Rohstoffe kompakt: Kupfer - Weiterer Korrekturbedarf

Die starke Produktionsausweitung wird durch den hohen Kupferpreis begünstigt. Kupfer ist trotz der jüngsten Korrektur noch immer das Industriemetall, das verglichen mit Anfang 2004 die stärkste Preissteigerung verbucht. Damit ist im Gegensatz zu anderen Industriemetallen die Produktion von Kupfer nach wie vor sehr lukrativ, denn sie liegt weit über den Grenzkosten. Das zeigt beispielsweise die Kostenaufstellung von Codelco. Zwar haben auch hier die höhere Materialkosten, gestiegene Elektrizitätstarife, niedrige Wechselkurse und geringere Erzgehalte zu einem Kostenschub geführt. Doch die direkten Produktionskosten (C1) liegen nur bei 1300 USD je Tonne bzw. zuzüglich Abschreibungs-, Finanzierungs- und der übrigen Kosten (C3) bei knapp 2400 USD. Zum Vergleich notiert Kupfer aktuell bei 7400 USD je Tonne.

… während die Nachfrage abermals nur mäßig expandieren wird
Dem kräftig steigenden Angebot steht eine eher mäßig steigende Nachfrage gegenüber. Zweifellos wird die Nachfrage in China aufgrund anhaltend hoher Infrastrukturinvestitionen und eines nach wie vor immensen Nachholbedarfes weiter deutlich zunehmen. Die Kupfernachfrage pro Kopf in China beträgt derzeit nicht mal ein Viertel von dem in Deutschland. Bedingt durch die schwache Konjunktur in den Industrieländern dürfte aber die weltweite Nachfrage auch im kommenden Jahr nur mäßig zunehmen. Der Bausektor ist mit 40% der Kupfernachfrage die wichtigste Branche, für die vor allem in den USA derzeit kaum Erholungstendenzen gesehen werden. Fast ebenso bedeutend – mit 37% der Nachfrage – ist die Verwendung von Kupfer in der Elektrotechnik (37%). Auch der Transportsektor spielt mit 7% der Nachfrage keine unbedeutende Rolle. Heute werden immerhin 25 Kilo Kupfer in einem Mittelklassewagen verarbeitet, während es 1970 nur knapp 15 Kilo waren. Luxusautos haben einen noch höheren Anteil, und für die neuen populären Hybridautos werden sogar 50 Kilo Kupfer benötigt. Der Einbruch der Autoproduktionszahlen wird deshalb die Kupfernachfrage ebenfalls stark belasten. Nicht zuletzt führt die Tatsache, dass Kupfer auch relativ zu den anderen Industriemetallen teuer ist, zu verstärkter Substitution (Grafik 2). Als Substitute bieten sich bei der Kabelherstellung und bei Motorkühlern Aluminium an; Stahl wird oft in den Wärmetauschern benutzt, Kunststoff für die Röhrenherstellung und im Bausektor kann Zink ein Ersatz sein.
Kritische Größe: Kaufverhalten der Chinesen
Während die Nachfrage in den OECD-Ländern aus zyklischen Gründen wegen der weltweiten Konjunkturabkühlung eher mau sein dürfte, bleibt ein großer Unsicherheitsfaktor, nämlich das Kaufverhalten der Chinesen. In der Vergangenheit war bei ihnen ein stark preissensitives Kaufverhalten zu beobachten. So wurden in Zeiten hoher Kupferpreise staatliche Vorräte stark ab- und bei niedrigen Preisen wieder rasch aufgebaut. Eine Indikation für dieses Verhalten geben oft die Netto-Importe Chinas und die Lagerbestände an der Shanghai-Börse SHFE. Diese waren bis März des laufenden Jahres stark gestiegen, während sie mit dem Erreichen neuer Rekordstände für Kupfer im April wieder deutlich zurückgingen. Seit Mitte März fielen die Shanghai-Lagerbestände um insgesamt rund 75% und liegen nun auf dem niedrigsten Niveau seit Mai 2005. Dieses den Preis stabilisierende Marktverhalten könnte auch dieses Mal dazu
führen, dass sich die von uns erwartete Korrektur nicht in einem Rutsch, sondern durchaus mit starken Gegenbewegungen erfolgen kann.
Gleichzeitig starker LME-Lageraufbau
Mit Sicherheit lässt sich der starke Lagerabbau in Shanghai auch teilweise mit den Bewegungen zwischen verschiedenen Lagerhäusern erklären. Während die Lagerbestände in Shanghai um rund 50 Tsd. Tonnen fielen, stiegen diese im LME-System seit April um über 60 Tsd. Tonnen. Den stärksten Anstieg verzeichneten dabei die LME-Lagerbestände in Korea, was auf eine Umschichtung hindeutet und die Aussagekraft des Rückgangs der SHFE-Lagerbestände stark einschränkt. Die LME-Lagerbestände erweisen sich als weitaus wichtiger und es lässt sich eine nahezu perfekte negative Korrelation zwischen den Entwicklungen der Kupferpreise und der LME-Lagerzahlen feststellen (Grafik 1). Wir gehen davon aus, dass sich die LME-Bestände in den kommenden Monaten weiter erhöhen werden, was die Preise unter Druck bringen sollte.
Spekulative Investoren setzen auf fallende Preise
Der Kupfermarkt ist der wohl am stärksten von Finanzinvestoren beobachtete Markt unter den Industriemetallen, weil Kupfer oft als Konjunkturbarometer angesehen wird und außerdem eine hohe Gewichtung in den großen Rohstoffindizes hat. Aber auch spekulative Investoren spielen eine nicht unbedeutende Rolle. Diese setzten zuletzt wieder verstärkt auf fallende Preise: Nachdem noch Anfang Juli per saldo die nicht-kommerziellen Händler knapp 7.500 Kontrakte a 25 Tonnen netto long waren, sind sie seit Ende Juli bereits netto short. Derzeit übersteigt die Anzahl der Leerverkäufe die Long-Positionen um knapp 11.000 Kontrakte (Grafik 4). Weitere Erhöhung von Short-Positionen kann den Preisverfall noch unterstützen.
