Industriemetalle: Rallye am Kupfermarkt verfrüht

Zweifellos stützen die Reservekäufe kurzfristig die Nachfrage massiv; insbesondere, wenn sie konzentriert und nicht über einen längeren Zeitraum gestreckt erfolgen. Sie haben damit einen erheblichen Preiseinfluss. Mittelfristig ist das Potenzial allerdings begrenzt, sofern die Kupfernachfrage der übrigen Welt weiter einbricht. Nach WBMS Zahlen entfallen knapp zwei Drittel der weltweiten Kupfernachfrage auf die westliche Welt.
Bereits im vergangenen Jahr war hier ein Nachfragerückgang von knapp 3% zu verzeichnen. Der Abschwung hat sich zuletzt merklich verstärkt: Im Januar/Februar lag der Verbrauch in den westlichen Industrieländern sogar gut 17% unter dem Vorjahresmonat. Wir hatten in unserer Kurzstudie im Februar bereits auf die starke Zyklizität der Kupfernachfrage hingewiesen. Ohne den stützenden Einfluss Chinas würde auf Basis einfacher Regressionen der von der Weltbank prognostizierte Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung um 1,7% im laufenden Jahr einen Einbruch der Kupfernachfrage um 12% implizieren. Das führende Beratungsunternehmen CRU rechnet sogar mit einem Nachfragerückgang um 15-20% weltweit.
Gleichzeitig ist die Angebotsentwicklung am Kupfermarkt nach wie vor positiv. Denn trotz einer rückläufigen Minenproduktion im wichtigsten Produzentenland Chile - vor allem die Förderung in der weltgrößten Kupfermine Escondida entttäuschte zuletzt - lag gemäß WBMS die Fördermenge weltweit im Januar/Februar 4% über Vorjahr. Auch die jüngsten Zahlen sehen nach wie vor positiv aus: China meldet zwar für März einen leichten Rückgang der Kupferproduktion im Vormonatsvergleich. Das entspricht aber noch immer einem Anstieg der Kupferproduktion um 5% gegenüber Vorjahr.
Auch die weiteren Produktionsaussichten sind eher positiv: Angesichts eines immer noch sehr hohen Preisniveaus ist die Kupferproduktion nach wie vor kostendeckend. So äußerte der Vorsitzende von BHP Billiton die Einschätzung, dass bei aktuellen Preisen 95% der chilenischen Produzenten profitabel arbeiten würden. Anders als bei vielen anderen Industriemetallen, wie z.B. Nickel oder Aluminium, ist der Anreiz zu Produktionskürzungen trotz schwächerer Nachfrage somit gering.
Alles in allem rechnen wir deshalb trotz der chinesischen Reservekäufe auf dem gegenwärtigen Preisniveau mit einem deutlichen Angebotsüberschuss am Kupfermarkt. Vor diesem Hintergrund erachten wir den jüngsten Preisanstieg als überzogen. Sobald die Importzahlen eine Abschwächung der chinesischen Kupferkäufe zeigen werden, rechnen wir mit einer deutlichen Korrektur. Im Spätsommer dürfte Kupfer wieder bei 3500 USD je Tonne notieren, bevor es zum Jahresende, wenn sich die Konjunkturerholung etabliert, wieder auf 4400 USD steigt.
Eindeckung der Leerverkäufe seitens der Finanzinvestoren könnte Korrektur verzögern
Ein Faktor neben den Reservekäufen Chinas, der die Korrektur hinauszögern könnte, wäre ein steigendes Interesse der Finanzinvestoren. Dies gilt insbesondere für die spekulativen Anleger, die an der COMEX per saldo nach wie vor deutlich negativ positioniert sind. Zwar hat man die Netto-Shorts zuletzt merklich reduziert. Jedoch übersteigt die Anzahl der Leerverkäufe die Longs derzeit immernoch um rund 19 Tsd. Kontrakte a 25 Tsd. Pfund. Die Glattstellung oder sogar die Zwangsliquidationen dieser Positionen könnten zu einem unerwarteten Preisanstieg führen.
Aber auch die langfristigen Investoren könnten Kupfer wieder entdecken, denn die für Long-Investments optisch unattraktive steigende Terminkurve (Contango) hat sich mit dem deutlichen Anstieg der Kassakurse stark verflacht. Die langfristigen Terminpreise für Kupfer liegen fast auf dem gleichen Niveau, was eine “direkte“ Partizipation an den Preisveränderungen ermöglicht.
Aluminium:
Aluminium konnte erstmals seit drei Monaten über die Marke von 1.500 USD je Tonne steigen. Dabei konnte der Aluminiumpreis vom jüngsten Preisanstieg der Industriemetalle nur unterdurchschnittlich profitieren. Damit bleibt der Großteil der Aluminiumproduktion trotz des jüngsten Preisanstiegs unprofitabel, was zu Produktionskürzungen führen sollte. Wir halten daher an unserer Einschätzung fest, dass der Aluminiumpreis bis zum Jahresende auf 1.750 USD je Tonne steigen wird.
Das Aluminiumangebot ist bereits stark rückläufig. Im ersten Quartal 2009 wurden nach Angaben des Internationalen Aluminiuminstituts knapp 6 Mio. Tonnen Primäraluminium produziert und damit 6,4% weniger als vor einem Jahr.