• Sonntag, 11 Mai 2025
  • 15:13 Frankfurt
  • 14:13 London
  • 09:13 New York
  • 09:13 Toronto
  • 06:13 Vancouver
  • 23:13 Sydney

OPEC: Nur eine Schönwetter-Weltmacht?

05.11.2008  |  Eugen Weinberg
- Seite 2 -
OPEC - der einzige Großproduzent mit freien Kapazitäten

Die Nicht-OPEC-Länder stellten 2007 mit 50 Mio. Barrel knapp 60% der täglichen weltweiten Ölproduktion. Für dieses Jahr erwartet die Internationale Energieagentur (IEA) einen Anstieg der Produktion der Nicht-OPEC-Länder um 150 Tsd. Barrel pro Tag und im nächsten Jahr einen Anstieg um 660 Tsd. Barrel pro Tag. Allerdings unterliegt diese Schätzung erheblichen Abwärtsrisiken. Anfang des Jahres ging die IEA noch davon aus, dass die Produktion der Nicht-OPEC-Länder in diesem Jahr um 520 Tsd. Barrel pro Tag und im Jahr 2009 um 1,02 Mio. Barrel pro Tag zunehmen wird. Die deutliche Abwärtsrevision lässt sich erklären mit einer schwächer als erwarteten Produktion in wichtigen Nicht-OPEC-Ländern wie Russland und Mexiko, der zeitweisen Unterbrechung der aserbaidschanischen Ölförderung im Kaspischen Meer aufgrund des Kaukasus-Konflikts und der vorübergehenden Schließung der BTC-Pipeline sowie hurrikanbedingten Produktionsausfällen in den USA.

In Russland dürfte die Ölproduktion in diesem Jahr erstmals seit zehn Jahren stagnieren oder sogar rückläufig sein, weil viele Ölfelder den Zenit überschritten haben und Ersatzinvestitionen nicht ausreichend getätigt wurden. Der im Verhältnis zum aktuellen Ölpreis sehr hohe Exportzoll dürfte außerdem dazu führen, dass Russland in Zukunft weniger Rohöl exportiert. Die IEA erwartet einen Rückgang der russischen Ölproduktion um 60 Tsd. Barrel pro Tag in diesem Jahr und um weitere 150 Tsd. Barrel pro Tag im nächsten Jahr. Das Finanzministerium Russlands gab unterdessen bekannt, dass der russische Staatshaushalt bei einem Ölpreis von unter 70 USD in Bedrängnis kommt.

Mittelfristig dürfte sich an dieser Problematik kaum etwas ändern. Die Finanzkrise und der Ölpreisverfall dürften dazu führen, dass nicht nur in Russland notwendige Investitionen in die Ölinfrastruktur unterbleiben. Aufgrund des deutlichen Verfalls der Ölpreise in den vergangenen Wochen dürften zudem Investitionen in kostspielige Projekte wie die Rohölgewinnung aus Ölsanden in Kanada und die Erschließung von Tiefseeölfeldern wie die gigantischen Ölfelder Tupi und Carioca vor der Küste Brasiliens zunächst zurückgestellt werden, weil sie sich erst bei einem nachhaltig höheren Ölpreisniveau rechnen. Außerdem sind die Aussichten auf eine Finanzierung von voraussichtlich über 200 Milliarden USD angesichts der Finanzkrise derzeit utopisch.

Somit bleibt die OPEC der einzige nennenswerte Großproduzent, der kurzfristig auf eventuelle Nachfrageveränderungen reagieren kann (siehe Grafik 2). In den Zeiten robuster Nachfrage ist man dieser Pflicht dankend nachgekommen. Die Produktion wurde massiv ausgeweitet - seit 2002 hat sich die OPEC-Ölproduktion um ein Drittel erhöht. Von robuster Nachfrage kann derzeit aber keine Rede sein, im Gegenteil: Aufgrund der markanten Konjunkturabschwächung geht die Ölnachfrage in den OECD-Ländern derzeit so stark zurück, dass dieser Rückgang durch die Schwellenländer wie China und Indien kaum noch kompensiert werden kann. Das momentane Überangebot von Rohöl spiegelt sich in steigenden Lagerbeständen in den OECD-Ländern wider.

Im August hatten diese eine Reichweite von 54,9 Tagen, was über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre liegt. Die Entwicklung der vom US-Energieministerium veröffentlichten Lagerbestandsdaten legt außerdem nahe, dass sich der Lageraufbau nach einem kurzen hurrikanbedingten Rücksetzer zuletzt sogar verstärkt hat. Im derzeitigen Marktumfeld sind die Marktmacht und die Bedeutung der OPEC daher deutlich eingeschränkt. Außerdem befürchtet die OPEC, dass das fehlende Angebot durch die Nicht-OPEC-Länder zur Verfügung gestellt wird. Deshalb hat die OPEC unlängst an Russland, Mexiko und Norwegen appelliert, sich an der Fördermengenkürzung zu beteiligen, um die Ölpreise zu stabilisieren. Jedoch haben diese Länder ohnehin schon mit einer rückläufigen Ölproduktion zu kämpfen (siehe Grafik 3). Dazu kommen fallende Ölpreise, welche die Einnahmen zusätzlich schmälern.

Die Nicht-OPEC-Länder werden daher kaum bereit sein, der OPEC-Bitte Folge zu leisten. So hat Russland bereits verlauten lassen, weiterhin eine von der OPEC unabhängige Förderpolitik betreiben zu wollen. Die in letzter Zeit diskutierte engere Kooperation zwischen der OPEC und Russland dürfte sich eher auf langfristige Politikfelder wie die Erschließung neuer Förderprojekte erstrecken und weniger auf kurzfristige Absprachen hinsichtlich der Produktionsmengen.

Open in new window





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



© 2007 - 2025 Rohstoff-Welt.de ist ein Mitglied der GoldSeiten Mediengruppe
Es wird keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen! Alle Angaben ohne Gewähr!
Kursdaten: Data Supplied by BSB-Software.de (mind. 15 min zeitverzögert)