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Genussmittel: Der Geist ist aus der Flasche

29.06.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Aufgrund der voraussichtlich deutlich höheren Zuckerproduktion in Brasilien dürfte in den kommenden Monaten mehr Zuckerangebot aus Brasilien auf den Markt gelangen. Zudem gibt das gestiegene Preisniveau den Exporteuren einen Anreiz, Zucker auf dem Weltmarkt anzubieten. Ein schwächerer Brasilianischer Real würde in die gleiche Richtung wirken. Wir rechnen daher mit einem etwas niedrigeren Zuckerpreis von 17,5 US-Cents je Pfund am Jahresende. Die erwarteten Angebotsdefizite dürften einem stärkeren Preisrückgang entgegenstehen.


Kaffee:

Der Arabica-Preis hat sich von seinem Absturz Anfang 2016 auf ein 2-Jahrestief inzwischen merklich erholt. Seither hat sich Arabica-Kaffee um knapp 30% verteuert und kostet inzwischen wieder rund 140 US-Cents je Pfund. Ähnliches gilt für Robusta-Kaffee. Dieser verteuerte sich seit Ende Februar um 25% auf fast 1.700 USD je Tonne. Ein wichtiger Einflussfaktor für die Preiserholung war der stärkere Brasilianische Real, welcher die Ausfuhr von Kaffee aus dem Hauptexportland Brasilien weniger attraktiv macht. Insbesondere Robusta-Kaffee erweist sich als knapp, doch auch der Kaffeemarkt insgesamt ist defizitär (Grafik 5).

Die Kaffeeexporte Brasiliens sind zuletzt stark zurückgegangen (Grafik 6). Das liegt nicht nur an dem erwähnten Wechselkurseffekt. Vielmehr sind nach den zuvor sehr hohen Exporten die Bestände aus den letzten Ernten fast aufgebraucht. Die Lagerbestände dürften mit der neuen Ernte wieder aufgestockt werden, welche bald ihren Höhepunkt erreichen soll. Bisher wird eine sehr gute brasilianische Ernte erwartet.

Die staatliche Prognosebehörde Conab geht in seiner Ende Mai veröffentlichten Prognose von 49,7 Mio. Sack aus, was einem Plus von 15% gegenüber dem von Dürre gekennzeichneten Vorjahr und der zweithöchsten Ernte nach dem Rekordjahr 2012/13 entsprechen würde. In den beiden Vorjahren wurden laut Conab nur 45,6 Mio. bzw. 43,2 Mio. Sack geerntet (Grafik 7).

Die heftigen Regenfälle haben die Feuchtigkeitsversorgung verbessert, könnten aber, wenn sie anhalten, auch zu Qualitätseinbußen, etwa in Hinblick auf den Geschmack, führen. Die Schäden durch den Frosteinbruch im Juni halten sich wohl in Grenzen: Die größte Kooperative Brasiliens, Cooxupe, zeigte sich in dieser Hinsicht jedenfalls erleichtert.

Allerdings täuscht die Zahl für die Gesamternte über die sehr ungleiche Entwicklung bei Arabica und Robusta hinweg: Bei Robusta ist nochmals dürrebedingt mit einem Rückgang um 16% auf 9,4 Mio. Sack zu rechnen. Bei Arabica soll dagegen wegen der in diesen Gebieten deutlich besseren Witterung ein Plus von 26% auf 40,3 Mio. Sack und damit ein neuer Rekord erzielt werden (Grafik 7, Seite 4). Im Vergleich zu den Prognosen anderen Institutionen ist die Conab-Schätzung sogar noch niedrig, allerdings auch was die Daten zu vergangenen Ernten angeht.

Das brasilianische Analysehaus Safras e Mercado etwa schätzt die brasilianische Kaffeeernte 2016/17 auf 56,4 Mio. Sack. Nur knapp darunter liegt die Ernteschätzung des Attachés des USLandwirtschaftsministeriums (USDA) in Brasilien mit 56 Mio. Sack. Die Brokerfirma Marex Spectron erwartet für 2016/17 eine Kaffeeernte in Brasilien von 56,5 Mio. Sack.

