Stark gespaltener Gasmarkt (Update)

Das hat sich auch in deutlich gestiegenen Preisen niedergeschlagen, die in Japan eigentlich an den Ölpreis gebunden sind. Kurzfristig ist kein Endedes Importsogs zu erwarten. Das wird die Gaspreise in Japan auch weiterhin hoch halten. Hinzu kommt der langfristig stark steigende Erdgasbedarf außerhalb Japans. China ist mit einem Jahresverbrauch von gut 100 Mrd. Kubikmeter mittlerweile der drittgrößte Gaskonsumentder Welt. Innerhalb von zwei Jahren haben sich die chinesischen LNG-Importe auf mehr als 13 Mio. Tonnen pro Jahr verdoppelt (Grafik 4). Bis 2015 soll sich der chinesische Gasverbrauch nochmals verdoppeln, was auf einen weiter steigenden Bedarf an LNG-Importen hindeutet.
Durch die zunehmende Verzahnung der Märkte - der LNG-Handel ist im letzten Jahr um weitere 14% gewachsen und dürfte mit knapp 240 Mio.Tonnen nun rund 10% des weltweiten jährlichen Gasverbrauchs abdecken - beeinflusst dies aber auch die Preise in anderen Regionen. Während im Jahr 2009/2010 durch die Gasschwemme am US-Markt zusätzliches LNG-Angebot auf den europäischen Markt gelangte und dies die Preise vor allem am Spotmarkt, aber indirekt auch in den langfristigen Verträgen drückte, werden die Preise derzeit durch Japans LNG-Importsog unterstützt. Denn während im Jahr 2010 die LNG-Importe der EU um fast 50% gegenüber Vorjahr gestiegen waren, warensie im Verlauf des vergangenen Jahres deutlich rückläufig.
Dennoch: die Strukturen am kontinentaleuropäischen Markt verändern sich derzeit mit hoher Dynamik. Vor allem die langjährigen Lieferbeziehungen mit Russland stehen auf dem Prüfstand. Russland stand vor zehn Jahren für die Hälfte der europäischen Gasimporte. Während die EU-Länder an Russland die Liefersicherheit schätzten, hatte Russland im Gegenzug zahlungskräftige Abnehmer, welche die Bezahlung einer bestimmten Mindestmenge zusicherten ("take-or-pay contract").
Doch das Gleichgewicht der Interessen gerät ins Wanken: in den EU-Ländern tun sich mit dem zunehmenden LNG-Handel neue Importmöglichkeiten auf; hinzu kommen die Liberalisierungsbemühungen innerhalb des EU-Marktes ("Target Modell"). Zudem ist es deklariertes Ziel der EU, den Treibhausgasausstoß zu reduzieren, was mit einem geringen Energie- und damit auch Gasverbrauch einhergehen könnte. Auf der anderen Seite eröffnen sich auch für Russland neue Absatzmöglichkeiten: mit der ersten Verflüssigungsanlage (Sakhalin II-LNG) ist der Export von Erdgas nach Asien möglich. Dass sich die festen Strukturen lösen, zeigt sich nicht zuletzt in der Abweichung des deutschen Grenzübergangspreises vom Schwerölpreis als Proxy fürdie Ölformel (Grafik 5).

Auf einen Blick



