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Märkte für Ölprodukte im Wandel

20.05.2014  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
Benzin ist derzeit im Vergleich zu Diesel teuer. Wir erachten diese relative Stärke der Benzinpreise jedoch nicht als nachhaltig: die Renaissance der stark benzinlastigen Rohölverarbeitung in den USA dürfte die Margen am Benzinmarkt drücken. Diesel dagegen wird wohl künftig wieder stärker gefragt sein. Nicht nur die Nachfrageschwäche in China dürfte vorübergehen, auch in Europa wird die Dieselnachfrage konjunkturell bedingt wieder stärker wachsen.

Richtungsweisend für die Preise der Mineralölprodukte bleibt aber der Rohölpreis. Er dürfte in enger Spanne verharren und dämpft damit auch die Preisausschläge am Diesel- und Benzinmarkt. Wir erwarten, dass der Benzinpreis im Sommer bei 980 USD je Tonne notieren und im kommenden Winter bis auf 940 USD je Tonne fallen wird, während der Dieselpreis im Sommer bei 910 USD je Tonne und im Winter bei 950 USD je Tonne handeln dürfte.

Der Rohölpreis ist zweifellos die wichtigste Determinante für die Produktpreise am Mineralölmarkt. Dass die Preise dennoch ein Eigenleben haben und die Margen am Produktmarkt atmen, zeigen die relativen Produktpreise. Demnach ist Benzin derzeit im Vergleich zu Diesel teuer: Vor allem in der ersten Aprilhälfte hatte der Benzinpreis deutlich relative Stärke gegenüber Diesel aufgebaut (Grafik 1).

Am europäischen Markt kostet Benzin auch nach dem leichten Preisrückgang seit Ende April mit rund 1000 USD je Tonne fast 80 USD mehr als Diesel. Ist Diesel derzeit zu billig oder Benzin zu teuer? Würde man die Frage ausschließlich mit Blick in den Rückspiegel beantworten, wäre die Antwort leicht: denn der Preisabstand zwischen Gasöl und Brent ist mit 13 USD je Barrel 2 USD geringer als im Durchschnitt seit 2011, während der Abstand von Benzin zu Brent 2 USD höher ist (Grafik 24).

Demnach müsste der Benzinpreis also nachgeben, damit sich die Verhältnisse wieder normalisieren. Doch ganz so einfach ist die Antwort wohl nicht. Schließlich waren die Margen am Benzinmarkt in den letzten Jahren eher ungewöhnlich niedrig. Drehen sich die Verhältnisse nun wieder um?


Benzin wohl nicht nachhaltig teurer

Betrachten wir zunächst den Benzinmarkt. Zwei Faktoren hatten unseres Erachtens die niedrigen Margen am Benzinmarkt in den letzten Jahren begründet. Zum einen ist der niedrige WTI-Preis zu nennen, wodurch die Raffinierung von Rohöl in den USA wieder deutlich attraktiver wurde. Die US-Raffinerien produzieren aufgrund der benzinlastigen Nachfragestruktur verstärkt leichte Destillate, zu denen auch Benzin zählt. Zum anderen belastet die vor allem in den USA schwache Benzinnachfrage.

Immerhin stellen die Vereinigen Staaten laut BP Statistical Review knapp 30% der weltweiten Nachfrage nach leichten Destillaten. Die Ursachen für die lange Zeit schwache Benzinnachfrage waren vielschichtig: zum einen bremsten die Konjunkturschwäche und die dadurch gesunkenen Einkommen. Bremsend auf die Fahrtätigkeit wirkten aber auch die durch die gestiegenen Preise für Rohöl und Ethanolgutschriften hohen Benzinpreise.

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Nicht zuletzt dämpfen demographische Faktoren sowie veränderte Reise- und Lebensgewohnheiten. Beispielsweise bevorzugen heute viele junge Amerikaner gemischt genutzte Nachbarschaften vor reinen Wohngebieten. Alles dies hat dazu geführt, dass die Zahl der jährlich gefahrenen Meilen im Herbst 2007 bereits ihren Hochpunkt erreicht hatte und trotz Wirtschaftserholung bislang nur leicht zulegen konnte. Die deutlich verbesserte Kraftstoffeffizienz hat die Benzinnachfrage noch zusätzlich gedämpft (Grafik 2).

Die Benzinnachfrage in den USA lag trotz einer leichten Erholung auf durchschnittlich 8,8 Mio. Barrel pro Tag letztes Jahr noch immer deutlich unter dem im Jahr 2007 verzeichneten Rekordniveau. Dagegen hat sich die Benzinnachfrage Chinas in den letzten 10 Jahren auf gut 2 Mio. Barrel pro Tag mehr als verdoppelt. Doch auch in China gibt es inzwischen Bestrebungen, den Anstieg der dortigen Benzinnachfrage durch eine verbesserte Kraftstoffeffizienz einzudämmen. Dies könnte dazu führen, dass China seine Position als Netto-Exporteur von Benzin in den kommenden Jahren ausbauen wird.

Die geringe US-Benzinnachfrage einerseits und die dank des niedrigen WTI-Preises hohen Margen für US-Raffinerien andererseits begünstigten, dass auch die USA seit dem Jahr 2010 bei Benzin Netto-Exporteur sind (Grafik 3).

Wichtigste Abnehmer sind Mexiko, Kanada sowie einige Staaten in Mittel- und Südamerika. Zuvor waren die USA für 50 Jahre Netto-Importeur. Für den globalen Benzinmarkt im Allgemeinen und die europäischen Raffinerien im Speziellen stellt dies eine gravierende Änderung dar. Importierten die USA zwischen 2005 und 2009 noch durchschnittlich 70 Tsd. Barrel Benzin pro Tag aus den Niederlanden und Frankreich, so sind die Einfuhren aus diesen beiden Ländern seit 2010 auf nahezu Null gesunken.

Die USA sind aber nicht nur als Käufer für Benzin auf dem Weltmarkt weggefallen. Sie treten inzwischen als Anbieter auf und machen damit den europäischen Raffinerien Konkurrenz. So wurde zuletzt auch verstärkt Benzin von den USA nach West- und Nordafrika exportiert, welches bislang Exportmärkte für die Europäer waren. Da die Raffinerien an der US-Golfküste inzwischen Zugang zu dem billigeren (Schiefer-)Öl aus dem Mittleren Westen der USA haben, haben sie gegenüber den europäischen Raffinerien einen Wettbewerbsvorteil (siehe grauen Kasten)




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