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Genussmittel: Der Geist ist aus der Flasche

29.06.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Die Perspektive einer höheren brasilianischen Kaffeeernte spricht für einen niedrigeren Arabica-Preis in den kommenden Monaten, zumal auch der Brasilianische Real wieder nachgeben dürfte. Wir rechnen mit einem Preisrückgang bei Arabica auf 125 US-Cents je Pfund in Q4. Zwar haben inzwischen Regenfälle in Vietnam für Erleichterung gesorgt, doch dürfte Robusta knapper bleiben.

Aufgrund des knapperen Angebots dürfte sich der Robusta-Preis besser entwickeln und Ende des Jahres bei 1.700 USD je Tonne liegen. Die Preisrelation von Arabica zu Robusta würde sich dann von knapp zwei wieder auf 1,6 verringern, wo sie zuletzt schon Ende Mai lag.

Ein mittelfristiges Risiko bleibt das Auftreten von La Niña. In Brasilien geht dies häufig mit Trockenheit in den wichtigen Kaffeeanbaugebieten im Süden und Osten des Landes einher, weiter nördlich fällt dagegen oft mehr Regen. Dies kann etwa für Kolumbien zum Problem werden, wenn sich Pflanzenkrankheiten dadurch schneller verbreiten. Neue robuste Sorten haben die Risiken aber verringert und mehr Feuchtigkeit zur rechten Zeit würde der Fruchtentwicklung nach der Trockenheit sogar gelegen kommen.

Das USDA warnt in einem Ausblick auf die nächste Saison, dass heftiger Regen in Zusammenhang mit La Niña gegen Ende 2016 die Blüte der nächsten Zwischenernte negativ betreffen könnte. Über die Regenperiode hinaus verlängerte Niederschläge im Oktober und November könnten in Vietnam die dann startende Ernte erschweren und die Qualität der Bohnen beeinträchtigen. In der Vergangenheit wurden aber bei La Niña trotzdem auch gute Ernten eingebracht.


Kakao:

Seit letztem Herbst nahm der Kakaopreis in London mehrmals Anlauf auf die Marke von 2.300 GBP je Tonne, konnte dieses Preisniveau aber jeweils nur kurzzeitig überschreiten. Nach dem Brexit-Referendum und der damit zusammenhängenden kräftigen Abwertung des Britischen Pfundes gelang Kakao schließlich der Sprung auf ein 5-Jahreshoch von 2.400 GBP je Tonne. Deutlich darüber hinaus war der Preis nur im Juni 2010 gestiegen. Dass sich der Preis in diesen Höhen aufhält, ist auch der Vorhersage von Angebotsdefiziten am globalen Kakaomarkt geschuldet.

Zwar hat die Internationale Kakaoorganisation ICCO ihre Prognose für die letzte Saison inzwischen in einen kleinen Überschuss gedreht. Für die laufende Saison 2015/16 hat sie ihre Defizitprognose aber wiederholt nach oben revidiert und erwartet nun, dass die Produktion 180 Tsd. Tonnen unter dem Verbrauch bleibt. Und dies bei einer schwachen Nachfrage, die sich vom Einbruch des Vorjahres mit einem Plus von 0,8% nur marginal erholen soll (Grafik 8).

Bereits im letzten Jahr war die Produktion gegenüber der Rekordernte 2013/14 um 3% gesunken, nun geht es laut ICCO nochmals fast 5% bergab. Hauptgrund sind die enttäuschenden Ernten in Westafrika, der mit Abstand wichtigsten Anbauregion. Dort haben insbesondere die Bohnen zur Zwischenernte, der kleineren der beiden jährlichen Ernteperioden, stark unter den heftigsten Wüstenwinden ("Harmattan") seit Jahrzehnten gelitten.

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Und dabei ist die ICCO eher noch optimistisch. Sie hat für die Ernte 2015/16 der Elfenbeinküste 1,65 Mio. Tonnen eingestellt, womit das Niveau 8% unter dem Vorjahr läge. Jüngst äußerte das ivorische Kaffee- und Kakaoboard aber die Befürchtung, dass die Produktion unter 1,6 Mio. Tonnen liegen könnte. Nach inoffiziellen Daten bleiben die seit Saisonbeginn im Oktober kumulierten Anlieferungen in die Häfen inzwischen um 11% hinter dem Vorjahr zurück (Grafik 9).

Hinzu kommen Qualitätsprobleme. So sind die Bohnen häufig zu klein, um den Anforderungen beim Export zu genügen. Zwar hat die Regierung jüngst die Anforderungen an Exportware gesenkt, doch wurden bereits vor Monaten viele Verträge geschlossen, die Qualitätsanforderungen enthalten, die nun schwer einzuhalten sind.

Auch in Ghana wird sich die Hoffnung auf einen kräftigen Produktionsanstieg gegenüber dem extrem schlechten Vorjahr wohl nicht erfüllen. Mit 800 Tsd. Tonnen - statt der bisher angesetzten 840 Tsd. Tonnen - ist die ICCO aber auch hier noch recht optimistisch. Ende April kursierte in der Presse aus inoffiziellen ghanaischen Regierungskreisen eine Schätzung von nur 730 Tsd. Tonnen. Im letzten Erntejahr war die Kakaoernte in Ghana wegen starker Harmattan-Winde bereits um 18% auf 740 Tsd. Tonnen gefallen.

Von daher ist ein beachtliches Angebotsdefizit am Kakaomarkt 2015/16 realistisch. Für das nächste Erntejahr gibt es allerdings erste Stimmen, die einen kräftigen Produktionsanstieg erwarten. Ausgelöst werden soll dieser durch die hohen Preise und möglicherweise noch zusätzlich unterstützt von einem La-Niña-Phänomen mit ausreichenden Regenfällen. Das Kakao-Handelshaus Cocoanect erwartet etwa ein Produktionsplus von 5% in der Saison 2016/17. Da außerdem kein starkes Nachfragewachstum unterstellt wird, soll dieses einen Angebotsüberschuss am Kakaomarkt zur Folge haben.

Tatsächlich lahmt die Nachfrage insgesamt. Der weltgrößte Kakaoverarbeiter Barry Callebaut berichtet unter Berufung auf Daten des Informationsanbieters Nielsen, dass der weltweite Schokoladenabsatz zwischen September 2015 und Februar 2016 um 2,6% zurückging. Auch das Handelshaus Sucden et Denrees hält einen Überschuss 2016/17 für möglich. Angesichts der schleppenden Nachfrage erhalten die in der Vergangenheit mehrfach geäußerten Erwartungen eines strukturellen Defizits am Kakaomarkt derzeit keine Nahrung.

Entsprechend gehen wir davon aus, dass sich die Kakaopreise zunächst weiter auf hohem Niveau halten. Das wegen des Brexit schwache Britische Pfund dürfte zusätzlich preisunterstützend wirken. Verfestigen sich die besseren Aussichten für die nächste Haupternte, dürften die Preise gegen Jahresende leicht nachgeben. Im vierten Quartal 2016 erwarten wir einen kakaopreis in London von 2.300 GBP je Tonne.



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