Rohstoffe kompakt: Fleisch & Vieh - Teil 2: Schwein gehabt?

Hauptprofiteur dieser Entwicklung dürften die USA sein. Bereits heute sind die USA mit einem für 2008 geschätzten Exportüberschuss von 1,2 Mio. Tonnen neben der EU der größte Nettoexporteur von Schweinefleisch weltweit. Knapp die Hälfte der US-Schweinefleischexporte gehen derzeit nach Japan. Auch wenn der japanische Schweinefleischverbrauch seit fünf Jahren stagniert, ist nicht davon auszugehen, dass sich die Nachfrage in Nippon nennenswert abschwächen wird. Die zusätzliche Nachfrage aus den ostasiatischen Schwellenländern dürfte die Preise daher nach oben treiben.
Dafür spricht ebenso das beträchtliche Preisgefälle zwischen den USA und Asien, welches sich auch aufgrund eines sinkenden Tierbestandes wegen der Blauohrenkrankheit in einigen asiatischen Ländern seit Frühjahr 2007 gebildet hat. So haben sich die chinesischen Großhandelspreise für Schweinefleisch von April 2007 bis Februar 2008 um mehr als 70% verteuert. Der Zentner Schweinefleisch kostet in den USA derzeit ca. 90 USD, während er in Asien zwischen 140 und 150 USD kostet (siehe Grafik 2). Der Anteil der US-Schweinefleischexporte in die ostasiatischen Schwellenländer und insbesondere nach China sollte angesichts dessen weiter zunehmen. Ende 2007 lag der Anteil der US-Exporte nach Südostasien bei 15% und hat sich damit innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Der Anteil von China allein hat sich innerhalb dieser Zeit sogar fast vervierfacht. Für dieses Jahr rechnet das US-Landwirtschaftsministerium mit einem Anstieg der Exporte um 19% gegenüber dem Vorjahr.
Ein weiterer Grund für den Anstieg der US-Exporte ist die Gefahr fallender Produktionsraten in der EU, dem neben den USA größten Nettoexporteur von Schweinefleisch. Im Juni lag die Anzahl der Zuchtsäue in der EU laut der obligatorischen Jahresumfrage rund 9% unter dem Vorjahresniveau (Grafik 3), was auf die massiv gestiegenen Produktionskosten und geringere Subventionen zurückzuführen ist. Anstelle von EU-Schweinefleisch wird nun mehr US-Fleisch nachgefragt.

Schweinefleischproduktion erheblich verteuert
Zwischen Zeugung und Schlachtung vergehen bei Schweinen elf Monate. Im Vergleich zu Rindern fällt bei Schweinen verhältnismäßig wenig unverwertbarer Abfall an. Zwar gehen zwischen der Schlachtung und der Fleischverpackung ca. 40% des Lebendgewichtes verloren, die hohe Nachfrage nach Leder und Wurst führt aber dazu, dass Häute und Därme einen großen Beitrag zum Gewinn liefern. Für eine Einheit Lebendgewicht müssen bei Schweinen sechs Einheiten an Futter aufgewendet werden. Insgesamt sind die Futtermittel derzeit für über die Hälfte der Kosten verantwortlich, weshalb die enorm gestiegenen Getreidepreise als Kostenfaktor erheblich zu Buche schlagen. Dies führt dazu, dass die Schweine früher und mit einem geringeren Lebendgewicht geschlachtet werden.
Aufgrund der verhältnismäßig kurzen Fütterungsdauer ist der rasante Anstieg der Preise für Futtermittel bei Schweinen umso stärker spürbar (Grafik 4). Zur Veranschaulichung: Der durchschnittliche Maispreis seit Anfang des Jahres – dies entspricht in etwa der Fütterungszeit eines Schweins – beläuft sich auf USD 5,80 USD je Scheffel. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum stieg der Maispreis um gut zwei US-Dollar bzw. 55%. Die Sojamehlpreise sind im diesem Zeitraum sogar um rund 70% gestiegen. Neben den gestiegenen Futtermittelkosten sind auch die Festkosten, wie z.B. die Arbeits-, Bau- und Finanzierungskosten, die 20-30% der Gesamtkosten ausmachen, in Folge der weltweiten Inflationierung auch massiv gestiegen.
Nach vorläufiger Schwäche mit einer Verteuerung im nächsten Jahr zu rechnen
Anfang Juni erreichte der Schweinebestand in den USA dank verbesserter Impfmethoden und einer höheren Fertilität ein historisches Hoch von 67,7 Mio. Tieren. Die US-Schweineproduzenten reagieren auf die hohen Bestände sowie die gestiegenen Futtermittelkosten mit einer höheren Zahl von Schlachtungen, welche Anfang Juni das Vorjahresniveau um 7% übertrafen.
Von daher überrascht nicht, dass die Schweinefleischproduktion in den USA in diesem Jahr um 7% im Vergleich zum Vorjahr steigen soll. Die derzeit robuste Nachfrage hat einen Rückgang der Schweinepreise bislang aber verhindert. Aufgrund der im Sommer üblicherweise stärkeren Nachfrage erreichen die Preise ihr jährliches Höchstniveau in der Regel zwischen Mai und August. So auch in diesem Jahr: Ein Zentner Magerschwein kostet an der CME aktuell knapp 90 USD und damit ungefähr 30 USD mehr als noch im Frühjahr. Die hohe Exportnachfrage wirkt momentan zusätzlich preistreibend, so dass die Schlachtbetriebe nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums derzeit die höchsten Preise der Geschichte erhalten. Dennoch ist ihre Gewinnmarge, d.h. die Differenz zwischen dem Fleischpreis und den Preisen für lebende Schweine, zuletzt stark geschrumpft, was auch auf ein vorläufiges Ende des Preisanstiegs bei Magerschweinen hindeutet.
Die starke saisonale Nachfrage sowie die hohen Exporte sollten dennoch dafür sorgen, dass die Schweinepreise in den kommenden Wochen unterstützt bleiben. Allerdings dürfte sich die Nachfrage in den Herbst- und Wintermonaten saisonal üblich abschwächen (Grafik 5). Spätestens dann ist damit zu rechnen, dass das steigende Fleischangebot vorübergehend auf die Preise drückt. Die jüngsten Rückgänge der Mais- und Sojabohnenpreise seit Ende Juni um jeweils rund 30% bringen Entlastung bei den Futtermittelkosten und könnten dazu führen, dass das Fleischangebot erst später auf den Markt kommt und entsprechend preisdämpfend wirken wird.
Der positive Preisausblick für 2009 bliebe davon allerdings unberührt. Als Folge der gestiegenen Schlachtraten und der Tatsache, dass die US-Schweinezüchter weniger Zuchtsäue für die Fortpflanzung zurückzuhalten beabsichtigen, sollte der Schweinebestand in den USA im kommenden Jahr spürbar zurückgehen, was bei einer weiter zunehmenden Nachfrage aus den asiatischen und osteuropäischen Schwellenländern für höhere Preise spricht. Ab dem kommenden Frühjahr dürfte sich daher der an der Chicagoer Warenterminbörse (CME) gehandelte Terminkontrakt für Magerschwein deutlich verteuern. Wir rechnen für das Gesamtjahr 2009 mit einem durchschnittlichen Preis von 86 Dollar je US-Zentner Schlachtgewicht, was einem Anstieg um 20% gegenüber dem für 2008 zu erwartenden Durchschnittspreis entsprechen würde.