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Der zweitgrößte Anbieter von Arabica-Kaffee, Kolumbien, hatte für 2015 die höchste Ernte seit 23 Jahren gemeldet. Da doch mehr neue Kaffeebäume bereits erntereif sind und diese sich als widerstandsfähiger gegen die Trockenheit von El Niño erwiesen, hat die Vereinigung der kolumbianischen Kaffeeanbauer ihre Produktionsprognose nun für 2016 auf 14 Mio. Sack erhöht. Damit scheinen dort die Probleme in Zusammenhang mit der jahrelang grassierenden Roja-Erkrankung überwunden zu sein. Es gibt aber auch Stimmen, die trockenheitsbedingt bei der gerade laufenden Zwischenernte mit einem schlechten Ergebnis rechnen.

Auch für Mittelamerika wird 2016/17 mit einer Erholung der Produktion gerechnet. Diese war 2015/16 witterungs- und krankheitsbedingt auf ein 11-Jahrestief gesunken. Nun sollen 2016/17 mit 16,1 Mio. Sack immerhin 500 Tsd. Sack mehr produziert werden. Dies wären allerdings immer noch weniger als 2010-14, als durchschnittlich gut 17 Mio. Sack geerntet wurden. Vom Robusta-Angebot wird dagegen vorerst keine Entlastung der Marktbilanz bei Kaffee kommen. Ähnlich wie in Brasilien wird für das größte Robusta-Produzentenland Vietnam mit einem Ernterückgang gerechnet.

Laut Daten der Internationalen Kaffeeorganisation wurden dort bei den letzten drei Ernten jeweils zwischen 26,5 Mio. und 27,6 Mio. Sack erzielt, obwohl es auch damals schon sehr trocken war. Nun könnte die Ernte 2016/17, die im Oktober beginnt, Umfragen zufolge wegen der langen El-Niño-bedingten Trockenheit nur 25 Mio. Sack erbringen. Dies wäre ein Minus von etwa 10%. Der USDA-Auslandsdienst rechnet mit einem Minus von 7% und bis zu 15%, falls das sich inzwischen abzeichnende Wetterphänomen La Niña zur Unzeit Regen bringen sollte.

Zu viel Feuchtigkeit ist aber bisher kein Thema in Vietnam: Laut F.O. Licht ist die Dürre im wichtigsten Anbaugebiet durch die Regenfälle der letzten Wochen zwar beendet, doch sind die Wasserreserven in der wichtigsten Provinz Daklak noch immer niedriger als im Vorjahr und im Durchschnitt der letzten Jahre. Um höhere Preise zu erzielen, hatten die vietnamesischen Anbieter lange ohne spürbaren Erfolg Ware zurückgehalten. Es wurde erst dann viel exportiert, als die Preise stiegen. In den ersten fünf Monaten 2016 waren die Ausfuhren dann rund 40% höher als im Vorjahreszeitraum. Dies beschränkt zusammen mit der niedrigeren Produktion 2016/17 das Exportpotenzial Vietnams.

Auch in Indonesien dürfte sich das Angebot verknappen. Dort hatte die Produktion 2015/16 zwar einen neuen Rekord von 12,3 Mio. Sack erreicht, doch legt auch der interne Verbrauch stark zu. Das neue Erntejahr hat im April begonnen. Laut einer Bloomberg-Umfrage aus dem Mai ist mit einem Rückgang um rund 10% zu rechnen, da El Niño auch in Indonesien mit Dürre einherging und vor allem die Robusta-Entwicklung beeinträchtigte. Diese macht etwa ¾ der Gesamternte aus. Allein diese dürfte nach Erwartung des USDA-Auslandsdienstes um 15% sinken.

Das Handelshaus Olam rechnet damit, dass 2015/16 eine dreijährige Defizit-Phase am Kaffeemarkt endet. Die Händlergruppe Marex Spectron erwartet 2016/17 einen globalen Angebotsüberschuss von 1 Mio. Sack, hatte sich zuvor aber noch optimistischer geäußert. Das USDA vertritt die Meinung, dass 2016/17 die Produktion mit 155,7 Mio. Sack sogar deutlich über dem Konsum von 150,8 Mio. Sack liegen wird.


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