Kupfer: Im Würgegriff der Rezessionsangst


Massives Überangebot erwartet
Hauptgrund für unsere nach wie vor pessimistische Haltung in Bezug auf steigende Kupfer-Notierungen sind die jüngst veröffentlichten Daten der International Copper Study Group. Für das laufende Jahr haben die Experten einen globalen Angebotsüberschuss von 109.000 Tonnen angekündigt. Noch schlimmer soll es in 2009 kommen. Für das nächste Jahr stellt man ein Überangebot von fast schon beängstigenden 265.000 Tonnen in Aussicht. Angesichts dessen ist klar, dass sich der Trend zu einem weiteren Anstieg der Lagerbestände nicht nur fortsetzen sondern sogar erheblich verschärfen wird.
Explodierende Minen-Produktion
Ursächlich dafür ist zum einen die signifikante Ausweitung der Minen-Produktion. In 2008 dürfte das Plus bei etwa zwei Prozent liegen. Im kommenden Jahr sprechen die “Auguren“ jedoch von einem Anstieg um elf Prozent. Dass diese Entwicklung eine großartige Überraschung darstellt, kann man beim besten Willen nicht sagen. Die signifikanten Kurszuwächse beim „roten Metall“ in der Vergangenheit haben die Kupfer-Förderung zu einem sehr lukrativen Geschäft gemacht. Insofern ist es nur folgerichtig, dass viele Minen-Betreiber ihre Kapazitäten merklich ausgeweitet haben und zudem immer neue Lagerstätten erschlossen haben. Geht man davon aus, dass eine neue Mine eine Vorlaufzeit von etwa fünf Jahren hat, gehen im kommenden Jahr die Liegenschaften in Produktion, die etwa 2004 exploriert wurden. Da der Kupferpreis allerdings danach nochmals kräftig zulegen konnte, sind die elf Prozent Plus für 2009 lediglich die Spitze des Eisberges. Wir können uns vorstellen, dass der Markt in den folgenden Jahren Angebotszuwächse verkraften muss, von denen heute noch niemand zu träumen wagt.
“Dunkle Wolken“ über der Nachfrage-Seite
Letztlich wäre die Produktionsausweitung ja gar nicht so schlimm, wenn die Nachfrage damit Schritt halten könnte. Aber genau das ist nicht der Fall. Dass sich die Finanzkrise inzwischen in den meisten Ländern die reale Wirtschaft erreicht hat, ist ein offenes Geheimnis und zumindest für 2009 und wohl auch noch für 2010 muss speziell in den westlichen Industriestaaten mit rezessiven Tendenzen gerechnet werden. In China ist die Lage zugegebenermaßen nicht ganz so schlimm, aber auch im “Reich der Mitte“ wird nur mit “Wasser gekocht“. Eine deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums sollte in jedem Fall einkalkuliert werden. Von daher dürften die Zeiten der stetig wachsenden Kupfer-Nachfrage bis auf weiteres der Vergangenheit angehören. Im Gegenteil: Bei nüchterner Betrachtung muss mit signifikanten Rückgängen beim Verbrauch gerechnet werden.
Von Unterbewertung keine Spur
Alles in allem präsentieren die die fundamentalen Rahmenbedingungen also überaus “bärisch“. Es mag verständlich erscheinen, dass einige Anleger nach dem massiven Preisverfall der letzten Monate bei Kupfer eine Long-Chance wittern. Doch von einer Unterbewertung des “roten Metalls“ kann beim besten Willen keine Rede sein, vor allem weil alles dafür spricht, dass sich das Überangebot weiter stark ausweiten wird. Außerdem sollte man sich einmal vor Augen führen, wo Kupfer eigentlich herkommt. Noch Ende 2001 kostete ein amerikanisches Pfund Kupfer etwa 70 US-Cents. Verglichen damit sind die 185 US-Cents aktuell ganz bestimmt kein “Schnäppchenpreis“. Ob man zum jetzigen Zeitpunkt noch short gehen sollte, ist schwer zu sagen. Long jedoch ist auf längere Sicht fast schon unverantwortlich.
Charttechnik: Technische Gegenreaktion ja, Trendwende nein
Auch aus technischer Sicht stellt sich die Lage eher düster dar: Der Abwärtstrend seit Juli dieses Jahres ist vollständig intakt und Kupfer notiert trotz des starken gestrigen Rebounds nach wie vor unter seiner 18-Tage-Linie. Außerdem können selbst Berufs-Optimisten beim Blick auf den Chart nicht ansatzweise die Ausbildung eines tragfähigen Bodens erkennen. Dennoch besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die laufende Gegenreaktion sich noch etwas fortsetzt, zumal sowohl die Stochastik als auch der MACD aktuell ein Kaufsignal generieren Nicht vergessen sollte man aber, dass sich der RSI unverändert im “bärischen“ Bereich befindet. Vorstellbar ist zumindest ein Test der Widerstandsmarke bei 220 US-Cents. Wird diese “geknackt“ könnte es sogar bis 250 US-Cents hoch gehen. Von einer generellen Trendwende könnte erst bei Kursen jenseits von 280 US-Cents gesprochen werden. Dass wir diese sehen, erachten wir aber für nahezu ausgeschlossen.
© Marc Nitzsche
Chefredakteur Rohstoff-Trader
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter finden sie auf der Website: www.Rohstoff-Trader.de