Energie: Spekulanten werden mutiger


Die 200-Tage-Linie hat sich in den letzten Tagen vorerst als tragfähiger Boden erwiesen, um den seit Mitte Juli anhaltenden Preisrutsch bei Brent und Co. zu stoppen. Zuletzt kam es sogar zu einer kleinen Gegenbewegung, die kurzzeitig über die Marke von 120 Dollar geführt hat. Dennoch scheint der Ölpreis immer noch auf recht wackeligen Beinen zu stehen. Denn unter "normalen" Umständen hätten Faktoren wie der Georgien-Konflikt, der Streit zwischen den USA und Russland um die Stationierung von US-Raketen in Polen oder die deutlich überdurchschnittliche Hurrikan-Saison zu stärkeren Aufschlägen beim Ölpreis führen müssen. Das negative Sentiment am Markt scheint daher trotz der jüngsten Erholungstendenzen noch zu bestehen.

US-Benzinlager werden knapper
Auch die wöchentlichen US-Lagerdaten hätten sich bei einem anderen Sentiment als Preistreiber erweisen können, denn zumindest bei Benzin ist die Lage relativ angespannt. Zuletzt gab es zwar bei Rohöl den stärksten wöchentlichen Anstieg (+9,4 Mio. Barrel) seit März 2001. Dennoch bleiben die Öllager aktuell mit knapp 306 Mio. Barrel leicht unter dem 10-Jahresschnitt für diese Zeit des Jahres. Deutlich schlechter sieht es bei Benzin aus. Hier hat sich der rapide Lagerabbau fortgesetzt. In den letzten vier Wochen ermäßigten sich die Bestände um gut 20 Mio. Barrel oder mehr als 9%. Mit 196,6 Mio. Barrel liegen die aktuellen Lagerbestände mittlerweile rund 5 Mio. Barrel unter dem 10-Jahresdurchschnitt und sogar 1,5 Mio. Barrel unter dem Minimum der letzten 10 Jahre. Dabei dürfte sich die Lage bei Benzin in Anbetracht der weiterhin unterdurchschnittlichen Raffinerieauslastung in den nächsten Wochen noch verschärfen.

Spekulanten bauen Positionen auf
Trotz des verhaltenen Marktsentiments sind zumindest die Spekulanten jedoch wieder etwas optimistischer geworden. Die jüngsten CFTC-Daten haben mit einem Plus von gut 12.000 Long-Positionen und dem Rückgang der Short-Positionen um über 8.500 Kontrakte die Netto-Position wieder über die Nullmarke gehievt. Die Netto-Long-Position beträgt damit knapp 12.000 Kontrakte. In Anbetracht des immer noch rückläufigen Open Interests bei WTI sollte diese Long-Position aber nicht überbewertet werden. So lange das Open Interest sich nicht ausweitet, dürfte es sich beim Positionsaufbau der Spekulanten nur um ein Strohfeuer handeln.

© Dr. Frank Schallenberger
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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