Edelmetalle Aktuell
GoldDer Preis für Gold ist nach der Abfassung unseres letzten Berichts zunächst nicht ganz unerwartet gesunken. Der Preisverfall verstärkte sich dabei nach dem Durchbrechen der 1.400 €er-Marke noch einmal und fand erst bei 1.380 $ je Unze einen Boden. Damit kam die Notierung sogar noch vergleichsweise glimpflich davon, denn an der Terminbörse in New York wurden zu diesem Zeitpunkt massiv Pluspositionen abgebaut.
Dem gegenüber standen wenigstens leichte Käufe bei den ETFs. Und auch wenn diese mit 12 Tonnen nur etwas mehr als ein Zehntel des Abbaus bei den Futures betrugen, war sie doch eine Stütze für den Markt. Zu einer zweiten Stütze, die auch spekulativ orientierte Adressen anzog, wurde der sich im weiteren Verlauf relativ schnell abschwächende Dollar. Dieser fiel gegenüber dem Euro rund um das vergangene Wochenende von deutlich unter 1,38 auf rund 1,4250 ab.
Eine wichtige Ursache für die Dollarschwäche hatte dabei mit dem Euro gar nichts zu tun. Vielmehr war es die erwartete bzw. tatsächliche Rückholung von Kapital nach Japan, die den Dollar unter Druck setzte und umgekehrt beim Yen Rekordkurse brachte. Am Ende löste dies sogar Interventionen auf dem Devisenmarkt. Es war die erste derartige durch die G7-Finanzminister vereinbarte Aktion seit dem Jahr 2000.
Die Interventionen, aber auch neue schlechte Nachrichten aus der Eurozone sorgten dann dafür, dass der Euro wieder in den Fokus und am Ende auch unter Druck geriet. Verantwortlich dafür waren u.a. Meldungen über einen noch einmal gestiegenes Defizit in Griechenland; Zweifel an der Verlässlichkeit der jüngsten portugiesischen Zahlen, sowie die gestern eskalierte Regierungskrise in Lissabon; eine Herabstufung spanischer Banken durch die Ratingagentur Moody‘s und das Auslegungsdurcheinander bezüglich der Modalitäten des europäischen Rettungsschirms.
Angesichts dieser Nachrichten ist es kaum verwunderlich, dass sich die Gemeinschaftswährung in den letzten Tagen wieder der Marke von 1,40 näherte und vor allem überrascht es nicht, dass das Gold als sicherer Hafen nicht mehr unter der relativen Stärkung des Dollars litt.
Unter den beschriebenen Gegebenheiten in der Eurozone grenzt es schon fast an ein Wunder, dass die in der Regel sehr sicherheitsbewussten Anleger in Deutschland nicht schon wieder in großem Stil auf den physischen Goldmarkt zurückgekehrt sind. Der Absatz bei den Goldbarren lag zumindest bis heute Morgen noch in einem normalen Rahmen. Das führt dazu, dass die Versorgungslage bei den Barren im Moment sehr gut aussieht; sämtliche Stückelungen sind bei uns vorrätig und können bei Bedarf sofort an unsere Großhändler ausgeliefert werden.
Der Goldpreis in Euro fiel übrigens durch die später aufgeholten Kursverluste erstmals seit über einem Monat wieder unter die Marke von 1.000 € je Unze, auch diese Tatsache hatte die physische Nachfrage nicht beflügeln können. Inzwischen hat die Notierung wieder über 2 Prozent zugelegt. Sie liegt damit, was die bisherige Handelsspanne in diesem Jahr angeht, in einer Art Niemandsland. Nachfrageimpulse durch den Preis dürften erst wieder aufkommen, wenn die Notierung unter €950 (30,54 € je Gramm) oder über 1.075 $ je Unze (34,56 €) steigt. Bis dahin werden es eher Nachrichten aus Japan, Libyen oder der Eurozone sein, welche die Anleger umtreiben.
Was die grobe Tendenz bei der weiteren Preisentwicklung angeht, wird vieles von den Nachrichten aus den drei genannten Krisenbereichen abhängen. Schnelle Veränderungen zum Positiven hin sind in allen drei Fällen wohl nicht zu erwarten und damit scheint ein neues Allzeithoch, das ja gestern ohnehin fast erreicht worden wäre, mehr als nur in Reichweite. Unterstützt wird diese Entwicklung dadurch, dass sich das in unserem letzten Bericht beschriebene, eher negative charttechnische Umfeld zwar anfangs als zutreffend erwiesen hat, dass es sich anschließend aber durch die oben beschriebenen Ereignisse zunehmend als Bärenfalle herausgestellt hatte.
