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Edelmetalle Aktuell

08.04.2009  |  Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Gold

Der Goldpreis hat in den letzten zehn Tagen deutlicher als erwartet an Wert verloren. Ausgehend von einem Niveau von 918 $ je Unze, konnte er sich dabei in den ersten Tagen der Berichtsperiode sogar leicht befestigen, über 932,50 $ am Mittwoch der vergangenen Woche kam er dabei aber nicht mehr hinaus.

Anfangs positiv beeinflusst war der Goldmarkt vor allem durch Meldungen über den anhaltenden Erfolg verschiedener ETFs. So gab die Zürcher Kantonalbank bekannt, dass die Summe der Goldanlagen in ihrem Gold-ETF im ersten Quartal um 37,5% auf immerhin fast 136 Tonnen angestiegen sei. Der vom Bankhaus Julius Bär emittierte ETF verdreifachte sich im gleichen Zeitraum auf über 30 Tonnen und der ohnehin mit weitem Abstand führende Spitzenreiter unter den Gold-ETFs, der SPDR Gold Trust, erreichte am 29. März ein neues Rekordniveau von 1.127,44 Tonnen.

Auch die Nachfrage nach physischen Goldanlagen wie Barren und Münzen ist zumindest hier in Mitteleuropa ungebrochen. Noch immer kommt es bei den meisten Barrentypen (und bei den Münzen sowieso) zu längeren Wartezeiten, obwohl die Produktion weiter auf Hochtouren läuft. Wir schätzen, dass im Jahr 2008 bis zu 100 Tonnen physisches Gold (ohne ETFs und ETCs) in Deutschland verkauft wurden, davon rund 2/3 in Form von Barren. Diese Tonnage dürfte ein neuer historischer Höchststand sein und sogar die Zahlen der späten 70er Jahre, als Gold (vor allem in Form von Krügerrand) in Deutschland schon einmal eine Kaufwelle erlebte, deutlich in den Schatten stellen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres lag die anteilige Verkaufsmenge im Übrigen sogar noch höher als der Durchschnitt des vergangenen Jahres.

Angesichts solcher Zahlen lassen sich die global nach wie vor schlechten Absatzmengen in der Schmuckindustrie bisher verschmerzen. So wurde in der vergangenen Woche berichtet, dass die Schmuckexporte Italiens im vergangenen Jahr um 13% auf 212 Tonnen eingebrochen seien. Und die Türkei, seit Jahren eigentlich verlässliche Stütze für den physischen Goldabsatz, hat nach zwei Totalausfällen im Januar und Februar im März zwar wieder etwas Gold importiert, die berichteten 40 kg (-94% gegenüber März 2008) waren aber nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.

In dieser Situation reagiert der Markt dann fast zwangsläufig negativ auf schlechtere Nachrichten, die ihn zum Thema Gold erreichen. So ebbte nach der jüngsten Kaufwelle die Nachfrage nach ETFs in der Mitte der vergangenen Woche ab; die EZB gab am bekannt, dass sie eine Menge von 35,5 Tonnen Gold verkauft habe (Details siehe Link auf Seite 4) und auf dem G20-Gipfel in London wurde der Verkauf von 403 Tonnen Gold durch den Internationalen Währungsfonds "beschlossen" (der Plan hierzu bestand schon vorher; siehe Link).

In einer anderen Situation in den letzten Tagen hätte die EZB dem Goldpreis dabei sogar einen positiven Anschub geben können: Mit ihrer eher geringer als erwartet ausgefallenen Zinssenkung sorgte sie für einen Anstieg der EUR/USD-Rate auf zeitweise fast 1,36; ein in einer solchen Situation eigentlich zu erwartender, positiver Effekt für den Goldpreis blieb aber aus.

Statt dessen verlor dieser vom vergangenen Donnerstag an deutlich an Wert und erreichte an diesem Montag mit nur noch 865 $ je Unze nicht nur einen vorläufigen Tiefpunkt, sondern auch den niedrigsten Wert seit Ende Januar. Zusätzlich zu den o. g. Meldungen sorgten dabei auch der wieder unter 50 $ je Barrel fallende Ölpreis, ein erneut erstarkender Dollar und das Durchbrechen einiger wichtiger Chartpunkte allesamt für Verkaufsdruck.

