“Spannungsloser“ Stromhandel auch dank billiger Kohle

Der Strompreis für Grundlast im nächsten Kalenderjahr ist in den Abwärtssog der Kohlepreise geraten (Grafik 7). Anfang des Jahres machte der Future einen Rücksetzer um 8% bzw. 3 Euro. Auslöser war der Preissturz am Kohlemarkt. Denn Kohle zählt neben CO2 und dem Vormarsch der erneuerbaren Energien zu den wichtigsten Preisdeterminanten am deutschen Strommarkt (siehe zu den Grundlagen Rohstoffe kompakt Energie: (März 2014 )).

Der gemäß empirischen Schätzungen für den Strompreis relevante Preis des Kohlefuture mit Fälligkeit in zwölf Monaten ist zwar nicht ganz so stark gefallen wie der nächstfällige Kohlefuture, aber auch dieser verbilligte sich in den ersten zwei Wochen um gut 13%. Trotz des schwachen Euro verbilligten sich damit für europäische Stromproduzenten die Kosten für den Kohleinput in Euro um immerhin gut 9%. Ein Teil der Verluste wurde zwar mittlerweile wieder wettgemacht, dennoch ist Kohle (in Euro) rund 2% billiger als vor einem Jahr.
Darüber hinaus wird der Strompreis durch den in Deutschland immer weiter schrumpfenden Stromverbrauch gedämpft. Im letzten Jahr ist dieser um fast 4% gesunken, obwohl die Wirtschaft wohl mindestens 1½% zugelegt hat. Ein Teil der Erklärung liegt in der ungewöhnlich warmen Witterung. Doch Wirtschaftswachstum und Stromverbrauch haben sich aufgrund des verstärkten Einsatzes energieeffizienter Geräte bereits seit längerem voneinander entkoppelt (Grafik 8).
Hinzu kommt wohl, dass ein Teil des Stromverbrauchs aufgrund der zunehmenden Eigenerzeugung nicht mehr richtig erfasst wird. In der Industrie beläuft sich der Anteil Schätzungen zufolge im Durchschnitt auf knapp 20%. Im alten EEG war die Eigenerzeugung attraktiv, weil selbsterzeugter Strom von den Umlagen ausgenommen war. Dieser Anreiz läuft aber mit der stufenweisen Rücknahme der Ausnahmeregelung aus, so dass der nachfrage- und damit preisdämpfende Effekt allmählich geringer wird.
Der dritte preisdämpfende Faktor der letzten Jahre war der Ausbau der erneuerbaren Energien (Grafik 9). Auch im vergangenen Jahr wurde weiter kräftig zugebaut: die installierten Kapazitäten bei Windkraft stiegen um gut 3 GW, bei Solar wurden noch immer zusätzliche Kapazitäten von 2,4 GW geschaffen. Bei der Photovoltaik scheint damit die Dynamik nachzulassen, beim Ausbau der Windkraft war sie aber ungebrochen hoch.
Der im neuen EEG festgelegte Ausbaukorridor könnte künftig das Ausbautempo von Windkraft an Land zwar etwas dämpfen, Offshore wird jedoch im laufenden Jahr mit dem Windpark Global Tech 1 eine Kapazität von 400 MW ans Netz genommen. Dass der (Merit-Order-)Effekt der Erneuerbaren Energien die Strompreise 2015 dennoch nur begrenzt dämpft, ist der dauerhaften Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld im Mai geschuldet. Denn damit werden rund 1,1 GW vom Netz genommen.
Maßgeblich für die weitere Strompreisentwicklung wird aber der Kohlepreis sein. Wir denken, dass das Rückschlagpotenzial weitgehend ausgereizt ist, aber eine Erholung dürfte aufgrund des momentan massiven Überangebots auch noch auf sich warten lassen. Lediglich die von unseren Währungsstrategen erwartete weitere Abwertung des Euro dürfte den Kohlepreis in Euro treiben.
Auch im Emissionshandel besteht die Gefahr, dass der zu erwartende Rückgang der verifizierten Emissionen die Preise im Frühjahr nochmals nachgeben lässt. Alles in allem haben wir deshalb unsere Preisprognose nach unten angepasst. Erst Ende der zweiten Jahreshälfte sehen wir mit der Erholung der Kohlepreise und der weiteren Verteuerung der Emissionsrechte auch die Strompreise anziehen.

Auf einen Blick



