Edelmetalle Aktuell

Der Platinpreis ist in den letzten zweieinhalb Wochen einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt gewesen. Von knapp 1.400 $ an unserem letzten Berichtstag fiel die Notierung zunächst kontinuierlich weiter auf 1.127 $ je Unze. Darauf folgte eine nur kurze Erholung und dann ein weiterer, massiver Einbruch auf 1.040 $. Dieses Niveau wurde dann am vergangenen Freitag noch ein zweites Mal erreicht, bevor es zuletzt eine Erholung auf über 1.255 $ je Unze gab. Verantwortlich für diese jüngste Erholung dürfte zumindest zum Teil das in anderen Ländern vielkritisierte Rettungspaket der amerikanischen Regierung für die lokale Finanzindustrie sein. Möglicherweise machen sich hier erste Spekulanten bereits wieder Hoffnung auf eine rasche Erholung der US-Wirtschaft und auf ein Anspringen des Konsums. Wir sind da weniger optimistisch und deshalb auch nicht davon überzeugt, dass sich die gestrige Rallye des Platinpreises fortsetzen kann. Für die nächsten Tage erwarten wir zunächst eine Handelsspanne zwischen 1.100 $ und 1.250 $ je Unze.
Auf längere Sicht sind dann noch einmal niedrigere Preise zwar nicht auszuschließen, der doppelte Tiefstkurs der vergangenen Woche von 1.040 $ sollte dabei aber auf absehbare Zeit erst einmal nicht unterschritten werden. Die mehr oder weniger spekulativen Platinpositionen der Investoren an den Terminbörsen haben unterdessen im September weiter deutlich abgenommen. Gegenüber dem Höchststand vom Juli haben sie sich mit jetzt noch 15 Tonnen fast halbiert. Der Großteil des Rückgangs ging dabei auf das Konto von Investoren an der Tokioter Terminbörse TOCOM. Im Gegensatz dazu haben sich die in Form von ETFs gebundenen Metallmengen in den letzten Wochen kaum verändert. Sie liegen nach wie vor bei etwa 9 Tonnen. Allerdings hatten diese ja bereits im August deutlich abgenommen.
In der nächsten und übernächsten Woche werden die Augen der Händler vor allem wieder auch auf die Autoverkaufszahlen aus den USA und aus Europa gerichtet sein. Angesichts der Turbulenzen auf den Finanzmärkten in den letzten Wochen dürften sich nicht nur Investmentbanker in New York mit Neuanschaffungen zurückgehalten haben. Von der Autoindustrie ist deshalb aller Voraussicht nach keine Unterstützung für die im Vergleich zu den Höchstkursen vom Frühjahr deutlich angeschlagenen Platinmetalle zu erwarten.
Bei der Vorstellung des ersten Ergänzungsbandes zur alljährlichen Goldstudie von GFMS zeichneten die Analysten der Londoner Beratungsfirma kein besonders positives Bild für Platin. Trotz des Einbruchs bei der Neuproduktion im 1. Halbjahr sehen die Analysten von GFMS für 2008 einen Überschuss auf dem Platinmarkt voraus, der bis zu 120.000 Unzen betragen könne. Für 2007 hatte GFMS noch ein Defizit von 210.000 Unzen errechnet. Grund für den Wechsel hin zu einer Überschusssituation sei das zunehmende Recycling, die Substitution von Platin durch Palladium in der Autoindustrie und der Einbruch der Schmucknachfrage aufgrund der hohen Preise in den ersten acht Monaten. Für 2009 prognostizierten Vertreter von GFMS sogar einen noch deutlich höheren Überschuss.
Zahlreiche Vertreter des internationalen Platinhandels sind in dieser Woche in New York zur Platinum Week versammelt. Die ganze Woche über treffen sie sich, um die neuesten Entwicklungen im Markt zu diskutieren und daraus Schlüsse über die weitere Preisentwicklung zu ziehen.
Palladium
Der Preis für das häufigste Metall der Platingruppe entwickelte auch in den letzten Tagen kein wirkliches Eigenleben. Angespornt durch die anfänglichen Kursverluste beim Platin kam er aber zeitweise der Marke von 200 $ bedenklich nahe. Der Preisverfall stoppte schließlich, nicht zuletzt durch aufkommendes Kaufinteresse der Industrie, am Ende bei 212,00 $ je Unze. Dies war allerdings trotzdem das tiefste Niveau der letzten drei Jahre und ein herber Rückschlag für jene Marktbeobachter, die seit längerem auf eine sich scheinbar fortlaufend verbessernde fundamentale Lage des Metalls hinweisen. Offensichtlich stand die zwischenzeitliche Rallye, die das Palladium im ersten Halbjahr auf immerhin 580 $ je Unze geführt hatte, aber auf einem deutlich unsichereren Fundament als gedacht und war dabei sehr viel mehr als allgemein vermutet abhängig von Käufen spekulativ orientierter Adressen.
Trotz der gravierenden Einbußen der letzten Monate glauben wir nicht, dass das Metall, das sich in den letzten drei Tagen immerhin wieder auf über 240 $ befestigen konnte, mit Preisen um oder sogar unter 200 $ je Unze fair bewertet ist. Dazu ist die Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs des industriellen Verbrauchs einfach zu hoch, auch wenn es nun angesichts der weltweiten Finanzkrise möglicherweise etwas länger dauern wird, bis sich diese Situation dann auch im Preis widerspiegeln wird.
Industriellen Endverbrauchern raten wir aber weiterhin, mit Hilfe von gestaffelten Kauforders Preissicherungen vorzunehmen.
Auch zum Palladium gab es von GFMS während der Vorstellung der jüngsten Goldstudie einige Bemerkungen. Im Gegensatz zu den Hinweisen, die sich auf Platin bezogen, fielen diese jedoch deutlich positiver aus. So schließt GFMS nicht aus, dass der Palladiummarkt in absehbarer Zeit, besonders aufgrund der immer weiter abgebauten Vorräte sogar in ein Defizit rutschen könnte.
Rhodium, Ruthenium, Iridium
Die weltweit am Ende doch überschaubare Zahl an Edelmetallhändlern hatte in den letzten 14 Tagen alle Hände voll mit den vier Hauptmetallen zu tun. Entsprechend ruhig verlief der Handel in den "kleinen" Platinmetallen. Rhodium musste anfangs noch leichte Verluste hinnehmen, seitdem pendelt der Preis dann aber zwischen 4.200 $ und 4.400 $ je Unze hin und her. Nur am unteren Ende dieser Handelsspanne beobachteten wir etwas industrielles Kaufinteresse, das jedoch bei jedem Anstieg der Notierung rasch wieder versiegte.
Wenig Kaufbereitschaft seitens der Industriekundschaft gibt es auch bei Ruthenium und Iridium. Dies führte dazu, dass die Preise im Markt zuletzt leicht gesunken sind. Iridium wird aktuell bei 420 $ - 450 $ gehandelt, das Ruthenium bei 240 $ - 290 $ je Unze.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
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