Backwardation why don’t you come back?

Eigentlich würde man erwarten, dass sich die Terminmärkte für Rohstoffe stets im Contango befinden und der Terminpreis über dem Kassakurs notiert - die positive Differenz entspricht dem Zinsaufwand, der für die Finanzierung des Einkaufs notwendig ist. Bei Rohstoffen sollte diese Differenz noch ausgeprägter sein, da dabei neben den Finanzierungs- auch Lager- und Versicherungskosten anfallen. Jedoch ist Backwardation am Rohstoffmarkt ein sehr häufiges Phänomen. So verbrachte der Kupfermarkt in den letzten 20 Jahren rund 50% der Zeit in Backwardation, während sich der Öl- und der Zuckermarkt seit 1987 jeweils sogar 59% der Zeit in Backwardation befanden. Es gibt vielerlei Erklärungen für die Entstehung von Backwardation. Mit drei davon, die unter den Begriffen ´´normal backwardation´´, ´´convenience yield´´ und ´´mean reversion´´ bekannt sind, befassen wir uns.
´´Normal backwardation´´ - Backwardation ist normal
Backwardation der Terminkurve bei Rohstoffen ist kein modernes Phänomen. Bereits John Maynard Keynes hat in den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts diese Konstellation untersucht und kam zum Schluss, dass Backwardation der Rohstoff-Terminmärkte etwas ganz normales ist, daher der Begriff ´´normal backwardation´´. Der Rohstoffproduzent weiß mit hoher Wahrscheinlichkeit, was die Mine oder das Ölfeld in einem Monat, sechs Monaten oder zwei Jahren produzieren kann und verkauft einen Teil dieser Produktion auf Termin. Außerdem verlangen des Öfteren die Banken, die Rohstofffirmen Kredite zur Verfügung stellen, das sog. ´´Hedging´´, d.h. einen Teiloder Komplettverkauf der Produktion der nächsten Jahre am Terminmarkt, um die Rückzahlung der Kredite sicherzustellen. Die Firmen erreichen dadurch eine bessere Budgetierung, was oftmals auch zur verbesserten Bonität führt.
Die Spekulanten, die den Firmen das Preisrisiko abnehmen, sollten dagegen dafür belohnt werden. Da die Firmen durchaus bereit sind, für die bessere Planbarkeit der Erträge auch einen niedrigeren Preis in Kauf zu nehmen, werden die Spekulanten durch einen günstigeren Einstiegskurs entlohnt.
Lagerbestände und ´´convenience yield´´
Die physische Knappheit kann auch als Erklärung für die Backwardation der Terminkurve herangezogen werden. In diesem Fall ist der Verbraucher bereit für den physisch verfügbaren Rohstoff entsprechend mehr zu bezahlen.
Auch erwartet man in den Zeiten von Lieferengpässen, dass sich die Situation künftig bessert und der Preis entsprechend fällt. Wir haben die These untersucht, dass im Vergleich zu Vorjahren außerordentlich hohe (niedrige) Lagerbestände mit der Form der Terminkurve korrelieren. In der Tat ist bei den untersuchten Rohstoffen (Kupfer, Öl) der Zusammenhang zwischen den relativ niedrigen Lagerbeständen und der Backwardation signifikant. Backwardation definieren wir dabei als negative Differenz zwischen den Preisen für die 1-Monats-Futures und 3-Monats-Futures. Die Korrelation zwischen den Abweichungen der US-Lagerbestände für Rohöl vom gleitenden Jahresdurchschnitt und der Backwardation (gemessen als prozentualer Abstand zwischen dem 3-Monats-Future und 1-Monats-Future) beträgt 0,55.
Auch bei Kupfer ist der Zusammenhang zwischen den niedrigen Lagerbeständen und der Backwardation der Terminkurve signifikant. Somit ist die Backwardation oftmals ein Ausdruck der aktuellen physischen Knappheit. Contango auf der anderen Seite wird demnach durch einen starken Lageraufbau begünstigt. Dieses Phänomen kann man sehr deutlich am Ölmarkt erkennen, wo die Lagerbestände in den letzten Jahren massiv aufgebaut wurden und sich die Terminkurve seit mittlerweile zwei Jahren hauptsächlich im Contango befindet.
Außerdem dürfen nach derzeitiger Gesetzeslage in vielen Ländern Firmen aus einigen strategisch wichtigen Branchen keine nennenswerten Termingeschäfte eingehen, um große spekulationsbedingte Pleiten, analog zur Metallgesellschaft oder Orange County, und die damit verbundenen exogenen System-Schocks zu vermeiden. Diese Präferenz einiger Unternehmen für den Kassamarkt führt oftmals zu einem Aufschlag gegenüber den Terminpreisen.