Edelmetalle Aktuell


Der gestrige Tag dürfte auch altgedienten Goldhändlern, die im Laufe ihrer Karriere schon einiges gesehen haben, in deutlicher Erinnerung bleiben.
Nach dem Durchbrechen einer wichtigen Unterstützung auf den kurzfristigen Charts bei 906 $ je Unze befand sich das Metall in voller Fahrt nach unten, als am Abend nach Schließung der Edelmetallbörse in New York die amerikanische Notenbank FED bekanntgab, dass sie indirekt über den Ankauf von Staatsanleihen 1 Billion Dollar zusätzlich in die Wirtschaft pumpen wolle.
Analysten warnten umgehend, dass die Flutung der Geldmärkte mit immer mehr Liquidität zumindest mittelfristig hohe Inflationsrisiken bergen könnte - faktisch wirft die FED mit dem Erwerb der Staatspapiere schlicht die Notenpresse an. So sahen es wohl auch viele Anleger und stürzten sich geradezu auf das gelbe Metall. Dieses legte in etwas mehr als einer Stunde wieder um fast 60 $ je Unze auf 945,50 $ zu und erreichte damit den höchsten Stand seit Anfang März. Unterstützt wurde der Anstieg des Goldpreises auch von einem parallelen Einbruch des US-Dollars, der gegenüber dem Euro von 1,30 auf über 1,35 einbrach.
Gegenüber den Kursbewegungen von gestern Abend verblassten jene der letzten zehn Tage. Für sich betrachtet war der Goldpreis allerdings auch da schon sehr volatil und von einem Kurs von fast 940 $ je Unze fiel er zunächst auf 894 $ zurück, nur um dann vorübergehend noch einmal auf 934 $ anzusteigen.
Hinter den anfänglichen Verlusten steckte ein noch immer relativ hohes Altgoldaufkommen, aber auch ein zwischenzeitliches Abebben der Nachfrage von Investoren. Diese traten erst in den letzten beiden Tagen wieder verstärkt in Erscheinung und bescherten nicht nur dem größten Gold-ETF SPDR Gold Trust eine erneute Nachfragewelle. Die insgesamt investierte Menge in diesem Produkt liegt jetzt bei 1.084,33 Tonnen, damit verfügen alleine die Anleger in diesem ETF jetzt über mehr Gold als die Notenbank der Schweiz.
Ob die privaten Investoren in Deutschland nach den gestrigen Meldungen aus den USA ebenfalls wieder verstärkt physisches Gold in Form von Barren kaufen, kann heute Morgen noch nicht beurteilt werden. In den ersten Tagen des Berichtszeitraumes war ihr Kaufinteresse aber, wie bei den ETFs auch, zunächst etwas abgeebbt. Die produktionsbedingten Wartezeiten haben sich in den letzten Tagen dadurch etwas verringert, 1 Kilo-Barren sind sogar sofort verfügbar.
Auf der Schmuck- und auf der Industrieseite, in normalen Zeiten zuverlässige Stützen für den Goldmarkt, geht dagegen weiterhin nicht viel. Dazu passt eine Aussage der Analysten von GFMS, die mitteilten, dass die Türkei im Moment ein signifikanter Exporteur von Gold sei, statt wie üblich einer der weltweit größten Importeure. Die italienischen Schmuckexporte, so wurde im Vorfeld der Schmuckmesse in Arezzo mitgeteilt, seien im letzten Jahr um 8,3% auf 4,4 Mrd. € gefallen. Gleichzeitig hätten 2008 2,3% der Schmuckhersteller aufgeben müssen.
In Südafrika ist in dieser Woche eine ganz besondere Ära zu Ende gegangen: Der inzwischen in London beheimatete Minengigant Anglo American gab bekannt, dass der verbleibende Anteil an AngloGold in Höhe von 11,3% an einen US-amerikanischen Investmentfonds verkauft worden sei.
Damit verfügt das 1917 von dem legendären Ernest Oppenheimer gegründete Unternehmen, dass sich über die Jahre hinweg in einen breit aufgestellten internationalen Mischkonzern und dann wieder zurück in einen fokussierten Minenkonzern verwandelt hat, über keine Interessen im Goldmarkt mehr, in dem einst seine Wurzeln gelegen hatten. Begonnen hatte die Geschichte von Anglo American mit der Förderung von Gold im East Rand-Gebiet. Später konzentrierte sich das Unternehmen auf die Ausbeutung der Minen in Free State und Val Reefs, Erfolge hier machten Anglo nach dem Zweiten Weltkrieg zum größten Goldproduzenten der Welt.
Den Abschied vom Gold hatte Anglo American schon 1998 eingeleitet, als die Goldaktivitäten in eine eigene Tochtergesellschaft, genannt AngloGold, ausgegliedert wurden. 2004 schloss sich AngloGold dann mit der Ashanti Goldfields Corporation zu AngloGold Ashanti zusammen, zu diesem Zeitpunkt war Anglo American dann mit einem Anteil von 51% gerade noch Mehrheitseigner bei dem Goldförderer.
Die letzten Anteile des inzwischen nur noch drittgrößten Goldproduzenten der Welt wurden jetzt für 1,28 Mrd. Dollar von der in New York beheimateten Investmentfirma John Paulson übernommen. Paulson, der auch etwas über 4% an dem Goldproduzenten Kinross hält, ist damit der zweitgrößte Anteilseigner bei AngloGold.
Was die weiteren Aussichten für den Goldpreis angeht, rechnen wir derzeit nicht damit, dass sich die Rallye von gestern Abend unvermindert fortsetzen kann, insbesondere auch, weil es in Asien jetzt wieder verstärkte Verkäufe von Altgold geben dürfte.
Charttechnisch ergibt sich im Moment kein klares Bild zur weiteren Kursentwicklung und auch von der fundamentalen Seite sind neue, preistreibende Faktoren nicht in Sicht. Ein Verbleib des Goldpreises in der Handelsspanne der vergangenen zehn Tage erscheint deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht unwahrscheinlich.
Langfristig bleiben wir bei unserer eher positiven Vorhersage für die Entwicklung des Goldpreises und schließen auch weiterhin für die nächsten Monate ein neues Allzeithoch nicht aus.