Rohstoffe kompakt - Bärenmarkt oder Korrektur?

Auch an den Märkten für Industriemetalle sind die Preise in den letzten Wochen stark abgerutscht, wobei die Metallpreise wie auch in der Vergangenheit noch zyklischer sind als die Energiepreise. Doch sind unseres Erachtens einige Preise bereits auf ein verglichen mit den Produktionskosten kritisches Niveau zurückgefallen. Nickel beispielsweise notiert gerade mal 10% höher als Anfang 2004. Gleichzeitig sind die Produktionskosten deutlich gestiegen und einige Minen, welche wieder aufgemacht wurden, sind bei dem derzeit niedrigen Preisniveaus schon wieder unrentabel. Vor diesem Hintergrund dürfte sich die Angebotsausweitung wieder verlangsamen, während zugleich die Nachfragedynamik in den Schwellenländern hoch bleibt. Hinzu kommt, dass in China angesichts der dortigen Energieproblematik die Outputsteigerungen ins Stocken geraten sind. Vor diesem Hintergrund sehen wir nach der zyklisch bedingten Korrektur langfristig wieder Aufwärtspotenzial.


Erneutes Aufwärtspotenzial bei Gold
Gold unterscheidet sich von den meisten anderen Rohstoffen. Hier spielt der Konjunkturzyklus kaum eine Rolle, da die industrielle Verwendung gering ist. Vielmehr entfällt zwei Drittel der Nachfrage auf die Schmuckindustrie. Diese war vor allem aufgrund der Höhe und der Volatilität der Preise zuletzt eingebrochen. Doch grundsätzlich dürften die hohen Einkommenszuwächse in den Schwellenländern - Indien ist das mit Abstand größte Verbrauchsland - bei einer Beruhigung der Preise zu großen Nachholkäufen führen. Bei gleichzeitig stagnierendem Angebot spricht dies unseres Erachtens für weiteres Preissteigerungspotenzial, zumal auch die Investmentnachfrage bei dem niedrigeren Preisniveau wieder zunehmen sollte.
Die von den Gold-ETF’s gehaltenen Goldbestände belaufen sich bereits auf 40% der Weltjahresproduktion und sollten weiter steigen, weil Anleger Gold als Absicherung gegen bestehende geopolitische Risiken und weiterhin mögliche Finanzmarktturbulenzen akkumulieren dürften. Ein Risiko für diese Prognose ist allerdings der Greenback: eine scharfe Aufwertung des Dollar könnte die Attraktivität von Gold dämpfen. Zudem dürfte die Inflation in den kommenden Monaten spürbar zurückgehen, wodurch Gold ebenfalls belastet werden könnte.
…und weiteres Preissteigerungspotenzial an den Fleischmärkten
Ein Paradebeispiel dafür, dass es sich bei den Rohstoffmärkten um heterogene Märkte handelt, welche differenziert betrachtet werden müssen, sind die Fleisch- und Viehmärkte. Anders als die meisten Rohstoffklassen konnten Fleisch- und Vieh lange Zeit nicht von der allgemeinen Rohstoffhausse profitieren. Es ist auch die einzige Rohstoffklasse, welche in der gegenwärtigen Korrektur an Wert gewinnen konnte. Für die weiteren Aussichten von Fleisch und Vieh sind wir ausgesprochen optimistisch. Sie besitzen enormes Nachholpotenzial, welches in den kommenden Monaten weiter ausgeschöpft werden sollte. Als Impulsgeber hierfür sehen wir eine steigende Nachfrage nach Fleisch vor allem in den Schwellenländern, die preistreibende Wirkung der massiv gestiegenen Futtermittelkosten, ein mittelfristig sinkendes Fleischangebot und die Entdeckung dieses lange Zeit vergessenen Segments durch die Finanzmarktinvestoren.
Agrarrohstoffe trotz Korrektur langfristig weiter im Aufwärtstrend
Die Agrarrohstoffe konnten sich dem Trend fallender Rohstoffpreise ebenfalls nicht entziehen und haben teils deutlich nachgegeben. So fiel Mais in der Spitze um mehr als 35%. Dennoch bleiben wir für die langfristigen Aussichten der meisten Agrarrohstoffe optimistisch. Aufgrund der stärkeren Fleischnachfrage wird der Bedarf an Futtermitteln zunehmen. Dazu kommt die wachsende Bedeutung der Agrarrohstoffe für die Herstellung von Biokraftstoffen. Der steigenden Nachfrage steht ein begrenztes Angebot gegenüber, da die Anbauflächen nicht so einfach ausgeweitet werden können. Zunehmende Wetterkapriolen stellen zudem ein Risiko für die Ernten dar.
Und die Investoren?
Dennoch bleibt eine kritische Frage zum Schluss: inwieweit werden die hohe Volatilität und die jüngsten Turbulenzen bei Rohstoffen Finanzinvestoren vor einem Engagement abschrecken? Können sich Rohstoff-Investments dennoch langfristig als eine Anlageklasse etablieren, obwohl sie anders als Renten oder Aktien über keine laufenden Erträge in Form Zinsen oder Dividenden verfügen? Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass es sinnvoll ist, zwecks Diversifizierung einem Portfolio Rohstoff-Investments beizumischen. Wir gehen auch davon aus, dass der Markt mit dem zunehmenden Interesse immer effizienter wird und dass spekulative Übertreibungen angesichts einer sich verbessernden Transparenz seltener werden.
Rohstoffe haben sich in den letzten Jahren von reinen Wirtschaftsgütern, deren Preisentwicklung nur von der Angebots-/Nachfrage-Situation abhängt, zu einer gängigen Anlageklasse entwickelt. Insofern sind aber auch die spekulativen Übertreibungen am Rohstoffmarkt wie auch an jedem anderen Finanzmarkt nicht überraschend, wobei der Markt oft von einem Extrem zu dem anderen tendiert. Dies ist auch der Grund, warum die derzeitige Korrektur durchaus 6 bis 12 Monate anhalten und schärfer ausfallen kann als fundamental gerechtfertigt wäre. Langfristig stehen dem Rohstoffmarkt jedoch noch weitere goldene Jahre bevor.