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Commodity Research-Fokus - Rohöl

04.06.2008  |  Frank Schallenberger
Markt

Die Hausse an den Ölmärkten hält mittlerweile bereits seit fast eineinhalb Jahren an und hat den Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent im Mai 2008 bis auf den Preis von 135 US-Dollar klettern lassen. Zuletzt haben eine Reihe von Faktoren den Preis wieder etwas abbröckeln lassen. So hat beispielsweise der in den letzten Tagen wieder etwas festere US-Dollar zu fallenden Ölnotierungen geführt. Auch die Ölnachfrage in den USA entwickelt sich erwartungsgemäß eher verhalten. Im März 2008 lag die Nachfrage auf dem niedrigsten Niveau, das für den Monat März in den letzten fünf Jahren gemessen wurde.

Im Vergleich zum Vorjahr wurden etwa 0,8 Mio. Barrel pro Tag (mbpd) weniger nachgefragt. Auch die anhaltenden Diskussionen um die Anhebung der staatlich regulierten Benzin- und Dieselpreise in Ländern wie China, Indien oder Indonesien haben sich in fallenden Preisen niedergeschlagen, da die Nachfragedynamik in diesen Ländern damit etwas gebremst werden könnte.

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Kurzfristig weitere Preisabschläge möglich

Kurzfristig könnte sich die Preiserosion durchaus noch in den Bereich von 115 US-Dollar fortsetzen. Dafür spricht zum einen, dass die extreme Abkoppelung der Energierohstoffe vom Gesamtmarkt nur ein temporäres Phänomen sein dürfte. Seit Anfang März 2008 haben sich die Preise für Agrarrohstoffe, Edel- und Basismetalle gemessen an den GSCI-Subindizes deutlich ermäßigt. Dagegen hat der GCSI-Subindex Energie ein Plus von über 20% verzeichnet. Dieses Gap dürfte sich in den nächsten Wochen wieder einengen.

Zum anderen signalisiert die Abweichung des Ölpreises von der 200-Tage-Linie weiterhin eine starke Überkauftheit des Marktes. Mitte Mai erreichte die Abweichung den Rekordwert von 41 US-Dollar. Mittlerweile liegen der 200-Tage-Duchschnitt und der Spotpreis noch rund 35 US-Dollar auseinander, was immer noch ein Indikator für eine starke Überhitzung ist.

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Mittelfristiger Trend dennoch intakt

Trotz möglicher kurzfristiger Preisdämpfer dürfte der mittelfristige Trend beim Ölpreis dennoch weiter nach oben gehen. Denn die Angebotsseite bleibt weiter knapp. Von notorischen Wackelkandidaten wie Nigeria oder Venezuela (Nr. 6 und Nr. 8 der weltweit größten Ölexporteure) sind auf absehbare Zeit keine großen Sprünge bei der Förderung zu erwarten. Auch Russland als weltweit zweitgrößter Ölexporteur kämpft mit Förderproblemen. Im Mai wurde bereits der fünfte monatliche Förderrückgang in Folge gemeldet.

Zudem hält die OPEC die Angebotsseite knapp. Bei der Nachfrage dürfte die Abschwächung in den USA durch andere Regionen ausgeglichen werden. Denn der Ölhunger Asiens ist weiter ungebremst. Unter dem Strich sollte die zusätzliche Nachfrage aus China, Indien und Co. den möglichen Rückgang in den USA sogar deutlich überkompensieren. Damit dürfte der weltweite Ölmarkt im laufenden Jahr weiterhin ein Angebotsdefizit von rund -1 mbpd ausweisen. Erst wenn die OPEC den Ölhahn weiter aufdreht, dürfte die Sorge um kurzfristige Lieferprobleme nachlassen.

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China und Indien als wichtigste Preisfaktoren

China (4,0 mbpd) und Indien (2,5 mbpd) dürften im laufenden Jahr zusammen etwa 6,5 mbpd Rohöl importieren. Beide Länder zusammen waren 1985 noch Nettoexporteur von Öl. Im Jahr 1995 beanspruchten sie rund 4% der weltweit verfügbaren Ölexporte, im Jahr 2008 dürfte dieser Wert auf 17% und im Jahr 2010 auf 20% ansteigen. Sollte Indien in den nächsten Jahren nur annähernd dieselbe Dynamik wie China aufweisen, sind damit weitere Steigerungen des Ölpreises bereits vorprogrammiert.

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Fazit

Aufgrund der Tatsache, dass die OPEC die Angebotsseite unverändert knapp hält, ist weiterhin nicht mit einem nachhaltigen Rückgängen beim Ölpreis zu rechnen. Der ungebremste Ölhunger aus Asien dürfte den Ölbullen mittelfristig weiter in die Hände spielen. Fundamentale Modelle wie der Zusammenhang zwischen Ölpreis und den chinesischen Ölimporten signalisieren momentan ein “faires“ Niveau für das schwarze Gold von ca. 120 US-Dollar. Die starre Haltung der OPEC, das hohe Aufholpotenzial von Indien im Vergleich zu China sowie die stark gestiegenen Kosten der Exploration rechtfertigen einen Aufschlag von 20-25 USD pro Barrel. Vor diesem Hintergrund sehen wir den Preis für Brentöl in drei Monaten bei 130 US-Dollar. Die Prognose in 12 Monaten liegt bei 145 US-Dollar.


© Dr. Frank Schallenberger
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart





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