Inzwischen sieht es auch auf den Charts erst einmal nicht mehr so negativ aus, allerdings muss die Marke von 1.430 $ je Unze dabei im Auge behalten werden. Bei einem Rückfall unter dieses Niveau könnten zumindest einige eher spekulativ orientierte Adressen versucht sein, kurzfristig Gewinne mitzunehmen.
Was die langfristige Preisentwicklung angeht, bleiben wir eher etwas skeptisch und begründen dies vor allem mit einem zur Bekämpfung inflationärer Tendenzen wieder ansteigenden allgemeinen Zinsniveau. Ein solches würde z.B. festverzinsliche Wertpapiere wieder attraktiver machen und das unverzinsliche Gold schlechter aussehen lassen. Die Katastrophe in Japan könnte nun aber erst einmal dafür sorgen, dass eine weltweite Zinserhöhung länger auf sich warten lässt.
So gesehen lässt sich auch unsere bisherige Erwartung eines Preisgipfels schon im ersten Quartal nicht länger aufrecht erhalten. Wir rechnen nun damit, dass die von uns im letzten November im Rahmen des Heraeus Edelmetallforums vorhergesagte 2011er Kursspitze in Höhe von 1.550 $ erst im 2. Quartal erreicht wird. Am erwarteten Höchstpreis selbst ändert sich aber nichts. Unverändert bleiben auch die anderen Preisvorhersagen: Den möglichen Tiefstkurs sehen wir weiter Richtung Jahresende bei 1.190 $, den Durchschnittspreis für 2011 belassen wir bei 1.325 $ je Unze.
Silber
Nach den ersten Meldungen über das Erdbeben in Japan geriet das Silber wie die Platinmetalle auch unter Druck. Es fiel auf zeitweise “nur“ noch 33,60 $ je Unze zurück. Im Zuge der Erholung des Goldpreises konnte das weiße Metall dann aber wieder einmal überproportional zulegen und stieg bis heute Mittag auf 38 $ an.
Dies ist der höchste Preis seit über drei Jahrzehnten und auch das Verhältnis zwischen Gold- und Silberpreis, das aktuell bei nur noch 38 liegt, ist seit September 1983 nicht mehr so niedrig gewesen. Die Industrie hält sich auf dem hohen Preisniveau übrigens genauso zurück, wie die Käufer von Silberbarren.
Was den längerfristigen Ausblick angeht, haben wir an dieser Stelle ja schon des Öfteren unsere Skepsis kundgetan. Aus unserer Sicht rechtfertigt der industrielle Verbrauch die aktuellen Rekordkurse jedenfalls nicht. Diese sind vielmehr eine Folge der massiven Zuflüsse von Anlagegeldern in den letzten Jahren. Die aktuellen Positionen von Spekulanten und Investoren liegen bei 9.300 Tonnen an der New Yorker Terminbörse COMEX und bei 15.300 Tonnen in Form von ETFs; zusammen sind das rund 110% einer Weltjahresproduktion. Hinzu kommen noch tausende von Tonnen Silber, die in den letzten Jahren von Anlegern in Form von Münzen und Barren gekauft wurden.
Früher oder später wird zumindest ein Teil dieses Materials auf den Markt zurückkommen und beim Preis für einen massiven Dämpfer sorgen. Allerdings, solange der Goldpreis weiter steigt, wird sich das Silber nicht im Alleingang nach unten verabschieden. Wir schließen deshalb für den Fall, dass das Gold weiter zulegen kann, einen Test der Marke von 40 $ nicht aus. Je nachdem, wie stark dann die erwarteten Gewinnmitnahmen ausfallen, ist im zweiten Halbjahr eine annähernde Halbierung des Preises nicht unmöglich.
Als möglichen Jahrestiefstkurs - erreichbar voraussichtlich im 4. Quartal - sehen wir aktuell die Marke von 21 $ noch als möglich an. Den Durchschnitt für dieses Jahr erwarten wir jetzt bei 29,75 $ je Unze. Unsere Prognosen vom letzten November (32 $/16 $/21 $) müssen wir damit, anders als beim Gold, bei allen drei Kennzahlen deutlich nach oben korrigieren.



