzw. liegen nur leicht darüber. Dies spricht für eine hohe Zinknachfrage. Vor allem aus der Stahlindustrie wird viel Zink nachgefragt. In China eilt die Stahlproduktion derzeit von einem Rekordhoch zum anderen. Hohe Gewinne geben den chinesischen Stahlherstellern zudem Anreize, die Produktion noch weiter auszuweiten.

Auch Blei wurde von den anderen Industriemetallen und dabei vor allem Zink mit nach oben gezogen. Zuletzt stand hier aber Nordkorea im Mittelpunkt des Interesses. Denn China hat eine Resolution der Vereinten Nationen umgesetzt und wird vorerst kein Bleierz bzw. -konzentrat mehr aus Nordkorea importieren. Laut Angaben des Handelsministeriums wurden die Einfuhren zum 5. September eingestellt. Dadurch kamen Befürchtungen auf, dass das Angebot am Markt für Bleikonzentrat in China knapp werden könnte. Im ersten Halbjahr kamen 10% der gesamten chinesischen Bleierzimporte aus Nordkorea (64,6 Tsd. Tonnen; Grafik 5).

Nordkorea war damit hinter Russland der zweitgrößte Lieferant Chinas. Das nordkoreanische Bleikonzentrat ist laut Industriekreisen allerdings von geringerer Qualität. Dennoch wird China dieses Material zukünftig aus anderen Ländern importieren oder selbst mehr Bleierz im eigenen Land fördern müssen. Einige chinesische Bleischmelzen haben sich daher bereits nach alternativen, zumeist inländischen Quellen umgeschaut.

Ausreichende Vorkommen scheint es jedenfalls zu geben: Gemäß Daten der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) wurde die weltweite Bleiminenproduktion im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 12% auf 2,6 Mio. Tonnen ausgeweitet. Auf ihrer Frühjahrstagung Ende April prognostizierte die ILZSG für 2017 eine Bleiminenproduktion von 4,9 Mio. Tonnen. Der globale Markt für Bleiraffinade wies laut ILZSG im ersten Halbjahr ein Angebotsdefizit von 86 Tsd. Tonnen auf, da die Nachfrage stärker als das Angebot gestiegen war.

Sollte die ILZSG mit ihrer Einschätzung eines ausgeglichenen Marktes für das Gesamtjahr Recht behalten, müsste das Angebot im zweiten Halbjahr stärker ausgeweitet werden und/oder die Nachfrage dürfte nicht mehr ganz so stark steigen. Beides würde die Lage am Bleimarkt entspannen.

Am Nickelmarkt waren es sowohl Nachrichten von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite, die dem Preis Aufwind gaben. Zudem bestand für Nickel Aufholpotenzial, da dessen Preisentwicklung bis Mitte des Jahres deutlich hinter der der meisten anderen Industriemetalle zurückgeblieben war. In Indonesien bleiben laut Angaben des Verbands der Schmelz- und Verarbeitungsindustrie 13 Nickelschmelzen geschlossen, bis sich der Nickelpreis zwei Monate lang bei mindestens 11.000 USD je Tonne stabilisiert hat.

Die Schmelzen haben demnach in Summe eine Produktionskapazität von rund 750 Tsd. Tonnen Nickelroheisen p.a. Dagegen hat das indonesische Energie- und Rohstoffministerium inzwischen weitere Genehmigungen zum Export von Nickelerz mit niedrigem Metallgehalt erteilt. Seit der Lockerung des Exportverbots von unbehandelten Erzen im Januar wurden bislang Exportlizenzen im Umfang von 8,1 Mio. Tonnen vergeben.

Auf den Philippinen haben Abgeordnete einen Gesetzentwurf eingereicht, der vorsieht, dass in Wassereinzugsgebieten keine Rohstoffe mehr abgebaut werden dürfen und der Export von unbehandelten Erzen verboten werden soll. Zudem bleibt das Verbot des Tagebaus bestehen, bis das Umwelt- und Ressourcenministerium die Unterlagen der Unternehmen zur Wiederaufnahme der Produktion vollständig gesichtet hat. Die Agentur für Bergbau und Geowissenschaften im Umwelt- und Ressourcenministerium hat vor kurzem aber bereits die Aufhebung dieses Verbots vorgeschlagen.

Nachfrageseitig hängt fast alles an der Edelstahlproduktion, die laut Einschätzung des Research-Instituts MEPS in diesem Jahr um 6% auf rekordhohe 48,5 Mio. Tonnen steigen soll. Treiber hierbei ist vor allem China. Die Wachstumsrate liegt aber deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (+10,2%), so dass damit auch die Dynamik der Nickelnachfrage nachlassen sollte.

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Der Zinnpreis wiederum befindet sich quasi in einem Dornröschenschlaf und handelt seit Februar rund um die charttechnisch wichtige 200-Tage-Linie, die seit Monaten seitwärts verläuft. So richtig preisbewegende Nachrichten gab es zuletzt tatsächlich nicht. Der Gouverneur der Provinz Bangka Belitung, der größten Zinn produzierenden Region Indonesiens, hat ein vorübergehendes Vergabeund Erneuerungsmoratorium für Abbaulizenzen verhängt. Dieses soll die nächsten zwei bis drei Monate gelten.


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