Auf dem Tiefstkurs kamen dann allerdings schnell wieder Käufe auf, die den Goldpreis bis zum heutigen Morgen wieder auf über 880 $ ansteigen ließen. Händler begründeten die einsetzende Nachfrage auch mit Ängsten der Anleger im Hinblick auf die bevorstehende Berichtssaison der Unternehmen für das 1. Quartal. Hier werde allgemein davon ausgegangen, dass dieses weit verbreitet relativ düster ausgefallen sei. Auch die Schmucknachfrage dürfte angesichts des Rückgangs des Preises um rund 10% in zwei Wochen wieder etwas zunehmen, zumal in Indien Ende April Feiertage anstehen, bei denen traditionell Gold verschenkt wird. Auch Meldungen über eine geringere Produktion helfen: So erklärte AngloGold schon in der vergangenen Woche, dass die Ausbringung im 1. Quartal etwas geringer ausfallen würde, als zunächst geplant.

Aus den genannten Gründen rechnen wir nicht damit, dass das gelbe Metall in den nächsten Tagen den Tiefstkurs vom Montag nachhaltig nach unten durchbrechen könnte. Auf der anderen Seite wird es dem Gold schwerfallen, den massiven charttechnischen Widerstand, der momentan bei 940 $ liegt, zu durchbrechen. Aus diesem Grund müssen wir uns wohl auch von dem von uns ursprünglich prognostizierten Erreichen eines neuen Allzeithochs von 1.100 $ noch im 2. Quartal verabschieden. Im Moment sieht es eher danach aus, als ob das gelbe Metall in den nächsten 10 Wochen in einer Spanne zwischen 800 $ und 1.000 $ je Unze verharren wird.

Mit Blick auf das zweite Halbjahr sehen wir aber weiter die Chance auf neue Rekordkurse. Dabei wird eine wesentliche Rolle spielen, ob es angesichts der Geldmengenausweitung der letzten Monate erste Anzeichen für eine steigende Inflation gibt. Auch die Frage nach der weiteren Entwicklung im Finanzsektor und in der Wirtschaft dürfte eine wesentliche Rolle spielen. Sollten die oben schon erwähnten Unternehmensergebnisse noch schlechter ausfallen als ohnehin schon erwartet, dürfte dies den Goldpreis ebenfalls beflügeln.

Bei unseren Überlegungen spielt auch eine wesentliche Rolle, dass (lokal und auch weltweit) bei der breiten Masse der Anleger der Gedanke an Gold als Portfoliobeimischung noch immer nicht angekommen ist. Würde z.B. jeder Deutsche auch nur eine Unze Gold pro Jahr kaufen - und das würde gerade einmal 55 € pro Monat kosten - würde die komplette weltweite Jahresproduktion alleine zwischen Flensburg und Garmisch "verdunsten". Für den Rest der Welt bleibe dann aber kein Gramm mehr übrig.

Gestern veröffentlichte das weltweit anerkannte Analysehaus GFMS seinen Jahresbericht "Gold Survey 2009" zur aktuellen Lage auf dem Goldmarkt. In ihrem Bericht, der sicherlich der am besten recherchierte auf dem Goldmarkt ist, weisen die Londoner darauf hin, dass es 2008 einen Rückgang der industriellen Nachfrage um 7% gegeben habe, zum größten Teil aufgrund der Einbrüche bei der Schmucknachfrage.

Auf der anderen Seite stieg das Angebot an auf den Markt zurückfließendem Altgold um 27% auf über 1.200 Tonnen an.

Die Rückkäufe von "alten" Termingeschäften durch Produzenten sanken im letzten Jahr um 19% und GFMS erwartet hier für 2009 einen weiteren Rückgang. Ende 2008 verfügten Minen über ausstehende Geschäfte in Höhe von nur noch 500 Tonnen, Ende der 90er Jahre hatte die Menge noch bei über 3.000 Tonnen gelegen.





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