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Ausblick 2018 - US-Schiefer-Revolution, die Zweite

12.12.2017  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
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Zusätzlich dürfen ab dem Jahr 2023 nur noch so viele Zertifikate in der MSR verbleiben, wie im Vorjahr versteigert wurden; der Rest - laut Bundesumweltministerium rund 2 Mrd. Zertifikate - wird gelöscht. Dadurch sollen Einsparungen an der einen Stelle nicht zu einem höheren Emissionsausstoß an anderer Stelle führen ("Wasserbetteffekt"). Auch darf nun "offiziell" ein Mitgliedsland Emissionsrechte vom Markt nehmen, wenn beispielsweise ein Kohlekraftwerk stillgelegt wird. Und nicht zuletzt ist die kostenlose Zuteilung an energieintensive Industrien, die abzuwandern drohen ("Carbon Leakage"), auf strenge, regelmäßig zu überprüfende Benchmarks begrenzt.

Aber auch das fundamentale Umfeld stützt die Preise: Denn die Wirtschaft in der EU läuft zur Zeit rund. Die Produktion in den im EU ETS erfassten Industriebranchen Zement, Aluminium, Raffinerieverarbeitung und Stahlindustrie verbuchten in den ersten neun Monaten deutliche Zuwächse. Entsprechend höher ist der Bedarf an Emissionsrechten. Dank der guten Konjunktur dürfte sich dies im nächsten Jahr fortsetzen.

Auch die Produktion der Versorger profitiert von dem guten wirtschaftlichen Umfeld. Inwieweit sich dies in höheren Emissionen niederschlägt, hängt aber von der Erzeugungsstruktur von Strom ab. Die emissionsintensive Steinkohle dürfte als Energieträger wegen der hohen Preise weniger gefragt sein, was die Nachfrage nach Emissionsrechten entsprechend bremst.

Die Vorzeichen für die Preisentwicklung sind also für 2018 positiv: Der Preis für eine Tonne CO2 sollte in der ersten Jahreshälfte weiter zwischen 7,5 und 8 Euro schwanken, bevor er in der zweiten Jahreshälfte Richtung 10 Euro steigt. Es bleiben aber zwei Risikofaktoren: Zum einen werden 2018 nochmals mehr Zertifikate versteigert als benötigt. Zum anderen könnten britische Unternehmen gehortete Zertifikate verkaufen, sollte Großbritannien auch im Zuge des Brexits aus dem EU ETS austreten.

Immerhin für einen Fall hat die Kommission hier vorgesorgt: Da Großbritannien 2019 vor der Pflicht zur Einlieferung der Zertifikate die EU verlässt, sind die den Briten zugedachten rund 150 Mio. Zertifikate speziell gekennzeichnet. Ende gut, alles gut? Bis der Emissionshandel tatsächlich wirksam wird und Investitionsanreize für CO2-arme Technologien setzt, dürfte es noch einige Zeit dauern. Zudem melden sich bereits kritische Stimmen: So warnt die britische Forschungsgruppe Sandbag bereits vor einem erneuten massiven Überschuss im Falle eines schnellen Kohleausstiegs.

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Börsenstrom an der EEX 2018 zunächst billiger, dann wieder teurer

Der Börsenstrompreis, gemessen am Phelix-Future für Grundlast im nächsten Kalenderjahr, ist 2017 das zweite Jahr in Folge massiv gestiegen: Mit gut 37 Euro je MWh notierte er Anfang Dezember in der Spitze auf einem Vier-Jahreshoch, fast 20% höher als zu Jahresbeginn bzw. 80% höher als im Allzeittief Anfang Februar 2016.

Auftrieb geben drei Faktoren:

• Erstens treibt der deutliche Preisanstieg am Kohlemarkt (Grafik 16). Der für den Strompreis relevante Kohlefuture mit Fälligkeit in einem Jahr ist mit einem Plus von 30% im Jahresverlauf besonders stark gestiegen. Immerhin hat der etwas stärkere Euro den Preisanstieg für europäische Kohleimporteure etwas abfedern können. Aber auch in Euro notiert der Kohlefuture an der ICE 16% höher als zu Jahresbeginn.

Die gestiegenen Kosten haben zwar zu einem (weiteren) deutlichen Rückgang der Steinkohle-Verstromung geführt, deren Beitrag an der Bruttostromerzeugung bereits im letzten Jahr auf ein Rekordtief von nur noch 17,3% gefallen war. In den ersten neun Monaten dieses Jahres steht ein weiteres Minus von 12% gegenüber Vorjahr zu Buche. Dennoch bleiben die Grenzkosten der Kohlekraft für die Grundlast in Deutschland preissetzend.

• Auch weil die Kohleverstromung preissetzend bleibt, schiebt - zweitens - der Höhenflug im Emissionshandel die Strompreise nach oben.

• Drittens treibt die gute Konjunktur.

Dem massiven Impuls dieser preistreibenden Faktoren konnte der schon seit Jahren strukturell preisdämpfende Vormarsch der erneuerbaren Energien wenig entgegensetzen. Dabei ist ihr Beitrag an der Nettostromerzeugung in den ersten drei Quartalen deutlich auf knapp 38% gestiegen. Mit einem Plus von mehr als 20% dürfte 2017 das stärkste "Windjahr" jemals werden.

Und die Voraussetzungen sind gut, dass sich der Trend 2018 fortsetzen wird. Denn der Zubau an erneuerbaren Energien war mit knapp 8 Gigawatt der stärkste seit 2012 (Grafik 17). Der Mini-Boom könnte allerdings darauf zurückzuführen sein, dass einige Zubauten noch 2016 vor dem Inkrafttreten des neuen, etwas restriktiveren Erneuerbare-Energien-Gesetz genehmigt, aber erst 2017 installiert wurden.

Trotz des Vormarsches der erneuerbaren Energien und der zuletzt ebenfalls deutlich gestiegenen gasbasierten Stromerzeugung bleiben vorerst die Grenzkosten von Kohlestrom die maßgebliche Preisdeterminante. Kohle- und CO2-Preise werden folglich die Preisentwicklung bestimmen, was in einer "Berg- und Talfahrt" resultieren sollte: Der von uns erwartete Rückgang der Kohlepreise dürfte zunächst den Preis des Phelix-Futures für Grundlast im nächsten Jahr belasten, zumal der anhaltende Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin strukturell die Preise dämpft. Im Jahr 2019 dürfte dann bei einer Stabilisierung der Kohlepreise die Verteuerung der Emissionsrechte den Börsenstrompreis wieder etwas nach oben schieben.

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