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US-Wahl: “It is the energy market, stupid!“

07.10.2016  |  Eugen Weinberg (Commerzbank)
- Seite 4 -
Rohöl

Bei einem Wahlsieg von Hillary Clinton würde sich für den Ölmarkt zunächst wenig ändern. Clinton will an der Förderung von Schieferöl festhalten. Die geplante stärkere Regulierung dürfte erst mittelfristig die Produktion bremsen. Auch die von Clinton angestrebte Senkung des Ölverbrauchs in den USA wird sich kaum von heute auf morgen bewerkstelligen lassen. Gravierender wären dagegen die Auswirkungen eines Wahlsieges von Donald Trump auf den Ölmarkt. Denn Trump hat Erleichterungen für die Ölförderung in den USA in Aussicht gestellt, um die Abhängigkeit von ausländischem Öl zu reduzieren.

Trump könnte daher versuchen, der heimischen Schieferölindustrie staatliche Hilfen zu gewähren, damit diese die niedrigen Preise besser durchsteht. Die Folge wäre, dass weniger Schieferölproduzenten aus dem Markt ausscheiden und die Produktion bald wieder steigt (Grafik 8). Damit wäre die OPEC-Strategie durchkreuzt, mittels niedriger Ölpreise Anbieter mit höheren Produktionskosten aus dem Markt zu drängen. Diese Strategie hatte vor allem die Eindämmung der US-Schieferölproduktion zum Ziel. Die OPEC und allem voran Saudi-Arabien könnten sich dann dazu veranlasst sehen, ihren Kampf um Marktanteile fortzusetzen.

Denkbar wäre eine neue Runde von Preissenkungen für Abnehmer von saudi-arabischem Öl auf dem US-Markt. Die Ölpreise würden in diesem Falle in eine neuerliche Abwärtsspirale geraten und sich auch für längere Zeit nicht nennenswert erholen. Zudem ist unter Trump mit einem Anstieg der US-Rohölexporte zu rechnen, da Trump entsprechende Hindernisse hierfür abbauen will. Zwar könnten die von Trump versprochenen Erleichterungen für die Ölnachfrage auch zu einem höheren Ölbedarf führen. Dieser preisunterstützende Effekt würde voraussichtlich aber erst später einsetzen und vermutlich in der Wirkung hinter dem preisbelastenden Effekt auf der Angebotsseite zurückbleiben.

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Kohle

Unter einer Präsidentin Clinton wird die Bedeutung der Kohle im Energiemix der USA weiter abnehmen, da sie perspektivisch den Ausstieg aus der Kohleförderung plant. Ein geringeres Kohleangebot aus den USA dürfte sich tendenziell steigernd auf die Weltmarktpreise auswirken. Allerdings spielten die USA bei den Kohleexporten schon in den letzten Jahren keine große Rolle mehr, so dass sich der Einfluss in Grenzen halten sollte (Grafik 9). Bei Trump ist mit einer Renaissance der Kohleförderung in den USA zu rechnen. Diese könnte sich auch in höheren US-Kohleexporten und damit dämpfend auf die Weltmarktpreise auswirken.


Erdgas

Die Erdgasnachfrage in den USA dürfte von einer Wahl Clintons profitieren. Denn Clinton hält Erdgas in einer Übergangsphase für unverzichtbar, um den Umstieg von Kohle zu erneuerbaren Energien zu schaffen. Die höhere Erdgasnachfrage dürfte zu höheren inländischen Erdgaspreisen führen und Erdgasexporte somit verteuern. Bei Trump sieht die Sache dagegen anders aus. Zwar will Trump die Schiefergasförderung, die ohnehin viel Wachstumspotenzial hat, weiter erleichtern (Grafik 10).

Da Trump allerdings auch die Kohleförderung wieder vorantreiben will, könnte das teurere Erdgas bei der Stromerzeugung auf das Abstellgleis geraten und die Erdgaspreise in den USA unter Druck setzen. Das preisgünstige überschüssige Erdgas könnte über die neu in Betrieb genommenen LNG-Terminals auf den Weltmarkt gelangen und dort die Preise drücken.


Atomkraft

Die größten Übereinstimmungen in der Energiepolitik zwischen beiden Präsidentschaftsbewerbern gibt es bei der weiteren Nutzung der Atomkraft. Für die Erreichung ihrer jeweiligen energiepolitischen Ziele ist diese unverzichtbar, auch wenn sich die Beweggründe hierfür leicht voneinander unterscheiden. Entsprechend gibt es auch keine wesentlichen Unterschiede bei den je nach Wahlausgang zu erwartenden Auswirkungen auf Angebot, Nachfrage und Preise.


Erneuerbare Energien

Auf den ersten Blick scheinen die Ansichten von Clinton und Trump zu den erneuerbaren Energien ähnlich. Beide sehen erneuerbare Energien als integralen Bestandteil des zukünftigen Energiemixes. Damit sind aber alle Gemeinsamkeiten zwischen beiden Präsidentschaftsbewerbern genannt. Ansonsten überwiegen die Unterschiede. Clinton will erneuerbare Energien großzügig fördern und ihnen so schnellstmöglich einen bedeutenden Platz bei der Energieversorgung einräumen.

Bei Trump hört sich dies viel vager und zukunftsbezogener an. Da Trump gleichzeitig auf eine verstärkte Nutzung von fossilen Energeiträgern setzt, dürften die erneuerbaren Energien kaum mehr wettbewerbsfähig sein und ohne gleichzeitige Förderung an Bedeutung verlieren.


"It is the energy market, stupid!"

Clinton und Trump haben zweifelsfrei in einigen energiepolitischen Fragen konträre Vorstellungen. Doch ob sie ihre Ziele verwirklichen können, hängt von vielen anderen Dingen ab; beispielsweise den Mehrheitsverhältnissen im Kongress. Hinzu kommen mögliche Folgen anderer Wahlvorhaben, die vor allem bei Trumpf Gewicht haben. So verspricht er massive Steuersenkungen, was die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auch die Energienachfrage stimulieren würde, während gleichzeitig ein möglicher Handelskrieg mit China und Einschränkungen des freien Warenverkehrs solche Effekte wieder zunichte machen könnten.

Auch die Außenpolitik des neuen Präsidenten kann die Preise stark beeinflussen. Letztlich haben aber nicht zuletzt die beiden Amtszeiten von Präsident Obama gezeigt: Es sind globale Faktoren wie Weltkonjunktur, die geopolitische Lage und der technische Fortschritt, welchen die großen Trends in den Energiebilanzen bestimmen. Und in diesem Sinne lässt sich der Ausblick für die nächsten vier Jahre in Anlehnung an den eingangs erwähnten Slogan von Bill Clinton im Präsidentschaftswahlkampf 1992 auch vereinfacht zusammenfassen: "It is the energy market, stupid!"


Auf einen Blick

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