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Rohstoffe kompakt Energie - Renaissance der Kohle

24.09.2008  |  Eugen Weinberg
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Protektionismus und stärkerer Eigenbedarf:

Auch in anderen wichtigen Produzentenländern gibt es Tendenzen, die Verwendung der Kohle mehr auf den heimischen Verbrauch zu lenken, was zu Lasten der Kohleausfuhren gehen dürfte. So plant Indonesien, welches nach Australien der weltweit zweitgrößte Kohleexporteur ist, den Bau neuer Kraftwerke. Dadurch wird der Eigenbedarf um 32 Mio. Tonnen pro Jahr steigen, was 20% der derzeitigen indonesischen Produktion entspricht. Russland, der weltweit drittgrößte Exporteur, hat den Kohleproduzenten Mechel vor kurzem dazu gezwungen, seine Kokskohlepreise für die heimischen Stahlproduzenten um 15% zu senken. Möglicherweise bleibt dies kein Einzelfall. In Südafrika, die Nr. 4 bei den Exporteuren, haben anhaltende Probleme bei der Stromversorgung zu sinkenden Produktionszahlen bei Gold und Platin geführt, welche die beiden wichtigsten Exportgüter des Landes sind. Alles in allem ist davon auszugehen, dass der für den Export bestimmte Anteil der Kohle in vielen Ländern deutlich geringer ausfallen wird und sich somit stärker auf wenige Länder wie Australien konzentrieren dürfte.

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Stagnierendes Angebot:

Das Angebot an Kohle, welches auf dem Weltmarkt künftig zur Verfügung stehen wird, dürfte mit der steigenden Nachfrage nicht nur aus diesen Gründen kaum Schritt halten. Auch wurden in China in den vergangenen Jahren tausende kleiner Minen aus Sicherheitsgründen geschlossen. Dazu gibt es politische Widerstände gegen den Ausbau der Förder- und Transportkapazitäten in anderen wichtigen Produzentenländern. So hat die australische Regierung den Bau eines geplanten Kohleprojektes aus Umweltaspekten zunächst gestoppt, welches ab 2012 zunächst 25 Mio. Tonnen und später 50 Mio. Tonnen pro Jahr für die Elektrizitätserzeugung hätte fördern sollen. Australien ist der größte Nettoexporteur von Kohle und beliefert insbesondere den asiatischen Raum. Dieser stellt mit Japan, Korea und Taiwan wiederum die größten Kohleimporteure. Dazu kommt wie oben beschrieben China mit seinem zunehmenden Bedarf an Importkohle.

Damit sind die derzeitigen Nachteile von Kohle angesprochen. Der Abbau erfolgt zu 60% unter Tage und zu 40% im Tagebau. Insbesondere letzteres ist mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt und mit Veränderungen der Landschaften verbunden. Der Transport von Kohle erfolgt über lange Strecken via Schiff und Eisenbahn und ist daher sehr aufwenig und teuer. Die dafür benötigte Infrastruktur wie Häfen und Bahnlinien sind häufig nicht ausreichend vorhanden oder ausgebaut bzw. stößt wie oben beschrieben auf Widerstand. Ein weiterer gravierender Nachteil von Kohle ist die hohe Umweltbelastung durch den CO2-Ausstoß bei der Verbrennung. Die Entwicklung neuer umweltschonenender Technologien ist teuer und wird noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Kurzfristig wird sich dieses Problem allerdings nicht lösen lassen.


Zusammenfassung und Ausblick:

Die genannten Faktoren sprechen überwiegend für einen Anstieg der Kohlepreise in langfristiger Perspektive. In vielen Entwicklungsländern kommt es bereits zu Engpässen bei der Stromversorgung, welche vielerorts protektionistische Maßnahmen bei der Kohleverwendung zur Folge haben. Dadurch dürfte sich das Kohleangebot auf den Weltmärkten tendenziell verknappen. Zudem ist der mit Abstand größte Kohleproduzent China zum Nettoimporteur geworden. Die Kohlenachfrage in China hat sich in den letzten 10 Jahren in etwa verdoppelt (siehe Grafik 4). Die Erschließung neuer heimischer Kohlevorkommen dürfte damit kaum Schritt halten, zumal in den kommenden Jahren weitere kleinere Minen geschlossen werden. Vor allem in den Entwicklungsländern bleibt Kohle für die Energieerzeugung noch für längere Zeit unverzichtbar. Trotz der zunehmenden Bedeutung alternativer Energien und klimapolitischer Vorbehalte gilt dies in abgeschwächter Form auch für die Industrieländer. So ist in Deutschland der Bau von mehr als zwanzig neuen Kohlekraftwerken entweder bereits im Gang oder geplant.

Wir gehen aufgrund der geschilderten Faktoren davon aus, dass sich Kohle im kommenden Jahr deutlich verteuern wird. Ein Erreichen oder gar Überschreiten der im Sommer erreichten Preise von 150 USD je Tonne für die US-Sorte Appalachian ist dabei denkbar. Aufgrund des enormen Bedarfs der Kohle für die Stromerzeugung ist auch eine Abkopplung vom Ölpreis möglich. Kurzfristig könnte der Kohlepreis im Zuge der anhaltenden Korrektur beim Ölpreis gleichwohl noch etwas nachgeben. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Marke von 80 USD ist allerdings unwahrscheinlich.


Risiken:

Es gibt sicher auch Argumente, welche gegen einen langfristigen Anstieg der Kohlepreise sprechen. Durch den Rückgang der Ölpreise sinken auch die Opportunitätskosten für Kohle, denn aus Kohle kann mit einem aufwendigen Verfahren unkonventionelles Öl gewonnen werden. Mit einem fallenden Ölpreis sinkt hierfür der Anreiz. In China wurden bereits mehrere dieser Kohle-zu-Öl-Projekte ausgesetzt, was aber auch mit den knappen inländischen Kohleressourcen zu tun haben dürfte. Bei einem steigenden Kohlepreis werden zudem andere Energieträger zur Stromerzeugung interessant. Zu nennen sind hier insbesondere das kostengünstige und umweltfreundliche Erdgas (siehe Grafik 5), aber auch Diesel und Uran. Aus diesem Grund wird sich Kohle von der Preisentwicklung der anderen Energieträger nicht vollkommen abkoppeln können.

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