Mais: Startet in Kürze eine neue Rallye?


Lagerbestände merklich reduziert
Immerhin hatte das US-Landwirtschaftsministerium am vergangenen Freitag außergewöhnlich gute News für die Bullen „im Gepäck“: Nachdem die Behörden die Lagerbestände in den vorherigen Monaten sukzessive angehoben hatten, wurden sie nunmehr von 1,133 auf 1,018 Milliarden Scheffel reduziert. Offenbar haben die kalten und nassen Witterungsbedingungen im Frühjahr, die zu erheblichen Verzögerungen bei der Aussaat geführt haben, die Erträge im Mittleren Westen schlussendlich doch mehr belastet als zunächst angenommen. Denn mittlerweile geht man nur noch von einem US-Output in Höhe von 12,07 Milliarden Scheffeln aus. In der letzten Saison waren es noch eine Milliarde Scheffel mehr. Auch auf globaler Ebene rechnet man auf Grund geringerer Ernten mit einem Rückgang der Lagerbestände von 123 auf 110 Millionen Scheffel.
Ending Stock to Use Ratio auf rekordverdächtigem Tief
Fast schon dramatisch stellt sich die Versorgungssituation dar, wenn man sein Augenmerk auf das Ending Stock to Use Ratio lenkt. Dieses soll zum Ende des Wirtschaftsjahres 2008/09 (30. September 2009) gerade einmal noch bei acht Prozent liegen. Das ist der niedrigste Wert in den zurückliegenden zehn Jahren. Im Durchschnitt lag das Verhältnis zwischen Endbeständen und Verbrauch in der zurückliegenden Dekade gut 50 Prozent höher. Es ist also beileibe keine Übertreibung zu behaupten, dass Mais in den Vereinigten Staaten aktuell so knapp ist wie schon lange nicht mehr.
Rückläufiger Bedarf wegen schwächelnder Ethanol-Industrie
Allerdings ist nicht gänzlich auszuschließen, dass sich die Lage von der Nachfrageseite her etwas entspannt. Aktuell rechnet das Ministerium bereits mit einem leichten Rückgang des Bedarfs von 12,83 in diesem auf 12,64 im nächsten Wirtschaftsjahr. Wir können uns durchaus vorstellen, dass diese Vorhersage in den kommenden Monaten weiter nach unten korrigiert wird. Der amerikanische Ethanolmarkt schwächelt ungeachtet der Bemühungen einiger Politiker weiter und der „Sinkflug“ des Ölpreises bietet nicht gerade das optimale Umfeld für eine Ausweitung der ohnehin bereits zu hohen Kapazitäten. Auf der anderen Seite haben die letzten Jahre eindrucksvoll bewiesen, dass es höchste Zeit ist, Alternativen zum Öl zu schaffen, so dass wir nicht glauben, dass Ethanol gänzlich in der Versenkung verschwinden wird. Kurzfristig jedoch könnte die Attraktivität abnehmen.
US-Exporte vor Kollaps?
Wenig Unterstützung für die Maisnachfrage sehen wir auch beim Export. Im laufenden Jahr lagen die amerikanischen Ausfuhren trotz der teilweise mehr als happigen Preise bislang elf Prozent über dem Vorjahres-Niveau. Für die kommende Saison prognostiziert das Landwirtschaftsministerium jedoch bereits ein Minus von stattlichen 18 Prozent, weil davon ausgegangen wird, dass die Erträge in anderen Regionen der Welt zunehmen dürften. Auch wenn wir uns vorstellen können, dass die Nachfrage aktuell etwas zu optimistisch gesehen wird, sind wir davon überzeugt, dass der Maisbedarf in der kommenden Saison deutlich über der Produktion liegt. Somit sollte der Markt mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein primäres Angebotsdefizit aufweisen.
Mäßiger Zustand der Pflanzen
Abgesehen davon muss mit weiteren Abwärtsrevidierungen bei der Ernte gerechnet werden. Ausweislich des letzte Woche veröffentlichten Crop Progress Reports befinden sich nur 61 Prozent der Pflanzen in einem guten bis ausgezeichneten Zustand. Im abgelaufenen Jahr waren es zum jetzigen Zeitpunkt noch 63 Prozent.
Fundamentals moderat bullisch
Unterm Strich bewerten wir die fundamentale Situation bei Mais durchaus positiv im Hinblick auf moderate Kurssteigerungen, wobei natürlich eine Mega-Hausse wir in den ersten sechs Monaten dieses Jahres eher unwahrscheinlich ist. Allerdings könnten die Mais-Notierungen demnächst durchaus wieder eine Sechs als erste Zahl aufweisen, zumindest dann wenn sich die Rohstoffmärkte im Allgemeinen etwas beruhigen. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Sollten die Rohwaren aber wieder in geordnete Bahnen einschwenken, ist Mais sicherlich einer der ersten Kandidaten für Long-Engagements.
Technisch (noch) keine Trendwende in Sicht
Überzeugten Charttechnikern mag es beim bloßen Gedanken, zur Stunde long in Mais zu gehen, einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Und absolut zu Recht: Der seit Sommer vorherrschende Abwärtstrend ist ungeachtet der jüngsten Erholungsversuche vollständig intakt. Zudem notiert Dezember-Mais gegenwärtig unter sämtlichen wichtigen gleitenden Durchschnitten und auch der RSI liegt mit 38 ganz klar im bärsichen Bereich. Erschwerend kommt hinzu, dass sowohl der MACD als auch die schnellere Stochastik derzeit ein klares Verkaufssignal generieren. Aufhellen würde sich die Lage erst, wenn der nun fast erreichte Support bei etwa 530 US-Cents nachhaltig verteidigt wird. Gelingt das nicht, muss ein Test der nächsten Unterstützung bei 500 US-Cents fest einkalkuliert werden. Aktuell sind aus technischer Sicht Long-Positionen in Mais in jedem Fall nur etwas für sehr mutige Trader, die auch gerne einmal gegen den Trend agieren.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de